Biographien Rezensionen Diskutieren im versalia-Forum Das versalia.de-Rundschreiben abonnieren Service für Netzmeister Lesen im Archiv klassischer Werke Ihre kostenlose Netzbibliothek

 



Save Ukraine!
Save Ukraine!


Love all Animals

Literaturforum: Ostern - Die Vorzeichen mehren sich


Aktuelle Zeit: 21.11.2024 - 21:44:33
Hallo Gast, Sie sind nicht eingeloggt!
Suche | Mitglieder | Neu | Statistik

Forum > Prosa > Ostern - Die Vorzeichen mehren sich
Seite: 1
[ - Beantworten - ] [ - Drucken - ]
 Autor
 Thema: Ostern - Die Vorzeichen mehren sich
ArnoAbendschoen
Mitglied

718 Forenbeiträge
seit dem 02.05.2010

Das ist ArnoAbendschoen

Profil      
Eröffnungsbeitrag Abgeschickt am: 05.04.2012 um 11:22 Uhr

Die Vorzeichen mehrten sich – und wuchsen dabei ins Riesenhafte. Auf dem Flachdach des Vorstadtkaufhauses saß ein gigantischer Schokoladenosterhase, der mit dem Goldpapier, alle Proportionen etwa 1:1000, und wie beim echten ein Band um den Hals, daran ein Monsterglöckchen, das im kalten Märzwind schaukelte.

Und dann die Frühlingsdekoration im Parterre des Einkaufszentrums. Wo zuletzt noch die Lederjacken aus dem Obergeschoss zu Aktionspreisen verramscht wurden, ist nun ein lenzlicher Garten angelegt, so bunt und üppig, dass Natur neidvoll erblassen müsste, gäbe es hier eine. Wer zählt die Blumenarten, die Farben, die Variationen … In den Beeten drangvolle Enge. Sind diese Blumen überhaupt echt? Man kann sich das Befühlen sparen, an den Blütenrändern deutet sich Tod durch Verdursten schon leise an. Frühlingsblumen lieben es kühl und luftig, hier in der Halle ist es trocken-warm und stickig. Wenn sie nur bis zum Sonntag durchhalten … Danach werden sie als Biomüll entsorgt.

Es gibt auch Tiere in dieser Ausstellung, in Gehegen Haustiere, so niedlich, dass man sie streicheln möchte und es nicht kann. Das Publikum staut sich an den Holzzäunen vor ihnen. Es gibt allein vier oder fünf Kaninchenrassen und alle streng für sich, darunter die braun gefleckten, die weißen mit den roten Augen und die mit den Dackelohren, jede in ihrem eigenen niedrig eingefriedeten Häschenreich. Und sie bleiben unter ihresgleichen, keine Emigration und keine Immigration. Fell reibt sich da an Fell. Ihre Bedürfnisse gehen nicht über ein Ich-will-auch-mal-an-die-Mohrrübe hinaus.

Lebhafter als die Nager sind die drei Dutzend Küken unter der Infrarotlampe. Sie wuseln durcheinander, schieben sich zu immer neu formierten Pulks zusammen oder picken Körner vom Boden auf. Einige sind früh entwickelt. Sie beherrschen schon die Technik des Scharrens, sie werden es weit bringen. Da geht ein etwa Neunjähriger an ihnen vorüber, wirft ihnen einen kurzen, unbeeindruckten Blick zu und sagt altklug zu seinem Gefährten: Das ist doch jedes Jahr dasselbe …

Es gibt auch Promenaden im Innern des EKZ-Paradiesgärtleins. Da stehen urige Holzbänke, zum Verweilen einladend, und auf einer hat es sich einer gemütlich gemacht, für den die zutreffende Bezeichnung wie lautet? Penner oder Alki oder was der Volksmund sonst an liebevollen Anreden bereithält. Dieser Freund des Gerstensaftes (wenn nicht härterer Sachen) ist durchaus nicht aggressiv, er belästigt niemanden unmittelbar, er hält nur fortwährend mit durchdringender Reibeisenstimme Volksreden. Er blökt, grölt, spektakelt in die vorösterliche Idylle hinein, ohne dass minimaler Sinn hinter erregter Rede offenbar wird. Unmut macht sich bald rundum breit. Es kommt, wie es kommen muss, d.h. wer in solchen Fällen kommen muss: Zwei uniformierte Breitschultrige nähern sich mit Pantherschritten und einer von den beiden fasst den Alten an der Schulter: Komm, mein Freund …

Dann haben sie dieses Eden schon hinter sich, schreiten Seit an Seit dem Ausgang zu, wo die Busse abfahren. Die zwei scheinen sich ruhig zu unterhalten, man könnte sie für in eine metaphysische Debatte verstrickte Philosophen halten. Nein, nein, sagt die Autoritätsperson sanft, aber mit Nachdruck, das ist hier keine Kneipe … Gewiss nicht, es ist ein Tempel und kommenden Sonntag ist das Hochamt: offene Geschäfte von dreizehn bis siebzehn Uhr.

Nachricht senden Zitat
Seite: 1
[ - Beantworten - ] [ - Drucken - ]
Forum > Prosa > Ostern - Die Vorzeichen mehren sich


  Ähnliche Beiträge
Gestartet von
Antworten Letzter Beitrag
Die sich lösende Zunge (Praeludium)
Kenon
6 27.01.2022 um 21:01 Uhr
von ArnoAbendschoen
Die Schlange häutete sich
Kenon
2 18.10.2021 um 23:45 Uhr
von Kenon
Nicht nur Träume ändern sich
Melville
0 19.03.2017 um 13:22 Uhr
von Melville
Ein Eifelaner stellt sich vor
AlfredDietrich
0 06.09.2014 um 17:42 Uhr
von AlfredDietrich
Für morgen: Sich zurechtfinden*
HelmutMaier
0 10.08.2011 um 16:18 Uhr
von HelmutMaier


Sie möchten hier mitdiskutieren? Dann registrieren Sie sich bitte.




Buch-Rezensionen:
Anmelden
Benutzername

Passwort

Eingeloggt bleiben

Neu registrieren?
Passwort vergessen?

Neues aus dem Forum


Gedichte von Georg Trakl

Verweise
> Gedichtband Dunkelstunden
> Neue Gedichte: fahnenrost
> Kunstportal xarto.com
> New Eastern Europe
> Free Tibet
> Naturschutzbund





Das Fliegende Spaghettimonster

Ukraine | Anti-Literatur | Datenschutz | FAQ | Impressum | Rechtliches | Partnerseiten | Seite empfehlen | RSS

Systementwurf und -programmierung von zerovision.de

© 2001-2024 by Arne-Wigand Baganz

v_v3.53 erstellte diese Seite in 0.022745 sek.