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Literaturforum: Der BER, die Pandemie und ich


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Forum > Politik & Gesellschaft > Der BER, die Pandemie und ich
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 Thema: Der BER, die Pandemie und ich
ArnoAbendschoen
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Eröffnungsbeitrag Abgeschickt am: 17.10.2020 um 18:49 Uhr

Wie planbar ist unser Leben? Ich fürchte, gerade im Großen recht wenig. Zuletzt habe ich es in acht Jahren dreimal erlebt, wie mir rationale Zukunftsplanung durch überraschende Umstände zerschossen wurde.

Mit meinem Lebenspartner wurde Anfang der Zehnerjahre verabredet, dass wir noch einmal umziehen, wieder jeder in seine eigene Wohnung. Aus praktischen Gründen entschieden wir uns für Berlin. Ich machte den Anfang, erwarb etwas Passendes im Nordwesten der Stadt. Anfang 2012 bekam ich die Schlüssel, ließ sanieren und freute mich auf den 3. Juni 2012: geplanter Eröffnungstermin des neuen Großflughafens. Meine Bleibe lag noch in der Einflugschneise des Tegeler Airports, mit sehr hoher Lärmbelastung durch startende wie landende Flugzeuge. Hatte es vor meiner Wahl öffentlich auch nur den leisesten Zweifel am Zeitplan für den Flughafenumzug gegeben? Nein, nirgendwo.

Als sich im Sommer 2012 abzeichnete, dass Tegel noch lange in Betrieb sein würde, mussten wir umplanen. Ich konnte meinem Freund nicht zumuten, auch unter der Lärmglocke zu leben. Für ihn fanden wir etwas Ruhiges im Osten der Stadt, halbwegs zwischen Zentrum und Stadtrand gelegen. (Hier sind bis heute keine größeren Probleme aufgetreten.) Ich selbst versprach, in seiner Umgebung das nächste Dach für mich zu suchen …

… und steuerte damit in die folgende Krise. Als der Neubau mit viel Verzögerung bezugsfertig und ich eingezogen war, stellte sich rasch heraus, wie unbefriedigend die Bauqualität war. Die Baufirma, sie ist nach wie vor gut im Geschäft, nenne ich nicht. Statt mich da schwarzzuärgern …

… plante ich lieber noch einen Umzug. Ich wurde Mitglied einer Genossenschaft, sicherte mir eine bei ihr noch in Bau befindliche Wohnung. Als Einbauküche und Umzugswagen bestellt waren, kamen die ersten Coronameldungen in die Nachrichten. Sie häuften sich, dann stand der Großteil der Stadt still. Auf dem Höhepunkt der ersten Welle der Pandemie, deren Ende nicht absehbar war, hätte ich umziehen sollen. Mir waren die vielen sozialen Kontakte, verbunden mit Umzug und Vermarktung der alten Wohnung, in der Summe zu riskant. Ich machte alle Verträge mit Verlusten rückgängig. Seitdem warte ich auf bessere Zeiten und studiere den Wohnungsmarkt, nur so zu meiner Unterhaltung.

Der BER wird in diesem Herbst endlich in Betrieb gehen. Viel Freude wird man vorerst nicht an ihm haben. Der Staat – Berlin, Brandenburg und der Bund – muss die Flughafengesellschaft auf Jahre hinaus mit gigantischen Summen subventionieren. Allein für 2021 werden gut 600 Millionen Euro fällig. Kein Boden in Sicht, auch kein Fass, nur ein Loch, für Zukunft gehalten. Es drängt sich die Frage auf: Wie zukunftsfähig ist diese Welt überhaupt?

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Kenon
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1. Antwort   - Permalink - Abgeschickt am: 18.10.2020 um 00:18 Uhr

Da ist schon sehr viel Pech in Deiner Geschichte.

Ich erinnere mich, wie ich im Jahre 2008 Wohnungen besichtigte, dabei auch eine Dachwohnung in Pankow. Alle paar Minuten donnerte ein Flieger über das Haus. Der Immobilien-Makler versicherte mir, dass damit ja in wenigen Jahren Schluss sei. Im Juni 2010 hatten wir einen der ersten Flüge, die auf dem BER landen sollten. Das fand ich natürlich ziemlich cool. Ich glaube, wir landeten dann tatsächlich in Leipzig und fuhren den Rest mit der Bahn.

