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Eine Odyssee
Autor: Stefan Schürrer · Rubrik:
Reiseberichte

Auf den Straßen dieser Welt liegt die Freiheit. Das Abenteuer. Die Drogentrips nach Holland, in die Niederlande waren Legendär. Wieso ich es irgendwann nicht mehr getan habe, keine Ahnung. Unser Ziel beim letzten Mal war Amsterdam.

Mein letzter Trip ist Wochen her. Den Daumen raus und weg. Meistens halten einsame ältere Männer oder Jugendliche an und nehmen dich mit. Also halten die, die das Abenteuer selbst erlebt haben, im dicksten Sommerregen unter durchnässten Pappkartons an der Straße stehen, ein Katz und Maus Spiel mit der Autobahnpolizei spielen, stundenlang auf eine Mitfahrgelegenheit warten, an und nehmen uns mit. Oder die, die dieses romantisch verklärte Bild vor Augen haben und ein Teil sein wollen von dieser famosen Straßengeschichte. Ob die Straßen voll sind oder leer, man wartet immer gleich lang auf eine Mitfahrgelegenheit. Sie lässt nie auf sich warten.

Ein großer Bulli. Rot glitzert er in der heißen Mittagssonne am Horizont. Er stach aus der Masse hervor. Er schoss an mir vorbei und bremste, haute in die Eisen und war da, als man gerade die Lust verloren hatte den Daumen in den Wind zu halten. Im Bulli sitzt am Steuer ein gedrungener Mann mittleren Alters, leicht verschwitzt, aber solide und bodenständig. Was sich alles im Wageninneren finden lässt, wenn man die Zeit hat sich umzusehen. Die Frontscheibe ist von allem möglichen Vogelmist verdreckt, ihn stört es nicht. Dieses Mistmosaik verschwimmt unter der strahlenden Kraft der Sonne und wirkt mit halluzinogener Musik, die auf uns in Wellen niederschwappt, beruhigend, schläfrig. Es ist stickig, schwül. Ich sitze vorn, starre mit angestrengtem Blick auf die verschnörkelten Straßenschilder, um den Überblick zu behalten über unsere Route. Die gefühlte Temperatur im Inneren beträgt 40°, unsere Schenkel kleben aneinander, an den Sitzen und es ist so unerträglich warm, dass mir der alkoholisierte Schweiß aus den Poren tropft, ich dünste ihn aus. Meine beiden Mitreisenden sind verhältnismäßig still, es scheint als fühlen sie sich so wohl, dass sie schlafen. Ich bin noch so umgehauen von dem Joint von vorhin, nachdem uns ein junges Paar aus ihrem Auto geworfen hatte. Irgendjemand von unserer 3 köpfigen Reisegruppe hatte einen bösen Kommentar zu viel abgelassen, dass wir hinausgeworfen wurden. Und zack, saßen wir am Straßenrand einer viel befahrenen Autobahn. Was im Übrigen eine Straftat ist…

Dann hatten wir uns erst einmal einen Joint angesteckt. Unseren letzten Vorrat hatten wir damit aufgebraucht. Danach stach der rote Kleinbus am Horizont unter tausenden Autos hervor und bremste für uns. Irgendwann bin ich dann auch unter der hallenden Musik der niederländischen Engel eingedöst, schwitzend, Alkohol ausdünstend, voller Marihuana und leidend unter den tagelangen Strapazen.

Der rote Blitz fuhr uns bis kurz vor Amsterdam an eine Tankstelle, die wir drei schlafend erreichten. Es dauerte keine 5 Minuten und wir machten kehrt auf der Autobahn und fuhren mit Jugendlichen nach Rotterdam, weil dort ein großes Straßenfest ist; sei, so vermutete man. Wir machten die Nacht durch, keine Zimmer waren mehr frei, feierten, schliefen unter freiem Himmel und irgendwann lässt das Erinnerungsvermögen nach und man sieht nur noch Formen und Farben.

Abgehackte, blutende Stümpfe als Willkommensgeschenk in einer Echsenbar, die lila leuchtete. Ein Bad ausgelegt und ausgekleidet mit bunten Mosaikteilchen, über und über funkelte der Boden, die Wände und die Decke, auf dass wir ganz vergaßen wo oben und unten ist. Riesengroße Golfbälle inmitten der Stadt, brennende Bäume… Pinoocio reitet auf schweren Wellen der Zerstörung durch die Straßen; nein, nur einer Straße. Rotterdam besteht nur aus einer einzigen Straße! Von Bar zu Bar. Und auf der sind die apokalyptischen Ponys als Reittiere für kleine Kinder abgerichtet und eingezäunt. Das sind die Drogenfantasien. Wieso man nach so einer Nacht im Rotterdamer Knast aufwacht, … das weiß ich nicht.


Einstell-Datum: 2011-07-06

Hinweis: Dieser Artikel spiegelt die Meinung seines Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung der Betreiber von versalia.de übereinstimmen.

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