Das Buch Herz, stirb oder singe enthält eine chronologisch geordnete Auswahl von Gedichten des spanischen Dichters Juan Ramón Jiménez, die vornehmlich seiner mittleren Schaffensphase, den Jahren 1913 bis 1923, entstammen. Wie es sich für einen solchen Gedichtband gehört, verzichtet er nicht auf den Abdruck der spanischen Originalfassungen, so dass man als Leser offen wählen kann, mit welcher Fassung man sich beschäftigen möchte und auch einen Abgleich zwischen beiden vornehmen kann.
Die Übersetzungen können als gelungen bezeichnet werden, auch wenn ein Gedicht durch eine solche Übertragung immer zumindest leicht verändert wird. In "Herz, stirb oder singe" macht sich dies vor allem dadurch bemerkbar, dass die originale Satzstellung nicht immer aufrecht erhalten werden konnte und somit leichte Verschiebungen der Betonung unabwendbar wurden.
Juan Ramón Jiménez gilt mit seiner klaren, auf Reim und Versmaß verzichtenden Lyrik als Vorreiter von Féderico García Lorca und erhielt für sein literarisches Schaffen im Jahr 1956 den Nobelpreis. "Herz, stirb oder singe" ist, so meine Meinung, gut geeignet, um einen ersten Zugang zu den Werken von Jiménez zu bekommen - der Beginn einer Auseinandersetzung, die sich für jeden Lyrikfreund lohnt.
Dass das Buch mit Zeichnungen von Henri Matisse illustriert ist, halte ich für eher unnotwendig. Die Lyrik von Juan Ramón Jiménez ist eigentlich Bild genug.
Auszug aus dem Buch:
ÜBERALL TÖTEN GOLDENE PFEILE
den Sommer. Die Luft
trägt aufgelöstes Leid,
wie das Blut Gifte.
Alles - Flügel, Blüten,
Licht - geht auf Reisen.
Welch´ trauriges Scheiden!
Ins Meer mündet das Herz.
Fieberschauer und Tränen.
- Wohin geht ihr? Wo seid ihr?
Ein Fragen ist in allen Dingen.
Nichts und niemand weiß Bescheid ...
TOT
SEIN GEWICHT WURDE BESTIMMT:
Eine Schale blieb im Schlamm;
eine Schale blieb im Himmel.
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[*] Diese Rezension schrieb: Arne-Wigand Baganz (2004-06-27)
Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.