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was macht lyrik aus?
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Autor
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Thema: was macht lyrik aus?
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Uve Eichler
Mitglied
103 Forenbeiträge seit dem 11.09.2003
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60. Antwort - Permalink - |
Abgeschickt am: 15.06.2005 um 17:16 Uhr |
Zitat:
Bei alledem war sie eine immens fleißige und disziplinierte Arbeiterin, der das Schreiben lebensnotwendig war, und sie tötete sich, als ihre Verzweiflung auch durch die Magie der Sprache nicht mehr zu bannen war.
Verzweiflung und Unglaube sind große Machthaber, die sich immer in den Vordergrund stellen.
Man muss die Welt nicht verstehen, man muss sich darin nur zurechtfinden.
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Sabine Marya
Mitglied
44 Forenbeiträge seit dem 11.05.2005
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61. Antwort - Permalink - |
Abgeschickt am: 17.06.2005 um 10:26 Uhr |
Ihr Lachen war hinreißend, ein unerhörtes Lachen, fast wie das eines Kindes. Jauchzendes Lachen, wenn etwas sie amüsierte. (Virginia Woolf, Between the Acts)
aus dem von Jasmin empfohlenen Link zu V. Woolf
Verzweiflung und Unglaube sind große Machthaber, die sich immer in den Vordergrund stellen.
Ja- und im Fall von V. Woolf hat es ihr das Leben gekostet. Und genau so geht es heute noch vielen Menschen, dass die Verzweiflung stärker ist und dass sie keinen anderen Weg sehen als das aus dem Leben gehen, das bereits kein Leben mehr ist, sondern ein Überleben.
Schreiben hat V. Woolf dabei geholfen, überhaupt so lange zu überleben, das hat ihrem Leben Inhalt + Kraft gegeben, und gleichzeitig hat sie uns allen damit ein großes Erbe an literarischer Kunst hinterlassen.
All die Menschen, die ihrem Leben ein Ende setzen - sie hätten vielleicht gerettet werden können, wenn jemand bei ihnen gewesen wäre. - Ja, Jasmin! Und das ist eine andere Tragik am Suizid eines Menschen. Alles, was sie gebraucht hätten, das wäre oft eine Hand, die sie ein Stück hält auf ihrem Weg, bis sie alleine weiter gehen können.
LEBE! Heute!!!
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Jasmin
Mitglied
406 Forenbeiträge seit dem 21.11.2004
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62. Antwort - Permalink - |
Abgeschickt am: 17.06.2005 um 13:50 Uhr |
Die meisten Menschen, die sich nach dem Tod sehnen, sind klinisch gesehen depressiv. Manche sind nicht rein depressiv, sondern bipolar, was dazu führt, dass man sie oftmals nicht ernst nimmt. Man denkt, wer so hinreißend lachen kann, der ist nicht wirklich dem Tod zugewandt. Das täuscht aber. Auch eher heitere Schriftsteller wie Erich Kästner und Heinrich Heine litten an zuweilen sehr tiefer Melancholie.
Abgrundtiefe Verzweiflung kann in den Tod führen, wenn sie immer und immer wiederkehrt. Depressives Denken ist geprägt von Ideen tiefster Minderwertigkeit. Das Individuum ist davon überzeugt, dass es keine Existenzberechtigung hat und seine Umwelt vor sich selbst verschonen muss. Es hört Stimmen, die ihm einflüstern, dass es ein Nichts ist und sich deshalb vernichten muss. So schreibt Virginia auch im Abschiedsbrief an ihren Mann: Ich kann dein Leben nicht länger ruinieren.Sie stirbt, um ihn zu retten. Sie gibt ihr Leben für ihn hin.
Oftmals wird Menschen, die Hand an sich legen, vorgeworfen, dass sie egoistisch seien und nur an sich denken. Dem ist aber nicht so. Sie empfinden sich dermaßen intensiv als Störfaktoren, dass sie sich ihrer Umwelt ersparen wollen.
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Kenon
Mitglied
1482 Forenbeiträge seit dem 02.07.2001
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63. Antwort - Permalink - |
Abgeschickt am: 17.06.2005 um 14:20 Uhr |
Diese Händchenhalte-Romantik, wie sie hier angesprochen worden ist, führt zu oft zu sehr egoistischen Auswüchsen. Der, welcher seinem heftigen Helfertrieb folgt, hat natürlich nur gutes im Sinn, aber zu leicht denkt er dabei doch bloß an sich - an die Triebbefriedigung, und so kommt es dazu, dass die besten Absichten in der Zerstörung münden, da sie an den eigentlichen Bedürfnissen des Hilfeziels vorbeigehen. Helfen ist nicht pauschal "gut".
