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Das Betakreuz
Autor: Horst Fesseler · Rubrik:
Phantastik

(Auszug aus Kapitel III)

Alter Inkatempel entdeckt

Die beiden nordamerikanischen Archäologen Dr. Curt Olsen und Dr. Joseph Ashley hielten sich bereits seit mehr als drei Monaten in der zerklüfteten Bergwelt der peruanischen Anden auf. Fernab von jeglicher Zivilisation, inmitten einer einsamen und öden Hochebene. Die Luft war hier verdammt dünn und die Arbeit strengte mächtig an. Ihre Aufgabe bestand darin, mit einer Vielzahl von Helfern, meist Eingeborene aus den nächsten Dörfern des Hochlandes, unter Schutt und Geröll begrabene Inkasiedlungen freizulegen. Ob sie fündig werden würden, wußten sie freilich nicht. Denn die Arbeit der Archäologen erwies sich als mühselig und sehr langwierig. Jeder einzelne Spatenstich mußte nach Spuren untersucht werden.

Eigentlich kam es nur durch puren Zufall zu den jetzigen Ausgrabungen, nachdem ein Bauer beim Pflügen seines Ackers mehrere vorgeschichtliche Tonscherben fand. Clever, wie er war, berichtete er von seinem Fund sofort den zuständigen Behörden, um eine saftige Belohnung zu kassieren. Dann aber dauerte es doch noch einige Zeit, bis sich ein Expertenteam fand, das die Ausgrabungen leiten und durchführen wollte. Eine Routinearbeit sollte es werden. Daß die Wissenschaftler bei ihren Ausgrabungen eine sensationelle Entdeckung machen würden, ahnten sie natürlich nicht. Und so stellte sich ihre Arbeit anfangs wie jede andere Ausgrabung auch dar.

Eines Tages stießen die Archäologen mit ihrem Team auf felsigen Untergrund. Die Arbeiter zeigten sich überrascht, als ihre Spitzhacken auf den harten Boden trafen. Ein hartes Stück Arbeit begann. Schon bald entpuppte sich die Freilegung als Reste eines großen Tempels. Doch von der wohl einstigen Pracht zeugte nicht mehr viel. Nur vereinzelte Säulen standen noch an ihrem ursprünglichen Platz. Verwittert und vermodert waren die Malereien und kaum zu erkennen. An anderen Stellen entdeckten die Männer weitere Säulen, die kreuz und quer im Erdreich verstreut lagen.

Wochen vergingen. Endlich war es geschafft, der Tempel von Schutt und Dreck befreit. So konnte man nun deutlich den früheren Grundriß des Bauwerkes erkennen. Vereinzelte Mauerreste deuteten Räume und Säle an, in denen einst ein großartiges Königtum regiert haben mußte. Neben dem Haupttempel befand sich noch ein kleinerer Anbau, der zum größten Teil unter den Erdmassen der Verwitterung trotzte. Von dort führte ehemals ein gepflasterter Weg zu einem zusätzlichen Bauwerk. Monatelang dauerten die weiteren Ausgrabungen, dann hatten die Arbeiter auch diesen Tempel vom Geröll befreit.

Olsen und Ashley schritten über die freigelegten Wege. Sie waren stolz auf ihre Arbeit und bestaunten die verfallenen Bauwerke. Sie konnten nun mit genaueren Untersuchungen beginnen. In einem der Tempel entdeckten die beiden Reste von Malereien an den Wänden, fanden da geheimnisvolle Schriftzeichen, die ihnen vollkommen fremd vorkamen. Wer mochten die Erbauer dieser Stätte gewesen sein? Welchem Gott oder Fürsten zu Ehren warden diese Tempel errichtet? Wie hieß der Herrscher oder König, der in diesem großen Bauwerk regierte?

Aus den Schriftzeichen und Malereien ergab sich kein Hinweis auf die Baumeister oder eine bestimmte Kultur. Nichts von dem, was die Archäologen fanden, ließ den Schluß auf ein konkretes Volk zu. Inka hatten wohl nicht dieses Bauwerk errichtet. Die ganze Art und Weise der Verarbeitung, die Skulpturen und auch die Malereien sowie die vielen Fresken entsprachen nicht deren Kultur.

In einem der Innenhöfe nahmen Olsen und Ashley Vermessungen des Bodens vor. Plötzlich entdeckte Dr. Ashley etwas sehr außergewöhnliches. Er bückte sich und schabte mit den Fingern den Schmutz von dem steinernen Untergrund.