2020 ist ein verrücktes Jahr. Ich beschwere mich nicht, auch wenn ich einige meiner Einschränkungen gleich sehr gern aufzähle. Ich denke an die Menschen, die es wirklich schlimm getroffen hat. Was kann ich schon anführen? Ich war die letzte Woche das erste Mal seit 7 Monaten im Büro arbeiten - im aufregendsten Neubau Berlins, der sowohl innerhalb des Budgets geblieben ist als auch fristgerecht fertiggestellt wurde, aber nun kaum genutzt wird. Ich habe fast noch meinen ganzen Jahresurlaub und weiß nicht, was ich damit machen soll. Andere wurden im Frühjahr in den Zwangsurlaub geschickt. Wir haben nachgerechnet: Allein 7 Reisen in die Ukraine mussten wir dieses Jahr streichen - und der Klopapier-Wahnsinn geht auch schon wieder los. Man darf ja eigentlich gar nicht davon sprechen, weil das alles Öl ins Feuer ist. Jedes Foto, jede Erwähnung.

Ich habe heute spontan einen Steckrüben-Eintopf gekocht - mein ganzes Leben hatte ich bisher noch keine einzige Steckrübe gekauft. In meiner Kindheit gab es sie oft zu essen - in einer sehr verkochten Variante als Teil der Schulspeisung. Ich habe mich ein wenig über das Gemüse informiert - der Steckrübenwinter 1916/17 machte es in Deutschland “populär”. Etwa 800.000 Menschen sollen während der Zeit des Ersten Weltkrieges in Deutschland an Unterernährung gestorben sein - und doch ist dieses Land noch da.

Eine Zukunftsplanung scheint schwierig, man kann nur den Moment leben. Jetzt wird man sich erneut einigeln können und müssen. In fünf, sechs Monaten wird immerhin das Wetter wieder angenehmer. Das Leben ist fragil. Immer. Wir haben es früher nur nicht so genau bemerkt.

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ArnoAbendschoen
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2. Antwort   - Permalink - Abgeschickt am: 18.10.2020 um 01:50 Uhr

Danke, Kenon, für den Zuspruch. Kopf hängen lassen, das gibt´s nicht. Leben ist einmalig und daher lebenswert.

Pankow ist (war) insoweit harmlos gegen Wedding, Englisches Viertel. Und Fluglärm war viel weniger schlimm als Trittschall Baujahr 2018. Da lob ich mir sogar die Plattenbauten.

Was macht man anstelle von entgangenen Reisen? Wir waren im Sommer spontan 2 Wochen in Dessau. Sehr exotisch: Parks, Elbauen, Muldeauen. Rudimente einer einstmals reichen, schönen Stadt, im Kontrast zur DDR-Tristesse. (Ost-Berlin ist im Vergleich dazu gar nicht trist.) Bauhaus? Pro und contra möglich. Corona-Vorgaben wurden, anders als in Berlin, fast immer beachtet, bei sehr niedriger Inzidenz. Gastronomie besser als in gleich großen westdeutschen Kommunen. Phantastisch verfallen: Roßlau. Wittenberg in bedenklichem Zustand.

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Kenon
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3. Antwort   - Permalink - Abgeschickt am: 18.10.2020 um 10:39 Uhr

Das Baugewerbe ist und alt und nicht das schwierigste, dennoch werden immer wieder schon bei den Grundlagen die haarsträubendsten Fehler begangen. Handelt es sich um Wohnhäuser, dann ist der Pfusch, den ein Bauarbeiter an einem Tag veranstaltet, die Fehler, die in der Planung, gemacht wurden, oft etwas, das Menschen für viele Jahre die Lebensqualität beträchtlich mindern kann. Die Baufehler sind meist nur schwer, zumindest kostspielig wieder zu beheben. Es ist wahrlich eine Schande, was vermutlich jeder in seinem Leben schon an Baumängeln hat sehen müssen. Häuser sollten genauso verantwortungsvoll gebaut werden, wie ein Busfahrer seinen Bus, ein Pilot sein Flugzeug fliegt: Immer im Bewusstsein, dass es bei jeder Handlung letztlich um Menschenleben geht.

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