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Jasmin
Mitglied
406 Forenbeiträge seit dem 21.11.2004
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64. Antwort - Permalink - |
Abgeschickt am: 17.06.2005 um 14:27 Uhr |
So gesehen denkt jeder nur an sich. Auch der, der nicht hilft, weil er seine Ruhe haben und nicht belaestigt werden will.
Händchenhalte-Romantik - reichlich herzlos und daneben in diesem Kontext.
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Kenon
Mitglied
1482 Forenbeiträge seit dem 02.07.2001
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65. Antwort - Permalink - |
Abgeschickt am: 17.06.2005 um 14:40 Uhr |
Auch Hilfe muss kritisch und nicht nur einseitig gutgläubig betrachtet werden. Es ist leider oft der Fall, dass Hilfe die Schaffung von Abhängigkeiten zum Ziel hat, dann nämlich will sie eine Krücke werden, ohne die der, dem geholfen werden soll, nicht mehr durch das Leben gehen kann. Von so einer Abhängigkeit ist es meist nur ein kleiner Schritt bis zum tatsächlichen Missbrauch. Dieser Gefahr sollte man sich bewusst sein.
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Jasmin
Mitglied
406 Forenbeiträge seit dem 21.11.2004
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66. Antwort - Permalink - |
Abgeschickt am: 17.06.2005 um 14:51 Uhr |
Da es hier inzwischen weitgehend um das Thema Suizid und Depression geht, muss einmal klar gesagt werden, dass es nicht die Aufgabe eines [einzelnen] Menschen sein kann, in so einem Fall Hilfe zu leisten. Wenn tatsaechlich reale Suizidgefahr besteht, dann ist der Fall pathologisch und gehoert in die Haende eines Fachmanns.
Ein Freund oder Angehoeriger kann sich aber zumindest darum bemuehen, diese therapeutische Hilfe mit dem Betreffenden zu suchen.
Und manchmal hilft Ablenkung. Dass einfach jemand da ist, mit dem man reden kann. Nicht ueber das Problem, ueber irgendwas.
Schwierig ist es, wenn das soziale Netz solcher Menschen sehr klein ist und nur sehr wenige Bezugspersonen da sind. Oftmals nur eine einzige, die durch die Situation heillos ueberfordert ist.
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Kenon
Mitglied
1482 Forenbeiträge seit dem 02.07.2001
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67. Antwort - Permalink - |
Abgeschickt am: 17.06.2005 um 16:12 Uhr |
Nun, vielleicht gelingt es uns, noch einmal zum Ursprungsthema zurückzukehren.
Diese Woche habe ich in einem Buchladen tatsächlich ein Werk von Thomas Kling gefunden. Der Einband bestand aus zitronengelbem Kunststoff und steckte in einem Pappschuber - Dumont Lyrik. Wahrscheinlich muss man Gedichte heutzutage so verpacken, damit sie dem Kunden noch ins Auge fallen. Ich schlug eine Seite auf, da ging es gerade um (Hexen)Flugsalbe. Aha.
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Uve Eichler
Mitglied
103 Forenbeiträge seit dem 11.09.2003
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68. Antwort - Permalink - |
Abgeschickt am: 17.06.2005 um 16:23 Uhr |
Also ist Lyrik nur eine Sache der Aufmachung.
Schön grell wäre dann gute Lyrik.
Leider ist es notwendig in diesem Bereich zu diesen Mitteln zu greifen.
Man muss die Welt nicht verstehen, man muss sich darin nur zurechtfinden.
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Jasmin
Mitglied
406 Forenbeiträge seit dem 21.11.2004
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69. Antwort - Permalink - |
Abgeschickt am: 17.06.2005 um 21:19 Uhr |
Zitat:
Wahrscheinlich muss man Gedichte heutzutage so verpacken, damit sie dem Kunden noch ins Auge fallen.
Ja, das ist eine Möglichkeit.
Eine andere - Zirkus im Internet veranstalten, um auf seine Gedichte aufmerksam zu machen...
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