"Curt kommen Sie! Sehen Sie sich diese Ritzen da im Boden an. Sieht ganz so aus, als würde dahinter irgend etwas verborgen sein. Bestimmt eine Grabkammer. Vielleicht finden wir sogar eine alte Mumie von dem ehemaligen Herrscher", sagte er zu seinem Kollegen.

Dr. Olsen kam näher und beugte sich nieder. "Ja, könnte sein", entgegnete er nachdenklich und rieb sich am Kinn.

Mit ihren Händen scharrten die beiden Männer den restlichen Dreck beiseite, bis sich klar die Umrisse der Steinplatte erkennen ließen. Sie holten Stemmeisen und Meißel und versuchten, den Verschluß aus seiner Verankerung zu heben. Es gelang ihnen nicht. Schweißtriefend und schwer atmend hockten sie sich auf den Boden. Ashley schüttelte den Kopf und zog seine Stirn in Falten.

"Das Ding kriegen wir so nicht auf", stellte er fest und schaute nachdenklich auf die Steinplatte, als könne er die Antwort da ablesen.

Olsen nickte und zündete sich eine Zigarette an. Tief sog er den Rauch ein und genoß den blauen Dunst.

"Holen wir ein paar Arbeiter her. Wir kriegen das Schloß schon auf", sagte Olsen, nachdem er aufgeraucht hatte.

Er pfiff durch die Finger. Die Arbeiter schauten zu ihm herüber. Er winkte und rief einige zu sich. Schließlich gelang ihnen unter großer Anstrengung, die Bodenplatte zu bewegen. Mühsam war es, sie aus ihrer Verankerung zu heben. Doch dann hatten sie es endlich geschafft. Sie schauten in die Öffnung und entdeckten eine Steintreppe. Sie führte im Dunkeln tief unter den Tempelbau.

Die Arbeiter machten sich wieder an ihre bisherige Aufgabe. Ashley und Olsen holten zwei Lampen aus ihrer Ausrüstung. Langsam schritten sie die Stufen hinab. Ihre Schritte hallten in den kahlen und dunklen Gängen wider. In vielen Verzweigungen führte der Weg immer tiefer in die verborgenen Reste dieses antiken Bauwerkes. Glatt, wie mit Steinfräsen bearbeitet, waren Wände und Decken. Auch die verstaubten Treppenstufen zeugten von meisterhafter Arbeit. Eine Steintreppe, gegossen wie auf dem Fabrikationsband eines modernen Betonwerkes. In den düsteren Gängen zeigten sich keine Hinweise auf die Erbauer. Keine Schriftzeichen oder Malereien an den Wänden, was sich schon als außergewöhnlich darstellte. Keine Ornamentverzierungen, keine Nischen mit Stauen, keine Reliefs. Nur ein kalter und schlichter Gang. Trostlos und geheimnisvoll zugleich.

Ihr Forschergeist trieb die beiden Wissenschaftler jedoch unaufhaltsam weiter. Auf endlos erscheinenden Stufen ging es immer tiefer ins Erdinnere. Manchmal mußten die beiden Männer lange und schmale Gänge passieren, bis erneut Treppenstufen nach unten führten. An jeder Verzweigung machte Dr. Olsen ein Kreidezeichen an die Wände, damit sie sich nicht in dem Irrgarten verliefen. Jeden Winkel und jede Ecke leuchtete Dr. Ashley aus. In der Hoffnung, irgendeinen Hinweis oder eine besondere Entdeckung zu machen. Aber nichts dergleichen.

Wände und Decken waren genauso wie der Boden auch hier unten exakt geschliffen. Keine Unebenheit weit und breit. Dennoch breitete sich Enttäuschung in den Gesichtern der Wissenschaftler aus, nachdem sie auch so tief unten keinerlei Schriftzeichen oder ähnliches finden konnten.

Doch sie ließen sich nicht aufhalten. Immer weiter gingen die beiden die ungewissen und düsteren Treppenstufen hinunter. Schritten durch fast nichtendende Gänge, gelangten in leere und kahle Räume, von denen wiederum verschiedene Gänge abzweigten. Fast drohend schienen die Felswände sie anzustarren, als wollten sie die Eindringlinge vertreiben. Es herrschte unheimliche Stille. Nur das hallen ihrer Schritte wirkte gespenstisch in den kahlen Gemäuern.

