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Jerome Ferrari - Predigt auf den Untergang Roms
Buchinformation
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Ferrari, Jerome:
Predigt auf den
Untergang Roms

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(Bücher frei Haus)

Ein in eine wunderschöne Ausgabe gebetteter Weltuntergang der Edition „secession“ wird zu einem Abgesang auf eine marode Kultur und ihre Auswüchse. Vorerst ist alles ruhig in dem korsischen Dorf am anderen Ende der Welt. Das Leben ist von einem Alltag aus Monotonie. Sommer, Hitze und Jagd auf Wild gekennzeichnet, aber dann will Marie-Angèle ihre Dorfbar nicht mehr selbst führen und verpachtet sie. Nachdem die neuen Pächter mehr Schulden als Gewinn bringen, übernehmen bald die beiden Söhne des Dorfes, Matthieu und Libero, die Bar und brechen ihr Philosophiestudium im fernen Paris oder noch ferneren Städten ab. Ihre Dorfkneipe wird bald zu einem Anziehungspunkt der Jugend aus allen umliegenden Dörfern, aber es kommen nicht nur die Jungen, sondern auch die Alten und so mischen sich fröhlich die Generationen, bis die „festliche und alkoholisierte Gemeinschaft, die allen Erwartungen zum Trotz kein einziger Streit verstört“, ihren Erwartungen dann doch nicht mehr ganz entspricht.

Die Rolle von Vaseline
Eigentlich fängt die Tragödie mit den vier Kellnerinnen an, die die beiden jungen Wirte engagieren, um den Umsatz zu steigern, denn Tatsache ist, dass die meisten Gäste nur deswegen kommen, weil sie eine bestimmte Frau sehen wollen oder wenn nicht die, dann zumindest eine Kellnerin. „Ehrlichkeit sei unerlässlich an dieser Stelle“, schreibt Ferrari, „nicht nur weil sie eine beherzigenswerte Tugend an sich sei, sondern weil sie vornehmlich in etwa die Rolle von Vaseline spiele“. Bald wird die Dorfkneipe zum Schauplatz von Suffkomas und ihren Nach- und Auswirkungen und die beiden Jungs haben so viel Erfolg, dass sie sich sogar eine Pistole anschaffen müssen, nur um etwaigen Dieben klar zu machen, dass es sich nicht lohnt, es auch nur probieren. Aber dann kommen die Diebe ausgerechnet aus der Belegschaft, eine der Kellnerinnen macht auf eigene Rechnung, beklaut auch ihre Kolleginnen und so bröckelt das Zusammengehörigkeitsgefühlt. Die Idylle wird bald eingeholt von einer der bittersten Realitäten des Lebens, dass es sich nämlich rächt, mit der Dummheit der Leute reich zu werden.

Leibniz und das Philosophiestudium
„Das ist ein Scheißjob. Ein Job, wo du zum Depp wirst. Du kannst von der menschlichen Dummheit nicht leben, ich dachte es sei möglich, aber es geht nicht, du wirst dabei noch blöder als der Durchschnitt“, meint zumindest Libero, doch Matthieu will ihn nicht gehen lassen und der Widerwillige wird bald zum Pfahl im Fleische der Verbliebenen. Jerome Ferrari hat für seinen Roman 2012 den renommierten Prix Goncourt erhalten und er hat ihn nicht für den Inhalt, sehr wohl aber für die diesen Inhalt erzählende Sprache bekommen. Es scheint, als wäre der Roman in einem Durch, atemlos, erzählt, man spürt die Erregung und wie die Sätze ihre Kurven schlagen, in Sackgassen, Seitengassen, auf Hauptstraßen und Autobahnen, aber immer im vollen Tempo. Die „beste aller möglichen Welten“ lässt sich eben nicht auf Kosten anderer errichten, sondern nur dann, wenn man sein Philosophiestudium nicht abbricht, sondern fortsetzt.

JÉRÔME FERRARI
Predigt auf den Untergang Roms
(Le sermon sur la chute de Rome)
Roman
Aus dem Französischen von Christian Ruzicska
Gebunden ohne Schutzumschlag
208 Seiten
€ (D) 19.95/CHF 27.90 (UVP)/€ (A) 20.60
ISBN 978-3-905951-20-2

[*] Diese Rezension schrieb: Jürgen Weber (2013-07-16)

Hinweis: Diese Rezension spiegelt die Meinung ihres Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung von versalia.de übereinstimmen.


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