Biographien Rezensionen Diskutieren im versalia-Forum Das versalia.de-Rundschreiben abonnieren Service für Netzmeister Lesen im Archiv klassischer Werke Ihre kostenlose Netzbibliothek

 



Save Ukraine!
Save Ukraine!


Love all Animals

Literaturforum: Hesse über Jean Paul


Aktuelle Zeit: 14.08.2024 - 22:04:12
Hallo Gast, Sie sind nicht eingeloggt!
Suche | Mitglieder | Neu | Statistik

Heute ist der 68. Todestag von Bertolt Brecht.

Forum > Literaturgeschichte & -theorie > Hesse über Jean Paul
Seite: 1
[ - Beantworten - ] [ - Drucken - ]
 Autor
 Thema: Hesse über Jean Paul
Gast873
Mitglied

1457 Forenbeiträge
seit dem 22.06.2006

Das ist Gast873

Profil      
Eröffnungsbeitrag Abgeschickt am: 10.01.2008 um 17:14 Uhr

Diese Nachricht wurde von Hyperion um 17:18:28 am 10.01.2008 editiert

Ein Auszug aus einem wunderschönen Hesse-Essay:

Zitat:

Wenn ein moderner Leser zum ersten Mal Jean Paul zu lesen versucht, so liest er meistens eben auf moderne Art, rasch, ungeduldig, sofort zur Kritik und zu Widerwillen bereit, er kommt zum Dichter nicht wie zu einem Arzt oder Priester oder Erlöser, sondern wie zu einem Akrobaten, rasche Zerstreuung, eilige Sensation begehrend. Und da versperrt sich die Dichtung, ihre Blumenkelche, ihre sprechenden Augen schließen sich zu, ihr Duft entflieht, ihr Wert erblasst. Von einem modernen Feuilleton weg zu Jean Paul zu kommen, ist gerade so, wie von einer Kaffeehausmusik zu Mozart zu kommen. Da braucht es reinere Sinne, erzogenere Gefühle, wärmere Hingabe, wachere Bereitschaft.

Hermann Hesse: "Eine Literaturgeschichte in Rezensionen und Aufsätzen", Dritte Auflage, Suhrkamp Verlag, Frankfurt a.M. 1970, S. 217 f.

Gruß
T.S.

Nachricht senden Zitat
Hermes
Mitglied

447 Forenbeiträge
seit dem 23.01.2006

Das ist Hermes

Profil      
1. Antwort   - Permalink - Abgeschickt am: 11.01.2008 um 12:54 Uhr

Ja, das ist Hesses bekannt weiche und rhythmische Bildersprache. Erinnerte mich gleich an die Anfangszeilen von "Narziss und Goldmund":

"Vor dem von Doppelsäulchen getragenen Rundbogen des Klostereinganges von Mariabronn, dicht am Wege, stand ein Kastanienbaum, ein vereinzelter Sohn des Südens, von einem Rompilger vor Zeiten mitgebracht, eine Edelkastanie mit starkem Stamm; zärtlich hing ihre runde Krone über den Weg, atmete breitbrüstig im Winde, ließ im Frühling, wenn alles ringsum schon grün war und selbst die Klosterbäume schon ihr rötliches Junglaub trugen, noch lange auf ihre Blätter warten, trieb dann um die Zeit der kürzesten Nächte aus den Blattbüscheln die matten, weißgrünen Strahlen ihrer fremdartigen Blüten empor, die so mahnend und beklemmend herbkräftig rochen, und ließ im Oktober, wenn Obst und Wein schon geerntet war, aus der gilbenden Krone im Herbstwind die stacheligen Früchte fallen, die nicht in jedem Jahr reif wurden, um welche die Klosterbuben sich balgten und die der aus dem Welschland stammende Subprior Gregor in seiner Stube im Kaminfeuer briet. Fremd und zärtlich ließ der schöne Baum seine Krone überm Eingang zum Kloster wehen, ein zartgesinnter und leicht fröstelnder Gast aus einer anderen Zone, verwandt in geheimer Verwandtschaft mit den schlanken sandsteinernen Doppelsäulchen des Portals und dem steinernen Schmuckwerk der Fensterbogen, Gesimse und Pfeiler, geliebt von den Welschen und Lateinern, von den Einheimischen als Fremdling begafft."


Diffuses Halbwissen.
Nachricht senden Zitat
Gast873
Mitglied

1457 Forenbeiträge
seit dem 22.06.2006

Das ist Gast873

Profil      
2. Antwort   - Permalink - Abgeschickt am: 14.01.2008 um 14:14 Uhr

Hesse hat eine musikalische Sprache. Ich gebe zu, ich habe ihn seit zehn Jahren schon mächtig unterschätzt, weil mir Fichte, Hegel und Co. den Kopf mit ihrer Wissenschaftlichkeit etwas verdorben haben. Das merkte ich jetzt erst neulich, nachdem ich so tolle Aufsätze von Hesse gelesen hatte.

Das obige Zitat ist auch im "Siebenkäs" als Nachwort von Hesse zu Jean Pauls Roman im Insel-Verlag erschienen.

Nachricht senden Zitat
Seite: 1
[ - Beantworten - ] [ - Drucken - ]
Forum > Literaturgeschichte & -theorie > Hesse über Jean Paul


  Ähnliche Beiträge
Gestartet von
Antworten Letzter Beitrag
Die Sonne der Ukraine geht über dem Donbas auf
Kenon
0 17.04.2024 um 08:07 Uhr
von Kenon
Paul Gratzik: Kutte mit Löchern
Seite: 1 2
Kenon
12 19.02.2022 um 18:50 Uhr
von ArnoAbendschoen
Paul Gratzik – Kohlenkutte
Kenon
2 27.01.2022 um 19:17 Uhr
von Kenon
Paul Gratzik – Transportpaule
Kenon
2 24.01.2022 um 22:16 Uhr
von Kenon
Über Robert Walser, Jakob von Gunten
ArnoAbendschoen
0 19.09.2020 um 11:56 Uhr
von ArnoAbendschoen


Sie möchten hier mitdiskutieren? Dann registrieren Sie sich bitte.




Buch-Rezensionen:
Anmelden
Benutzername

Passwort

Eingeloggt bleiben

Neu registrieren?
Passwort vergessen?

Neues aus dem Forum


Gedichte von Georg Trakl

Verweise
> Gedichtband Dunkelstunden
> Neue Gedichte: fahnenrost
> Kunstportal xarto.com
> New Eastern Europe
> Free Tibet
> Naturschutzbund





Das Fliegende Spaghettimonster

Ukraine | Anti-Literatur | Datenschutz | FAQ | Impressum | Rechtliches | Partnerseiten | Seite empfehlen | RSS

Systementwurf und -programmierung von zerovision.de

© 2001-2024 by Arne-Wigand Baganz

v_v3.53 erstellte diese Seite in 0.021297 sek.