Plötzlich ging es nicht mehr weiter. Eine Felswand versperrte den Archäologen den Weg. Sie befanden sich in einer Sackgasse. Sie gingen zurück bis zur nächsten Abzweigung und versuchten es in einem anderen Gang. Aber auch hier das gleiche. Also probierten sie es überall in dem Labyrinth. Aber alle Wege endeten vor einer grauen Wand. Nirgends ein Hebel, der ihnen die Hindernisse beseitigte.

Sollte hier Endstation sein? In stummen Gängen tief unter dem Erdreich? In kahlen Räumen, die nicht einmal einen simplen Sarkophag verbargen? Ohne den geringsten Gegenstand? Nicht mal Wandzeichnungen. Trostlos wie in einem Bergwerkschacht. Nichts deutete auf die Grabkammer eines Inkafürsten hin. Nichts auf einen rituellen Ort, einen Opferstein, eine Schatzkammer. Waren andere vor ihnen schon hier? Grabräuber, die die Schätze an sich nahmen? Es konnte nicht sein. Hatten sie doch diese Stätte in mühseliger Arbeit erst freigelegt.

"Das ergibt keinen Sinn", stellte Olsen fast enttäuscht fest. "Wer errichtet solch ein aufwendiges Bauwerk? Plagt sich ab, schuftet bis zur Erschöpfung? Nur für nichts und wieder nichts. Eine nichtssagende Ruine."


Ein Grab voller Rätsel

So schnell gaben die Wissenschaftler aber nicht auf. Sie waren überzeugt, hier unten in den tiefsten Gewölben, eine Entdeckung zu machen. Ihr Forschergeist trieb sie an.

"Es muß ein Weiter geben!" betonte Ashley und suchte mit seiner Lampe jeden Winkel ab. Alle versperrten Gänge schritten sie noch einmal ab, leuchteten die hintersten Ecken ab. Plötzlich passierte der Lichtstrahl in einem der Gänge eine kleine Kerbe. Nur knapp zwanzig Zentimeter über dem Boden. Dr. Ashley hätte sie beinahe übersehen, so unscheinbar war sie. Er trat ein paarmal mit seinen Schuhen dagegen, bis sie in der Wand verschwand. Und nach wenigen Sekunden öffnete sich wie von Zauberhand auf der ihnen gegenüberliegenden Seite fast geräuschlos die Felsenwand. Erschrocken wichen die beiden Männer zurück.

"Donnerwetter!" staunte Olsen nur und ging vorsichtig auf das dunkle Loch zu. Ashley folgte ihm vorsichtig. Sie wußten nicht, was sie erwartete.

Und hinter der steinernen Tür führte eine weitere Treppe noch tiefer hinab. Ashley richtete den Strahl seiner Lampe hinein, konnte aber nichts besonderes entdecken. Neugierig gingen die Archäologen weiter. Es wurde jetzt allmählich kälter hier unten. Die kahlen
Wände trugen ihr Nötiges dazu bei.

Die Treppe zählte sechsundsiebzig Stufen, fein säuberlich und exakt in den Fels gefräst. Sie endete in einem langen Gang. Nach etwa zweihundert Metern standen die beiden Archäologen erneut vor einer Felsenwand. Hier gab es nun absolut kein Weiterkommen, wie die zwei Männer sehr schnell feststellten. Keine Kerbe in den Ecken oder an der Decke, keinen Hinweis auf den nächsten Weg. All ihre Bemühungen, auch hier einen geheimen Mechanismus zu finden, blieben erfolglos. Es vergingen Stunden des Suchens. Sie entdeckten nichts. Olsen und Ashley gaben schließlich fast verzweifelt auf.

Sie machten sich enttäuscht auf den Rückweg, wollten aber trotzdem nochmal in einem der vielen anderen Gänge versuchen, einen Durchgang zu finden. Vielleicht hatten sie ja irgendwo irgend etwas übersehen. Es mußte hier unten weitergehen. Diese Sackgasse sollte und durfte nicht das Ende ihres Ausflugs in die Tiefe sein. Wozu dienten diese verborgenen Gänge? Welchen Zweck erfüllten sie? Waren es Fluchtwege? Olsen und Ashley mußten es herausfinden. Das sind sie ihrem Job schuldig. Zum Resignieren waren sie nicht geboren. Irgendwo gab es ganz einfach einen Gang aus dem Irrgarten, der sie ans ersehnte Ziel führen würde. Das wußten sie. Daran glaubten sie. Dieser Gedanke gab ihnen neuen Mut und Zuversicht.

