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Literaturforum: Literaturnobelpreis 2004


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Forum > Sonstiges > Literaturnobelpreis 2004
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 Thema: Literaturnobelpreis 2004
Jasmin
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50. Antwort   - Permalink - Abgeschickt am: 08.11.2005 um 00:36 Uhr

Diese Nachricht wurde von Jasmin um 00:37:52 am 08.11.2005 editiert

Zitat:

Wenn sich einem das Übel aber allerorten - beispielsweise in der Form permanent-pubertärer-aufgesetzt-asozialer "Lyrik" oder Prosa - aufdrängt, wird man nicht umhin kommen, sich mit stärkeren Mitteln dagegen zu wenden.

Ja, aber das ist ja wohl keine Kunst, sondern etwas anderes. Vielleicht Selbstverwirklichung, Selbstdarstellung oder Profilierungssucht.

Es erscheint mir wichtig, Kunst nicht zu richten, wenn sie von einer Künstlerseele stammt. Und Elfriede Jelinek hat eine Künstlerseele. In der "Klavierspielerin" ist so viel Schmerz und Leid, so viel verpasstes, verhindertes Leben. Eine Tochter, die ihrer Mutter nicht entfliehen kann. Das hat mich zutiefst berührt. Die anderen Bücher habe ich nicht gelesen, aber die "Klavierspielerin" ist ein sehr schmerzvolles Buch. Gerade wegen seiner kalten, unemotionalen Sprache. Was mich grade an Thomas Mann erinnert, der sagte, dass man vollkommen emotionslos schreiben soll, wenn man andere Menschen berühren will. Das Pathetische lasse kalt.

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Kenon
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51. Antwort   - Permalink - Abgeschickt am: 08.11.2005 um 00:45 Uhr

Diese Nachricht wurde von Arne um 00:49:28 am 08.11.2005 editiert

Zu der Jelinek sage ich besser nichts mehr, sondern widme mich dem interessanteren Teil:

Zitat:

Was mich grade an Thomas Mann erinnert, der sagte, dass man vollkommen emotionslos schreiben soll, wenn man andere Menschen berühren will.

Das kann ich bestätigen, und zwar ist es mir besonders bei Schocholows Don-Erzählungen aufgefallen. Der kalte Realismus der Schilderung ist viel wirkungsvoller als eine vorstellbare pathetisch-künstlerische Gestaltung. Pathos kann den Leser beeindrucken oder begeistern (wenn er ihm nicht generell zuwider ist), ruft aber meist eine natürliche Skepsis an der Wahrhaftigkeit bzw. möglichen Wahrhaftigkeit der Schilderung auf den Plan. Was man in seinem Wahrheitsgehalt bezweifeln muss, berührt einen schon nicht mehr so sehr.

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Jasmin
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52. Antwort   - Permalink - Abgeschickt am: 08.11.2005 um 00:51 Uhr

Zitat:

Pathos beeindruckt den Leser eher (wenn er ihm nicht generell zuwider ist), ruft aber eine natürliche Skepsis auf den Plan. Was man bezweifelt, berührt einen schon nicht mehr so sehr.

Skepsis in Bezug auf die Ehrlichkeit und Authentizitaet des Schreibenden?

Fuer mich hat Pathos auch etwas mit einem Mangel an Intelligenz und Intellektualitaet zu tun. Man denke zum Beispiel an die Wirkung von Alkohol auf das Gehirn und die Texte, die unter Alkoholeinfluss entstehen. Das ist oftmals dermassen sentimental, dass es einfach unbrauchbar ist.

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Jasmin
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53. Antwort   - Permalink - Abgeschickt am: 08.11.2005 um 00:55 Uhr

P.S. Jetzt muss ich grade an Deine Worte denken - die Sprache, die dem Verstande fern ist, ist die genaueste. Dabei meintest Du aber nicht die pathetische Sprache, oder?

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Kenon
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54. Antwort   - Permalink - Abgeschickt am: 08.11.2005 um 01:00 Uhr

Ich habe meinen Text, bevor Du ihn beantworten konntest aber nachdem Du ihn als Zitat für Deine Antwort übernommen hast, noch einmal präzisiert, vielleicht erübrigt sich Deine Frage bereits dadurch?

Zitat:

Man denke zum Beispiel an die Wirkung von Alkohol auf das Gehirn und die Texte, die unter Alkoholeinfluss entstehen. Das ist oftmals dermassen sentimental, dass es einfach unbrauchbar ist.

Vielleicht sollte man solche Texte dann besoffen lesen, um sie, sich so auf ihr Entstehungsniveau begebend, nachvollziehen zu können? (Das ist natürlich Ironie)

Durch den Gebrauch von Drogen sind sicherlich viele interessante Kunstwerke entstanden, welche die steinerne Vernunft sonst verhindert hätte.

