Bedenklicher Geburtstag
Ich wurde geboren nicht im April,
und auch nicht im goldnen September.
Es war kalt und neblig und grau und still;
es war an einem neunten November.
Der Regen, der Nebel, der stürmische Wind,
störten mich niemals - damals als Kind.
Gern denk ich an diesen Tag heut´ zurück,
war er doch stets ein Tag voller Glück.
Der heilige Sankt Martin ritt auf seinem Schimmel,
Laternen strahlten unter nächtlichem Himmel.
Wir Kinder sangen in jedem Haus,
kamen glücklich mit Nüssen und Äpfeln heraus.
Ich wurde erwachsen, die Kindheit verflog,
und mit ihr dies Glück, das zu wenig wog.
Der neunte November, so wurde mir klar,
nicht nur ein Tag der Freuden war.
Vielleicht noch im Jahre der Revolution,
stürzte sie doch die Monarchie von dem Thron.
Ohne Blut zu vergießen und mit Geschick
entstand voller Hoffnung die erste Republik.
Doch nur fünf Jahre gingen in dieses Land,
bis die Horden zur Feldherrenhalle gerannt.
Noch hielten die Reihen, noch siegte der Mut.
Noch galt Freiheit und Recht, nicht Stahl und Blut.
Doch nur zwei Jahre später - welch ein Hohn,
gründeten sie ihre Höllenschwadron.
Sich zu schützen vor Recht, vor Volk und Vaterland -
Bald drauf nicht nur der Reichstag in Flammen stand.
Und achtzehn Jahre später, in einem anderen Land,
beenden lodernde Flammen den Volksaufstand.
Und es gehört zu diesen folgenreichen Tagen
auch der, an dem sie Holger tot aus der Zelle getragen.
Jahre vergingen -
und als wär‘s nicht zum Lachen –
wollten sie meinen Geburtstag
zum Staatsfeiertag machen.
Denn ein Volk hatte Tränen der Freude im Blick -
so getrübt sieht keiner nach vorn,
und niemand zurück.
Alle, die den neunten November ertobten,
ihn, an der Macht, in den Himmel lobten.
Ein Sieg über Juden, ein Sieg über Rote,
des Tages Folgen bisher waren Knechte und Tote.
Laut man dem Fallen der Mauer gedenkt,
doch bleiben doch einige Köpfe gesenkt.
Wer wollte die Freuden der Freiheit rauben,
doch an einen Zufall mag ich nicht glauben.
Wer nicht rot wird, und wer sich nicht wundert
über die neunten November in jenem Jahrhundert,
der auch nicht sieht, nicht ahnt und bedenkt,
was wurde geopfert, versetzt und verschenkt.
Wer an einem Tag, dem auch Sorge gebührt,
"das Volk" so leicht im Mund führt,
der mag feiern, tanzen und lachen.
Ich werd´ mir einen bedenklichen Geburtstag
draus machen.
Ich wurde geboren nicht im April,
und auch nicht im goldnen September.
Es war kalt und neblig und grau und still;
es war an einem neunten November.
Der Regen, der Nebel, der stürmische Wind,
störten mich niemals - damals als Kind.
Gern denk ich an diesen Tag heut´ zurück,
war er doch stets ein Tag voller Glück.
Der heilige Sankt Martin ritt auf seinem Schimmel,
Laternen strahlten unter nächtlichem Himmel.
Wir Kinder sangen in jedem Haus,
kamen glücklich mit Nüssen und Äpfeln heraus.
Ich wurde erwachsen, die Kindheit verflog,
und mit ihr dies Glück, das zu wenig wog.
Der neunte November, so wurde mir klar,
nicht nur ein Tag der Freuden war.
Vielleicht noch im Jahre der Revolution,
stürzte sie doch die Monarchie von dem Thron.
Ohne Blut zu vergießen und mit Geschick
entstand voller Hoffnung die erste Republik.
Doch nur fünf Jahre gingen in dieses Land,
bis die Horden zur Feldherrenhalle gerannt.
Noch hielten die Reihen, noch siegte der Mut.
Noch galt Freiheit und Recht, nicht Stahl und Blut.
Doch nur zwei Jahre später - welch ein Hohn,
gründeten sie ihre Höllenschwadron.
Sich zu schützen vor Recht, vor Volk und Vaterland -
Bald drauf nicht nur der Reichstag in Flammen stand.
Und achtzehn Jahre später, in einem anderen Land,
beenden lodernde Flammen den Volksaufstand.
Und es gehört zu diesen folgenreichen Tagen
auch der, an dem sie Holger tot aus der Zelle getragen.
Jahre vergingen -
und als wär‘s nicht zum Lachen –
wollten sie meinen Geburtstag
zum Staatsfeiertag machen.
Denn ein Volk hatte Tränen der Freude im Blick -
so getrübt sieht keiner nach vorn,
und niemand zurück.
Alle, die den neunten November ertobten,
ihn, an der Macht, in den Himmel lobten.
Ein Sieg über Juden, ein Sieg über Rote,
des Tages Folgen bisher waren Knechte und Tote.
Laut man dem Fallen der Mauer gedenkt,
doch bleiben doch einige Köpfe gesenkt.
Wer wollte die Freuden der Freiheit rauben,
doch an einen Zufall mag ich nicht glauben.
Wer nicht rot wird, und wer sich nicht wundert
über die neunten November in jenem Jahrhundert,
der auch nicht sieht, nicht ahnt und bedenkt,
was wurde geopfert, versetzt und verschenkt.
Wer an einem Tag, dem auch Sorge gebührt,
"das Volk" so leicht im Mund führt,
der mag feiern, tanzen und lachen.
Ich werd´ mir einen bedenklichen Geburtstag
draus machen.