Auch großes kann man bescheiden verpacken, deswegen nannte Herder (1704-1803) seine “Philosophie der Geschichte der Menschheit “ wohl nur “Ideen zur …”. Naturwissenschaftlich mag das Werk in etlichen Belangen längst überholt sein, aber es bietet einen interessanten Einblick in das, was man zu Herders Zeit bereits wissen konnte – und das ist doch erstaunlich viel. Dieses erstaunlich viele bündelt Herder zu einer allgemeinen Philosophie der Geschichte der Menschheit, ausgehend von der unbelebten und belebten Natur, in Betrachtung der letztgenannten von den Tieren zu den Menschen. Selbst wenn alles, was Herder in den “Ideen zur Philosophie der Geschichte der Menschheit” geschrieben hat, der reinste Unsinn wäre – schon allein wegen der vollendeten Sprache lohnt sich das Lesen.
Wir lieben das, was wir kennen:
Zitat:
Jeder liebet sein Land, seine Sitten, seine Sprache, sein Weib, seine Kinder, nicht weil sie die Besten auf der Welt, sondern weil sie die bewährten Seinigen sind und er in ihnen sich und seine Mühe selbst liebet. So gewöhnet sich jeder auch an die schlechteste Speise, an die härteste Lebensart, an die roheste Sitte des rauhesten Klima und findet zuletzt in ihm Behaglichkeit und Ruhe.
Jeder liebet sein Land, seine Sitten, seine Sprache, sein Weib, seine Kinder, nicht weil sie die Besten auf der Welt, sondern weil sie die bewährten Seinigen sind und er in ihnen sich und seine Mühe selbst liebet. So gewöhnet sich jeder auch an die schlechteste Speise, an die härteste Lebensart, an die roheste Sitte des rauhesten Klima und findet zuletzt in ihm Behaglichkeit und Ruhe.
Alles auf der Erde ist Veränderung – und so sendet uns Herder aus dem 18. Jahrhundert eine Botschaft, über die man auch in Zeiten des als anthropogen erkannten Klimawandels noch nachdenken kann:
Zitat:
Sind wir uns selbst nicht und alle das Unsre, selbst unsern Wohnplatz, die Erde, den Elementen schuldig? Wenn diese, nach immer fortwirkenden Naturgesetzen, periodisch aufwachen und das Ihre zurücke fodern; wenn Feuer und Wasser, Luft und Wind, die unsre Erde bewohnbar und fruchtbar gemacht haben, in ihrem Lauf fortgehn und sie zerstören; wenn die Sonne, die uns so lang als Mutter erwärmte, die alles Lebende auferzog und an goldenen Seilen um ihr erfreuendes Antlitz lenkte, wenn sie die alternde Kraft der Erde, die sich nicht mehr zu halten und fortzutreiben vermag, nun endlich in ihren brennenden Schoß zöge: was geschähe anders, als was nach ewigen Gesetzen der Weisheit und Ordnung geschehen mußte?
Sind wir uns selbst nicht und alle das Unsre, selbst unsern Wohnplatz, die Erde, den Elementen schuldig? Wenn diese, nach immer fortwirkenden Naturgesetzen, periodisch aufwachen und das Ihre zurücke fodern; wenn Feuer und Wasser, Luft und Wind, die unsre Erde bewohnbar und fruchtbar gemacht haben, in ihrem Lauf fortgehn und sie zerstören; wenn die Sonne, die uns so lang als Mutter erwärmte, die alles Lebende auferzog und an goldenen Seilen um ihr erfreuendes Antlitz lenkte, wenn sie die alternde Kraft der Erde, die sich nicht mehr zu halten und fortzutreiben vermag, nun endlich in ihren brennenden Schoß zöge: was geschähe anders, als was nach ewigen Gesetzen der Weisheit und Ordnung geschehen mußte?