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Kenon
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55. Antwort   - Permalink - Abgeschickt am: 08.11.2005 um 01:07 Uhr

Diese Nachricht wurde von Arne um 01:08:08 am 08.11.2005 editiert

Zitat:

P.S. Jetzt muss ich grade an Deine Worte denken - die Sprache, die dem Verstande fern ist, ist die genaueste. Dabei meintest Du aber nicht die pathetische Sprache, oder?

Die genaueste Sprache ist so genau, dass sie mit dem, was sie beschreiben will, absolut identisch, also es selbst ist. Sie hört damit auf, das zu sein, was wir unter Sprache gemeinhin verstehen. Sprache muss also immer ungenau sein, damit wir etwas verstehen. Das ist sie ohnehin.

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Jasmin
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56. Antwort   - Permalink - Abgeschickt am: 08.11.2005 um 01:07 Uhr

Zitat:

Vielleicht sollte man solche Texte dann besoffen lesen, um sie, sich so auf ihr Entstehungsniveau begebend, nachvollziehen zu können? (Das ist natürlich Ironie)

Man sollte sie am besten löschen oder sich wieder betrinken, um die Tatsache zu ertragen, dass man so einen Text verfasst hat.

Zitat:

Durch den Gebrauch von Drogen sind sicherlich viele interessante Kunstwerke entstanden, welche die steinerne Vernunft sonst verhindert hätte.

Ja, sicher. Interessant waere, Vergleiche anzustellen. Kann man das Werk eines Alkoholikers von dem eines Morphinisten unterscheiden? Ich denke ja.

Grade faellt mir eins der genialsten Gedichte der Weltliteratur ein, Kubla Khan von S.T. Coleridge. Das ist im Laudanum-Rausch entstanden. Und die Kritiker haben sich den Kopf zerbrochen, um das Gedicht zu interpretieren. Ueber 100 Interpretationen gibt es zu diesem Werk.

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Kenon
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57. Antwort   - Permalink - Abgeschickt am: 08.11.2005 um 01:19 Uhr

Diese Nachricht wurde von Arne um 01:22:53 am 08.11.2005 editiert

Zitat:

Kann man das Werk eines Alkoholikers von dem eines Morphinisten unterscheiden? Ich denke ja.

Bechers frühe Gedichte sind wohl oft im Morphiumrausch entstanden. Das erklärt dann vielleicht auch die Lebewesenwerdung von Brücken, Laternen, Gebäuden usw., insgesamt die sintflutartige Ausschüttung von Wörtern, die sonst vom nicht alterierten Bewußtsein im Zaum gehalten werden, aber sie können nicht aus dem Nichts kommen. In der Bewertung der Gedichte spielt das allerdings, so meine ich, keine Rolle. Man nimmt sie allein für das, was sie sind. Becher selbst hat diese Lebensphase später scharf verurteilt, obwohl er in ihr - meiner Meinung nach - die genialsten Schöpfungen hervorgebracht hat.

Nietzsche war es, glaube ich, der zwischen appollinischer und dionysischer Dichtung unterschied.

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Jasmin
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58. Antwort   - Permalink - Abgeschickt am: 08.11.2005 um 01:28 Uhr

Diese Nachricht wurde von Jasmin um 01:29:33 am 08.11.2005 editiert

Zitat:

...aber sie können nicht aus dem Nichts kommen. In der Bewertung der Gedichte spielt das allerdings, so meine ich, keine Rolle. Man nimmt sie allein für das, was sie sind.

In der Bewertung spielt es sicher keine Rolle, vor allem nicht in Bezug auf das subjektive Empfinden. Oder doch? Vielleicht loesen besonders drogeninduzierte Texte Angst aus bei weniger gefestigten Individuen? Ich muss gerade an Trakl denken, dessen Gedichte mich teilweise sehr bedruecken, auch wenn sie sehr schoen sind.

Zu dem "aus dem Nichts": Hier musste ich an unser Universum denken, das vielleicht auch aus dem Nichts heraus entstanden ist. Oder vielleicht auch nicht.

Gute Nacht!

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Joseph_Maronni
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59. Antwort   - Permalink - Abgeschickt am: 15.12.2007 um 18:20 Uhr

ich habe mich verliebt. ja, laestert nur, fallt ueber mich her, brandmarkt mich, es aendert nichts dran. wir sind ja hier ein literaturforum. also, wenn auch 3 jahre danach, wer es schauen moechte, der klicke nach anklicken des linkes auf "see a video...". man kann in german oder in german mit english subtitles. wollte es erst unter "lieblingsfilme" einstellen, aber das schien mir dann doch unpassend. und nun bekenne ich es, weil es so brachial aus mir rausdraengt: elfriede, solltest du dich jemals lesend, surfend, wieauchimmer hierher verirren: ich schaue es mir ein ums andre mal an. sowat von gut.

hier

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