Die Archäologen schritten wieder die Stufen hinauf, welche in den nächsten großen und kahlen Raum führten, von dem sie in diese Sackgasse gelangten. Auf der obersten Stufe verharrte Dr. Olsen. An der Rückseite der steinernen Tür entdeckte er etwas, das ihm beim Abstieg nicht aufgefallen war. Dieses seltsame Gebilde glänzte im Strahl seiner Lampe.

"Hier Joseph, sehen Sie mal! das ist doch...- Sieht aus wie ein Amulett. Oder so ähnlich. Das haben wir vorhin gar nicht gesehen." Er kratzte mit seinen Fingernägeln daran herum, um den Schmutz zu entfernen.

Ashley kam nun näher und schaute neugierig über Olsens Schultern. Er staunte und sagte: "Das scheint aus Gold zu sein. Purem Gold! Und voller merkwürdiger Schriftzeichen ist es." Er berührte den Gegenstand mit seinen Fingern, wollte den Jahrtausende alten Staub wegwischen, ihn von der Wand nehmen. Aber er rührte sich nicht. Saß fest verankert. Auch Olsen versuchte es vergebens. Er ging also rasch an die Oberfläche, von wo sie gestartet waren, wollte Hammer, Meißel und anderes Werkzeug holen. Es dauerte nicht lange, bis er wieder zurück kam. Nun konnten sich die Männer ans Werk machen. Schließlich gelang es ihnen doch noch, den Fund von der Steinplatte zu lösen, ohne ihn zu beschädigen.

Olsen wog den Gegenstand in seinen Händen und sagte: "Er ist nicht aus reinem Gold. Dazu ist er zu leicht." Nachdenklich fuhr er fort: "Die Schriftzeichen darauf kenne ich nicht. Sie sind mir vollkommen unbekannt. Nicht solche, wie wir sie zu Massen bei alten Inkaüberlieferungen oder in Tempeln gesehen haben. Und dieses Amulett scheint mir ein Kreuz anzudeuten. Obwohl es runde Formen hat."

Das Amulett hatte die Ausmaße siebzehn mal vierundzwanzig Zentimeter. Seine Oberfläche war mit einem goldenen Überzug versehen. Der Kern bestand aus gehärtetem Stahl. Verschiedene Kerben und Verzierungen, eingravierte unbekannte Schriftzeichen, schmückten Vorder- und Rückseite.

Nachdenklich betrachteten die beiden Archäologen das seltsame Kreuz von allen Seiten.

Plötzlich klopfte Ashley seinem Kollegen auf die Schultern und sagte: "Curt, bevor wir hier in diesen Raum kamen, haben wir doch in den Gängen verschiedene Schlitze in den Wänden gesehen. Sie bedeuten irgend etwas. Vielleicht..."

Weiter sprach er nicht. Und Olsen wußte auch so, was sein Kollege meinte. Sie nahmen das Kreuz und eilten zurück, dem Ausgang entgegen. Gleich hinter dem ersten Gang entdeckten sie an den Wänden die verschiedenen schmalen Schlitze. Dort verharrten sie einen Augenblick.

Ashley holte tief Luft und sagte: "Jetzt kommt´s drauf an." Er nahm das Kreuz und schob es in den ersten Schlitz, bewegte es hin und her. Nichts tat sich. Auch nicht beim zweiten und dritten. Sie machten weiter. Dann endlich hatte Ashley Erfolg. Beim elften Versuch vernahmen die Männer ein schwaches Summen. Sie sahen sich erstaunt um. Doch nichts war zu sehen. Das Geräusch kam von einem unbekannten Mechanismus. Nach wenigen Sekunden gab die Wand eine zuvor unsichtbare Öffnung frei. Dahinter führte ein Gang ins unbekannte Dunkel. Unbehagen breitete sich nun doch für einen Moment bei den Männern aus. Dann sahen sich Olsen und Ashley an. Sie nickten, als Zeichen zum Weitergehen.

Der Gang dehnte sich in einer langgezogenen Krümmung aus. Schließlich endete er in einem großen runden Saal. Auch hier keine Decken- und Wandzeichnungen. Nur kahle und stumme Wände. Wieder nichts, was auf die Erbauer hindeutete. Dafür entdeckten sie an den Wänden weitere Schlitze. Sie schoben das seltsam geformte Kreuz hinein. Nach mehreren Versuchen gab einer der Schlitze die Öffnung zu einem weiteren Gang frei.

