Es wurde und wird behauptet, der Deutsche an sich sei humorlos. Sogar Tucholsky hat sich einmal in einem Geburtstagsartikel für Hermann Hesse in diesem Sinn geäußert. Nun, was ist der Deutsche an sich – es gibt Fragen, die mich mehr beschäftigen. Tatsächlich hat in Deutschland jede Generation eine Fülle großer humoristischer und satirischer Talente hervorgebracht, von Otto Julius Bierbaum, Otto Reutter und Wilhelm Bendow über Loriot und Robert Gernhardt bis Hape Kerkeling. Es durfte und darf gelacht werden. Wenden wir uns also vom Nationalcharakter ab und den Erzeugnissen zu, und zwar heute den Karikaturen.
Der „Simplicissimus“, gegründet 1896 in München, war die erste große satirische Wochenschrift hierzulande. Viele der dort abgedruckten Karikaturen reizen noch heute unwiderstehlich die Lachmuskeln. Es lohnt sich, in einem Band mit Nachdrucken zu blättern …
Da sitzen auf einer Soirée zwei bereits leicht verlebte Lebemänner auf einem Rundsofa, Menschentiere aus einem Jugendstilzoo, elegant, blasiert und am eigenen Lebensüberdruss schwer leidend. Einer zündet seine Zigarette an der des anderen an. Dialog: „Deine Kleine hat sich erschossen?“ – „Nee, vorbeigeknallt - schwer verwundet.“ – „Fatal, was wirst du nun tun?“ – „Werde ihr Schießunterricht geben lassen.“ (1900)
Merkwürdig aktuell: Zwei evangelische Pastoren, ganz in Schwarz, mit Beffchen, sich selbstzufrieden reckend und streckend, einer mit vor der Brust gekreuzten Armen, der andere händereibend: „Ein günstiges Jahr, teurer Amtsbruder, drei Sittlichkeitsverbrechen weniger als auf katholischer Seite.“ (1901)
Drei männliche Figuren in einer Badeanstalt, die Lebensstufen vom Kleinkind bis zum Greis, von rachitisch bis schmerbäuchig. Und der alte Gymnasiallehrer sagt: „Beim Betreten eines Schwimmbades denken wir unwillkürlich an die Schlacht bei Arausio, wo unsere tapferen Vorfahren durch den bloßen Anblick ihrer Leiber den Schrecken der Römer erregten.“ (1902)
Ein Chirurg im OP, mit der Physiognomie eines Landmetzgers, wäscht seine Hände und sagt zur Schwester: „Einmal habe ich einen Patienten mit dem Leben durchgebracht – da hatten wir nämlich eine falsche Diagnose gestellt.“ (1907)
Auch sehr jugendstilig: Sie ist der Typ weißblonde Göttin, unnahbar in weich fließendem Gewand auf schwellendem Sofa – er zerfallender Lebemann, hinter ihr auf die Rückenlehne gestützt: „Weisen Sie meine Hand nicht zurück! Ich bin mit zweihunderttausend Mark in der Lebensversicherung und habe einen vorgeschrittenen Leberkrebs.“ (1908)
Noch makabrer der Dialog zweier bekümmerter alter Herren im Nippessalon: „Wie hat denn die Kranke die weite Reise überstehen können?“ – „Nicht sehr gut. Aber ein Leichentransport hierher ist doch bedeutend teurer.“ (1912)
Nach der Novemberrevolution in einer Münchner Opernloge: Der Bauer als Kriegsgewinnler, die Gattin feist-selbstzufrieden, vor ihnen auf der Brüstung ein Brathuhn. Er schraubt den Champagner auf. Logendiener fragt: „Befehlen die Herrschaften vielleicht ein Opernglas?“ – „Nein, dank schön, mir trinken glei’ aus der Flasch’n.“ (1919)
Eine bekümmerte Schwangere auf einer Bank im Grünen, allein mit ihren Gedanken. Das Gesicht wie von Käthe Kollwitz. Sie denkt so für sich: „Ob Bub oder Mädel, ist gleich. Sie stellen sich ja später doch um.“ (1926)
Das war nur eine kleine Auswahl aus einem Riesenarchiv bester Satire.
Der „Simplicissimus“, gegründet 1896 in München, war die erste große satirische Wochenschrift hierzulande. Viele der dort abgedruckten Karikaturen reizen noch heute unwiderstehlich die Lachmuskeln. Es lohnt sich, in einem Band mit Nachdrucken zu blättern …
Da sitzen auf einer Soirée zwei bereits leicht verlebte Lebemänner auf einem Rundsofa, Menschentiere aus einem Jugendstilzoo, elegant, blasiert und am eigenen Lebensüberdruss schwer leidend. Einer zündet seine Zigarette an der des anderen an. Dialog: „Deine Kleine hat sich erschossen?“ – „Nee, vorbeigeknallt - schwer verwundet.“ – „Fatal, was wirst du nun tun?“ – „Werde ihr Schießunterricht geben lassen.“ (1900)
Merkwürdig aktuell: Zwei evangelische Pastoren, ganz in Schwarz, mit Beffchen, sich selbstzufrieden reckend und streckend, einer mit vor der Brust gekreuzten Armen, der andere händereibend: „Ein günstiges Jahr, teurer Amtsbruder, drei Sittlichkeitsverbrechen weniger als auf katholischer Seite.“ (1901)
Drei männliche Figuren in einer Badeanstalt, die Lebensstufen vom Kleinkind bis zum Greis, von rachitisch bis schmerbäuchig. Und der alte Gymnasiallehrer sagt: „Beim Betreten eines Schwimmbades denken wir unwillkürlich an die Schlacht bei Arausio, wo unsere tapferen Vorfahren durch den bloßen Anblick ihrer Leiber den Schrecken der Römer erregten.“ (1902)
Ein Chirurg im OP, mit der Physiognomie eines Landmetzgers, wäscht seine Hände und sagt zur Schwester: „Einmal habe ich einen Patienten mit dem Leben durchgebracht – da hatten wir nämlich eine falsche Diagnose gestellt.“ (1907)
Auch sehr jugendstilig: Sie ist der Typ weißblonde Göttin, unnahbar in weich fließendem Gewand auf schwellendem Sofa – er zerfallender Lebemann, hinter ihr auf die Rückenlehne gestützt: „Weisen Sie meine Hand nicht zurück! Ich bin mit zweihunderttausend Mark in der Lebensversicherung und habe einen vorgeschrittenen Leberkrebs.“ (1908)
Noch makabrer der Dialog zweier bekümmerter alter Herren im Nippessalon: „Wie hat denn die Kranke die weite Reise überstehen können?“ – „Nicht sehr gut. Aber ein Leichentransport hierher ist doch bedeutend teurer.“ (1912)
Nach der Novemberrevolution in einer Münchner Opernloge: Der Bauer als Kriegsgewinnler, die Gattin feist-selbstzufrieden, vor ihnen auf der Brüstung ein Brathuhn. Er schraubt den Champagner auf. Logendiener fragt: „Befehlen die Herrschaften vielleicht ein Opernglas?“ – „Nein, dank schön, mir trinken glei’ aus der Flasch’n.“ (1919)
Eine bekümmerte Schwangere auf einer Bank im Grünen, allein mit ihren Gedanken. Das Gesicht wie von Käthe Kollwitz. Sie denkt so für sich: „Ob Bub oder Mädel, ist gleich. Sie stellen sich ja später doch um.“ (1926)
Das war nur eine kleine Auswahl aus einem Riesenarchiv bester Satire.