Das ist gewiss lange her, dass man, auf Sie bezogen, gefragt hat: Was soll er (sie) denn mal werden? Nähert man sich dem anderen Wendepunkt der Ellipse, dürfte es eher heißen: Wo soll man sich denn abschließend betten - jedenfalls bis zum Ablauf der Liegezeit? Ich wüsste da einen Ort … Er ist ein bisschen ungewöhnlich.
Dieser Friedhof liegt im Norden von Berlin, in einem Gründerzeitviertel. Damals, als es angelegt wurde, hatte sich die Mode der Park- und Waldfriedhöfe noch nicht durchgesetzt. Die Stadtplaner seinerzeit hielten einfach im Rastersystem einen Block frei, und so ist der Ort der Toten unmittelbar benachbart den Wohnungen und Geschäften der Lebenden. Die Gräber sind immer in Sicht- und Rufweite der Nachgeborenen. Das erinnert an den traditionellen Kirchhof im Dorf oder in einer alten Stadt, nur dass eine Friedhofskapelle die Kirche ersetzt.
Dieser lange, schmale Friedhof grenzt mit seiner Stirnseite an die breite und sehr laute Hauptstraße der Vorstadt. Den Nachbarblock nimmt ein großes Warenhaus ein, schräg gegenüber ist ein Multiplexkino. Restaurants, Cafés, Bäckereien, eine Buchhandlung – alles fußläufig vorhanden. U-Bahn und Straßenbahn führen dicht am Friedhof vorbei – wichtig, wenn man Ihr Grab ab und zu besuchen möchte. Der Friedhof ist so überschaubar, dass einer nicht lange wird suchen müssen. Es gibt nur eine Längsallee, kein System von Haupt- und Nebenwegen. Man geht einfach geradeaus und biegt dann zum Grabfeld ab.
Aber das Beste kommt erst noch: In der Kapelle werden sogar Literaturlesungen veranstaltet.
Natur kommt hier nicht zu kurz. Hohe, alte Bäume, Büsche, Blumen – wie überall. Die Friedhofsverwaltung beklagt sich eher über ein Zuviel als ein Zuwenig an Natur: die Kaninchen! In der Tat beleben sie in großer Zahl den Friedhof, hoppeln einzeln oder paarweise zwischen den Gräbern, bilden immer neue Gruppen und äugen intensiv nach dem vorübergehenden Besucher: Wird er oder wird er nicht …? Das Füttern ist allerdings streng verboten. Die Verwaltung spricht von Plage und veranstaltet winters Jagden auf die Kaninchen. Dann Büchsenknall zwischen Warenhaus und Kino-Center.
Hoffnungen setzt man auch auf einen natürlichen Feind der Kaninchen, den Fuchs. Er soll sich nach und nach auf Berlins Friedhöfen angesiedelt haben. Und tatsächlich: Neulich an einem Sommerabend gegen halb sieben schnürte einer über die Längsallee. Die Nager schienen nicht sehr beeindruckt. Zwei von ihnen sahen ihm etwas gelangweilt nach, als wollten sie sagen: Der schon wieder …
Erwarten Sie keine größere Zahl von prächtigen alten Grabdenkmälern, Grüften gar. Das hier ist immer ein Kleine-Leute-Viertel gewesen. Von einigen Ausnahmen abgesehen, wurde kaum mit Sepulkralkultur geprotzt. Falls Ihnen das sympathisch ist: Auf diesem Friedhof ist, wie inzwischen auf den meisten der Stadt, viel Platz, Zuzug durch Neubelegung daher erwünscht. Ursprünglich nur für die evangelische Bevölkerung gedacht, steht er jetzt auch anderen Konfessionen offen. Und der Atheist kann sich hier ebenso wie der Agnostiker beerdigen lassen.
(Bei Interesse verrät der Verfasser gern die Anschrift dieses sehr zentral gelegenen Ortes für eine letzte Ruhe.)
Dieser Friedhof liegt im Norden von Berlin, in einem Gründerzeitviertel. Damals, als es angelegt wurde, hatte sich die Mode der Park- und Waldfriedhöfe noch nicht durchgesetzt. Die Stadtplaner seinerzeit hielten einfach im Rastersystem einen Block frei, und so ist der Ort der Toten unmittelbar benachbart den Wohnungen und Geschäften der Lebenden. Die Gräber sind immer in Sicht- und Rufweite der Nachgeborenen. Das erinnert an den traditionellen Kirchhof im Dorf oder in einer alten Stadt, nur dass eine Friedhofskapelle die Kirche ersetzt.
Dieser lange, schmale Friedhof grenzt mit seiner Stirnseite an die breite und sehr laute Hauptstraße der Vorstadt. Den Nachbarblock nimmt ein großes Warenhaus ein, schräg gegenüber ist ein Multiplexkino. Restaurants, Cafés, Bäckereien, eine Buchhandlung – alles fußläufig vorhanden. U-Bahn und Straßenbahn führen dicht am Friedhof vorbei – wichtig, wenn man Ihr Grab ab und zu besuchen möchte. Der Friedhof ist so überschaubar, dass einer nicht lange wird suchen müssen. Es gibt nur eine Längsallee, kein System von Haupt- und Nebenwegen. Man geht einfach geradeaus und biegt dann zum Grabfeld ab.
Aber das Beste kommt erst noch: In der Kapelle werden sogar Literaturlesungen veranstaltet.
Natur kommt hier nicht zu kurz. Hohe, alte Bäume, Büsche, Blumen – wie überall. Die Friedhofsverwaltung beklagt sich eher über ein Zuviel als ein Zuwenig an Natur: die Kaninchen! In der Tat beleben sie in großer Zahl den Friedhof, hoppeln einzeln oder paarweise zwischen den Gräbern, bilden immer neue Gruppen und äugen intensiv nach dem vorübergehenden Besucher: Wird er oder wird er nicht …? Das Füttern ist allerdings streng verboten. Die Verwaltung spricht von Plage und veranstaltet winters Jagden auf die Kaninchen. Dann Büchsenknall zwischen Warenhaus und Kino-Center.
Hoffnungen setzt man auch auf einen natürlichen Feind der Kaninchen, den Fuchs. Er soll sich nach und nach auf Berlins Friedhöfen angesiedelt haben. Und tatsächlich: Neulich an einem Sommerabend gegen halb sieben schnürte einer über die Längsallee. Die Nager schienen nicht sehr beeindruckt. Zwei von ihnen sahen ihm etwas gelangweilt nach, als wollten sie sagen: Der schon wieder …
Erwarten Sie keine größere Zahl von prächtigen alten Grabdenkmälern, Grüften gar. Das hier ist immer ein Kleine-Leute-Viertel gewesen. Von einigen Ausnahmen abgesehen, wurde kaum mit Sepulkralkultur geprotzt. Falls Ihnen das sympathisch ist: Auf diesem Friedhof ist, wie inzwischen auf den meisten der Stadt, viel Platz, Zuzug durch Neubelegung daher erwünscht. Ursprünglich nur für die evangelische Bevölkerung gedacht, steht er jetzt auch anderen Konfessionen offen. Und der Atheist kann sich hier ebenso wie der Agnostiker beerdigen lassen.
(Bei Interesse verrät der Verfasser gern die Anschrift dieses sehr zentral gelegenen Ortes für eine letzte Ruhe.)