Olsen und Ashley trieb es nun unaufhaltsam weiter. Mit neuem Elan und größter Neugierde zog es sie durch die vielen unbekannten und dunklen Pfade eines labyrinthartigen Gewölbes tief unter der Erde. Wie lang mögen die Gänge im Verborgenen wohl sein? Wohin führten sie in ihren Wirrungen und Verzweigungen, mit all den ungezählten Sackgassen, die überraschend endeten? Stumm und unentdeckt lagen sie Jahrhunderte oder sogar Jahrtausende unter Schutt und Lehm begraben. Gaben sie jetzt, nach unbekannten Zeiten, ihr Geheimnis preis? Olsen und Ashley waren gespannt auf das Ergebnis.

Immer wieder standen sie vor plötzlich endenden Gängen und ins Leere führenden Treppen. Doch das geheimnisvolle Kreuz öffnete ihnen alle verschlossenen Türen und Wände. Mitunter brauchten die Archäologen mehr als nur ein paar Minuten, um einen Durchgang zu öffnen. Aber sie gaben nicht auf. Was sie am ersten Tag nicht schafften, führten sie anderntags fort.

Irgendwann einmal mußten sie auf die Grabstätte des Fürsten stoßen, dem zu Ehren dieses einmalige Bauwerk, so kahl und so trostlos es sich auch darstellte, mit all seinen Irrwegen errichtet wurde. Und dort erhofften sie einen sagenhaften Schatz vorzufinden. Grabbeigaben, Gegenstände, die für das jenseitige Leben bestimmt sein sollten.

Plötzlich aber standen die zwei Männer erneut in dem Raum, in welchem sie vor zwei Tagen das seltsame Kreuz hinter der Steintüre entdeckten. Sie waren in den letzten beiden Tagen im Kreis gelaufen, ohne es zu wollen oder zu wissen. Das Amulett hatte sie diesen Irrweg geführt.

"Das kann doch wohl nicht wahr sein!" schimpfte Olsen los. Mit einem mächtigen Ausbruch an Flüchen und Verschwörungen machte er seinem Ärger Platz und schlug mit der Faust gegen die steinernen Wände.

"Irgend etwas müssen wir falsch gemacht oder übersehen haben", sagte Ashley und fügte nach einer Pause hinzu: "Vielleicht öffnet uns dieses Kreuz noch andere Türen, die wir bisher übersahen. Wir müssen eben nochmal von vorne beginnen."

Wieder machten sie sich auf die nervenaufreibende Suche. Diesmal ging es bedeutend schneller. Und diesmal durften sie nichts übersehen oder falsch machen. Sie mußten einfach Erfolg haben.

Fast ein weiterer Tag verging ohne Ergebnis. Ohne Rast irrten Olsen und Ashley durch die unterirdischen Gänge. Eine Unterbrechung gab es nicht. Erst am späten Abend, sie waren schon total müde und abgespannt, beendeten sie ihre vergebliche Suche. Erschöpft sanken sie auf ihr Nachtlager.


Geheimnisvolle Schriften entdeckt

Der dritte Tag verlief wie die zwei vorangegangenen. Die beiden Archäologen kamen immer wieder an ihren Ausgangspunkt zurück. Sollten sie die Suche aufgeben? Nein, das durften sie nicht! Sie würden etwas finden, irgendwann. Selbst wenn es Jahre dauert.

Am vierten Tag schließlich führte der Zufall die Männer auf die richtige Spur. Bevor die das Gewölbe hinabstiegen, setze sich Dr. Olsen noch einmal kurz auf die Steinplatte, die den Zugang zu dem unterirdischen Verlies verschlossen hatte und band den Schnürsenkel seines rechten Schuhes. Dabei fiel sein Blick auf die Gravierungen der Platte. Ein unscheinbarer Pfeil zog ihn fast magisch an. Olsen folgte mit den Augen der Verlängerung, die genau auf einer noch erhaltenen Säule im Innenhof endete. Mit großen Schritten ging er dort hin. In ihr waren viele Zeichen eingeritzt. Er tastete sie mit seinen Fingern vorsichtig ab. Dabei entdeckte er eine kleine mit Lehm verschmierten Ritze. Mit seinem Taschenmesser entfernte Olsen den Dreck und legte eine kleine Öffnung frei. Dr. Ashley hatte ihm dabei interessiert zugeschaut und war nun neben ihn getreten.

"Was ist?" wollte er wissen und schaute sich die Säule an, um zu sehen, was es da besonderes gab. Er konnte sich nicht vorstellen, hier etwas aufregendes zu finden.

Sein Kollege zeigte einen zufriedenen Gesichtsausdruck. "Hier, sehen Sie", sagte er und deutete auf den Schlitz, "da könnte das Amulett hineinpassen. Wir probieren es."

Erwartungsvoll schob er das Amulett in die Öffnung und bewegte es leicht hin und her. Kurz darauf hörten sie ein schwaches Summen. Sie schauten sich um und entdeckten nur wenige Meter neben der Säule im Boden eine Steinplatte, die einen unterirdischen Treppenabgang freilegte. Er führte in ein dunkles Verlies hinab. Ihre Ausdauer und all die Anstrengungen wurden also doch noch belohnt. Vorsichtig gingen die beiden Archäologen die Stufen hinab uns Ungewisse.

Eine Unendlichkeit schien zu vergehen. Dann erreichten sie einen breiten Gang, von dem mehrere Öffnungen abgingen. Wieder standen sie also vor einem Labyrinth. Sie beschritten jeden Weg. Viele führten ins Leere oder endeten plötzlich. Doch die Wissenschaftler hatten Glück. Das Amulett öffnete ihnen eine steinerne Tür. Sie traten in einen großen Raum
und erschraken. Er war hell erleuchtet. Doch nirgends konnten sie eine Lampe entdecken. Das Licht schien von den Wänden und der Decke zu strahlen. Verwundert sahen sich Olsen und Ashley um. Was sie dann in noch größeres Erstaunen versetzte, bestand in einem auf Federbeinen ruhenden golden glänzenden Sarkophag, den eine dicke Steinplatte bedeckte. Das ganze war wundervoll bemalt. In verschiedenen Pastellfarben. Aber nicht mit irgendwelchen Figuren oder Darstellungen von Herrschern oder Personen. Nein, es schien, als wäre der gesamte Kosmos abgebildet worden. Nicht nur unser Sonnensystem. Mehr noch als unsere Milchstraße. Auch ferne Galaxien, völlig unbekannte und fremde Welten. Sterne, die in Lehrbüchern beschrieben werden und nicht mehr als zwanzig Jahre bekannt sind.

Die Archäologen waren schier überwältigt. Das hatten sie nun wirklich nicht erwartet. Es war mehr als nur ein Schatz. Es war, ja es war unbeschreiblich. Sie wußten nichts zu sagen und sahen sich nur staunend um.

Wer bemalte diese Grabplatte? Welcher Astronom kannte schon vor Jahrhunderten oder Jahrtausenden all diese fremden Welten? Die heute teilweise noch gar nicht in diesem Maß erfaßt sind. Woher hatte er dieses sagenhafte Wissen? Neben dieser Darstellung des Kosmos befanden sich auf dem Sarkophag noch fremdartige Gravuren und Schriftzeichen. Ähnlich denen, wie sie auch auf dem geheimnisvollen Kreuz dargestellt sind. Ihre Entzifferung würde sicherlich Monate dauern. Wenn überhaupt.

Auf der Steinplatte entdeckte Olsen eine Einkerbung, die verblüffend dem rätselhaften Kreuz glich. Olsen legte es mit den Schriftzeichen nach unten hinein. Wie von Geisterhand schob sich jetzt die Steinplatte zur Seite und gab einen Blick ins Innere des mächtigen Sarkophags frei. Gelblich schimmerndes Licht strahlte ihnen entgegen. Klar und deutlich konnten Olsen und Ashley den Inhalt des Sarkophags erkennen. Glaubten sie nun an einen einbalsamierten Leichnam eines Inkafürsten vorzufinden, wurden sie enttäuscht. Nicht ein menschliches Wesen war hier bestattet.

Dennoch zeigten sich die beiden Archäologen überrascht von dem, was sich ihnen bot. Da lagen in dem Sarkophag fein säuberlich geordnet unzählige dünne Metallplättchen. Graviert mit fremdartigen Schriftzeichen, die die Wissenschaftler noch nie gesehen hatten. Die ihnen vollkommen fremd erschienen.

Ashley konnte sich einen Ausruf der Verwunderung nicht verkneifen. Und Olsen klopfte seinem Kollegen auf die Schultern.

"Junge, Junge, das ist ein Ding", sagte er voller Freuden, "was haben wir da bloß entdeckt?" Er machte eine Pause und fuhr dann mit einem leichten Ton der Enttäuschung fort: "Aber - wo ist die Leiche?"

Ashley grinste ihn an. "Was brauchen wir einen Leichnam, wenn wir das hier haben?!" Er deutete auf den Inhalt des Sarkophags und holte einige Metallplättchen hervor. Ganz behutsam nahm er sie in die Hände und hielt sie vorsichtig zwischen den Fingern.

"Das allein wird die Öffentlichkeit vermutlich in Erstaunen versetzen", sagte er dann. Und er sollte recht behalten! Denn was sich da anbahnte, bedeutete ein totales Umdenken auf vielen Gebieten der Altertumsgeschichte.

Nachdem sich die erste Aufregung etwas gelegt hatte, untersuchten Olsen und Ashley den Raum näher. Aber neben dem bereits entdeckten Sarkophag und seinem Inhalt gab es nichts weiter. Das Geheimnis der strahlenden Wände konnten sie nicht ergründen. Jedenfalls nicht jetzt sofort. Obwohl besonderes interessant, erschien ihnen dieses eigenartige Phänomen nicht so wichtig zu sein im Vergleich mit den gefundenen Metallplättchen. Die allein waren eine Sensation!

Eine Woche nach dem sagenhaften Fund kehrte Dr. Ashley in die Vereinigten Staaten zurück. Olsen blieb mit seinen Leuten an der Ausgrabungsstätte, um die Arbeiten dort zu überwachen. Vielleicht würde er sogar noch eine weitere interessante Entdeckung machen. Jedenfalls erhoffte er es sich.

Dr. Ashley führte in seinem Gepäck einige der vielen metallenen Plättchen aus der Grabkammer des Inkatempels mit sich. Es hatte viele Mühen und Formalitäten gekostet, sie aus dem Land zum Zwecke der Übersetzung ausführen zu können. Schließlich aber durfte Dr. Ashley eine kleine Auswahl zur ersten Forschung mit in die Staaten nehmen.

Der Wissenschaftler wollte sich sofort mit Professor Stodynas in Verbindung setzen. Vor einigen Jahren war der Professor maßgeblich an der Übersetzung fremder Schriftzeichen beteiligt, die man in einer Raumkapsel fand, welche in Nevada abstürzte. Daran hatte sich Dr. Ashley noch in Peru erinnert. Deshalb stattete er bei seiner Ankunft dem Wissenschaftskollegen einen Besuch ab.

Er vereinbarte mit dem Professor einen Termin für die nächsten Tage. Bei ihrem Zusammentreffen berichtete Ashley ausführlich von den Ausgrabungen in Peru und dem Fund, den er mit seinem Kollegen dort mehr zufälligerweise machte. In Professor Stodynas´ Arbeitszimmer lagen nun fein säuberlich die wenigen Metallplättchen auf dem Schreibtisch. Voller Interesse betrachtete er sie. Der Ausdruck an Begeisterung stand in seinem Gesicht.

"Doktor Ashley, Sie haben einen bedeutenden Fund gemacht. Die Wissenschaft wird aufhorchen, wenn sie von Ihrer Entdeckung erfährt. Wir werden der Fachwelt diese Sensation präsentieren. Wenn ich mich nicht irre, sind diese Schriftzeichen identisch mit denen, die ich damals in Nevada fand. Wenn das tatsächlich so ist, dann sind sie außerirdischen Ursprungs."

Der Professor machte eine kurze Pause, ließ die Bedeutung seiner Worte wirken. Dann fuhr er fort: "Wir werden durch diese Schriftzeichen neue Erkenntnisse unserer Entwicklung erfahren. Vielleicht auch einen Hinweis, wo sich weiteres Geheimwissen der extraterrestrischen Besucher befindet."

Dr. Ashley horchte auf. "Außerirdische Wesen sollen die Absender dieser Dokumente sein? Das ist doch nicht möglich. Wie kamen die hierher?" fragte er.

Professor Stodynas nickte nur und atmete tief ein. Deutlich war eine gewisse Spur von Erregung zu erkennen. "Es muß vor vielen Jahrhunderten, vielleicht sogar Jahrtausenden gewesen sein. Womöglich hatten sie hier einmal ihren Stützpunkt. Ja, so wird es vermutlich sein", sagte er.

Unheimliche Stille herrschte für einen Moment. Schweigend sahen sich die beiden Männer an. Jeder machte sich seine eigenen Gedanken über diesen Fund. Dann hatte sich die Spannung gelegt.

"Und Sie können das hier übersetzen, hm?" fragte Ashley forschend, wobei er mit seinem Zeigefinger auf die vor ihm liegenden Metallplättchen deutete. Der Archäologe sah den Professor erwartungsvoll an.

Dieser nickte nur mit einem kaum wahrnehmbaren Lächeln und entgegnete: "Ja, aber ich brauche die komplette Sammlung. Die kleine Auswahl allein nutzt mir da nicht viel." Er erhob sich vom Stuhl und schritt zu seinem Wandtresor, wo er einen Ordner mit schriftlichen Aufzeichnungen hervorholte.

"Hier drin sind die Formeln, die Schlüssel zur Offenbarung der geheimen Schriften. Ich hoffe sehr, daß Ihre Schriftzeichen mit den meinen übereinstimmen. Dann wird es mir selbstverständlich gelingen, den von Ihnen gehobenen wertvollen Schatz zum Sprechen zu bringen. Und wir werden erfahren, was uns die Außerirdischen zu sagen haben. Ich werde mich nicht scheuen, dafür nach Südamerika zu reisen. -

In einem Inkatempel wollen Sie diese Metallplättchen da gefunden haben, sagten Sie? Den sie jetzt erst ausgruben? Das lag dort unentdeckt?"

Stodynas schüttelte verwundert den Kopf und fuhr fort, ehe Ashley ihm antworten konnte: " Nein. Es war kein Bauwerk aus dem Inkareich. Die Extraterrestrier haben diesen Tempel errichtet, wie viele andere Monumentbauten überall auf der Erde auch. Danach erst siedelten sich die Kulturen um diese Denkmäler, wie ich sie mal nennen will, herum an. Weil die Stätten ihrer Götter das Heiligtum, die absolute Macht, Schutz und Geborgenheit symbolisierten. Diese göttlichen Tempel überstanden größtenteils die Zerstörungen in all den vergangenen Jahrtausenden, während die Bauwerke der Menschen langsam verfielen."

Der Professor blätterte in seinen Aufzeichnungen, legte sie dann zur Seite und griff zum Telefon. Er rief zwei seiner engsten Mitarbeiter, Dr. Brian Exter und Mike Shefield, zu sich. Sie ließen nicht lange auf sich warten. Der Professor stellte sie Dr. Ashley vor und berichtete in knappen Sätzen von dem Fund. Er zeigte ihnen die Metallplättchen.

"Meine Herren, eine neue Aufgabe wartet auf uns. Wir wollen diese Schriftzeichen übersetzen und uns überraschen lassen, was da geschrieben steht. Welche Botschaft halten die Außerirdischen diesmal für uns bereit?" sagte der Professor und sah die drei Männer für einen Augenblick an. Dann fuhr er fort: "Doch lassen wir uns zunächst von Dr. Ashley berichten, was er und sein Kollege Olsen in Südamerika erlebten."

Bis spät in die Nacht hockten die vier Männer zusammen und unterhielten sich über die Ausgrabungen, den vermeintlichen Inkatempel und vor allem seinen außergewöhnlichen und besonders geheimnisvollen Schatz.

Am nächsten Morgen eröffnete Professor Stodynas seinen beiden Mitarbeitern, daß ihnen allen eine Reise nach Südamerika bevorstehe. "Meine Herren, wir reisen nach Peru. Dort liegt ein Schatz und wartet auf uns."

Genau achtundvierzig Stunden später landeten sie in Lima und machten sich auf den beschwerlichen Weg ins Hochland der zerklüfteten Anden. Bald hatten sie ihr Ziel erreicht.

Die Übersetzung konnte beginnen. Sie bereitete wirklich nur wenig Mühen. Dennoch brauchten die Wissenschaftler mehrere Monate. Die Metallplättchen enthielten nämlich eine Reihe von Zeichen, die den drei Männern noch unbekannt waren und keinen vernünftigen Sinn in der Übersetzung ergeben wollten.

Doch dann endlich hatten sie es geschafft. Ein Zeugnis außerirdischer Besucher auf der Erde vor
Jahrtausenden lag vor ihnen. Und der Inhalt dieser Schriften faszinierte die drei Wissenschaftler aufs Neue.

Zwischenzeitlich traf auch Dr. Ashley wieder seinen Kollegen Dr. Olsen. Er ließ sich ausführlich über den Stand der Entwicklung vor Ort unterrichten. Auch er war, wie sein Kollege, überrascht von den uralten Überlieferungen. Alle fünf zeigten sich voller Stolz über ihre Arbeit. Hatten sie doch einen Beweis für die Anwesenheit extraterrestrischer Besucher in Urzeiten auf der Erde der Menschheit überliefert.

Für alle Völker ist diese Botschaft bestimmt!

Mehr unter http://www.fesseler.org


Einstell-Datum: 2005-03-13

Hinweis: Dieser Artikel spiegelt die Meinung seines Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung der Betreiber von versalia.de übereinstimmen.

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