Ausgezeichnet mit dem Literaturpreis 2000
der Gemeinde Rommerskirchen
------------------------------------------------------------ --------------------
'Schwertfisch, Delphin und Löwe'
im Altstadt Verlag Rostock
3-930845-58-X
Auf den Spuren von
Ernest Hemingway und Santiago
[]... Cora hatte einmal darüber gelesen, das Ernest Hemingway im Juli 1924 eine Spanienreise zu den Stierkämpfen nach Madrid geplant hatte. Er liebte den Stierkampfsommer, wie er diese Monate nannte und verfolgte die Kämpfe mit wachsendem Interesse. Der Kampf der Naturen schien ihn zu bewegen, genauso wie der Gedanke, das Entscheidende vollbringen zu können, die Macht zu haben, über Leben und Tod. Ernest ließ keine Stierkampfarena aus und wechselte die Schauplätze von Huesca, Pamplona, Lerida ,Tarragona ,Valencia bis nach Madrid!
Er schaffte es sogar mit dem amerikanischen Stierkämpfer Sidney Franklin in Kontakt zu treten und gewann in ihm einen weiteren treuen Anhänger für seine literarischen Arbeiten .
Cora hatte stets jedes geschriebene Wort über Ernest Hemingway aufgesogen und verinnerlicht. So wusste sie, dass Ernest aus lauter Liebe zu den Kämpfen einen Bericht über den spanischen Stierkampf geschrieben hatte und etwas später sogar ein Buch. Die Spanier glaubten, das es für einen Stier keinen ehrfürchtigeren Tod gab, als im Kampf zu sterben. Ernest vertrat anfangs auch diese Meinung, empfand aber Jahre späterer die Kämpfe als sinnlos. Als er „Der Tod am Nachmittag“ schrieb, versuchte er in diesem Buch klar zumachen, dass der Stierkampf kein Sport, sondern eine Kunst ist. Das er damit nicht nur Freunde gewann, war absehbar. Er selbst hatte nie die Gelegenheit wahrgenommen, einem Stier in der Arena mutig entgegenzutreten. Ernest zog es vor, aus der Entfernung zu töten. Seine Leidenschaften waren Safaris in Afrika .
„ I love you and respect you very much. But I will kill you dead before the days end ”
Ein Zitat von Hemingway. Ob er es tatsächlich so gemeint hatte? Cora versuchte dieser Frage auf den Grund zu gehen und überlegte lange, ob sie sich einen Stierkampf von Anfang bis zum bitteren Ende ansehen könnte. Und so fasste sie sich ein Herz und fuhr, während eines Spanienurlaubs, an einem hochsommerlichen heißen Wochenende, nach Tarragona. In der Warteschlange an der Kasse ließ sie sich von den Einheimischen an den langen Kassen beraten, welche Platzkarten man wählen sollte.
Sie folgte dem Rat, eine Karten für die Schattenseite der Arena zu kaufen. So erwarb Cora sich für 4.500 Peseten ein Billet für die „ Plaza de Toros Monumental de Tarragona“ , die Stierkampfarena, in der Ernest Stiere hatte kämpfen und sterben sehen. Es war ein heißer Sonntag, ~Domingo~, im Juli und sie machte sich vertraut mit dem Gedanken, dass drei Toreros mit den Namen Fermin Bohórquez , „El Cordobez“ Manuel Diaz und „El Juli“ Julian Lopez die Stiere um ihr Leben bringen würden. Die Kampfarena wirkte sehr beeindruckend auf Cora..
Das Monument stand mitten in der Stadt, umschlungen von belebten Strassen voller Menschen. In flimmernde Hitze verbreiteten Autos mit ihren Motorengeräusch vorfreudigen Übermut. Cora wurde von den Wartenden an der Kasse ein wenig mitgerissen, in einem Taumel von angespannter Erwartung, obwohl ihre Erwartungen von vorsichtiger Natur waren. Sie suchte den Eingang der Arena, lief die steinernen Treppen empor und orientierte sich an den vielen anderen Besuchern, die im gemauerten Gewölbe entlang gingen, bis sie endlich ihren Sitzplatz erreicht hatte.
Der erste Blick in die Arena war phänomenal. Beeindruckt hielt sich Cora am gusseisernen Geländer fest und blickte gebannt in den Innenraum. Das Zentrum war ein großer runder Sandplatz, auf dem mit Kreidestrichen mehrere kreisrunde Markierungen gezogen waren. Rote Holzbarrieren sollten die Besucher vor den Stieren schützen. Sie waren im Bogen um den Sandplatz gebaut , dass sich die Stierkämpfer jederzeit dem tobenden Stier entziehen konnten. Hinter den gekennzeichneten Barrieren saßen die Zuschauer. Die meisten Spanier trugen hellblaue Hemden und hielten weiße Taschentücher in den Händen, um ihrem Gefallen an dem Kampf durch Winken Ausdruck zu geben. Frauen, teilweise mit Kindern, saßen neben ihren Männern und fächerten sich, trotz des Schattenplatzes, mit ihren typischen buntbedruckten Fächern kalte Luft zu.
Hinter den Sitzreihen erkannte Cora noch zwei Emporen, wo sich die Menschen an die Geländer drängten, um im Stehen die Kämpfe zu verfolgen. Die großen freigemauerten Fensterbögen, die die Arena umrahmten, trugen keine Glasscheiben, so das man kaum die Möglichkeit hatte, sich der eingefangene Stimmung von den begeisterten Besucher zu entziehen. Hinter der Arena, entdeckte sie die Häuser Tarragonas, die um den Stierkampfplatz gebaut waren. Viele Menschen drängelten sich auf den Balkonen, um auch einen freien Blick in die Arena werfen zu können. Diese Stierkampfbesucher hatten weiße Bettlaken an ihre Fenster gehängt und setzten damit für ihre Begeisterung ein Zeichen. Cora staunte über diese rege Begeisterung. Sie blickte zu dem Eingang der Arena und erkannt eine Loge, in der der Bürgermeister Tarragonas Platz genommen hatte.
Ein Raunen ging durch die Menge und der Ruf nach dem ersten Stier wurde lauter. Cora wunderte sich darüber, dass so viele Einheimische diesem Spektakel beiwohnten, denn die typischen Spanien-Urlauber waren kaum auszumachen. Sie lauschte den vielen spanischen Wortfetzen, die zu ihr durchdrangen und setzte sich schließlich neben einen älteren Spanier, der sie herzlichst begrüßte und vor Freude nur so sprühte, auf ihren Platz.
Ihr Blick streifte den Himmel, der genauso blau schien, wie die Hemden der Männer.
„ Ist heute ein guter Tag zu sterben?“ ...[]
© Silke Klaassen- Boehlke
------------------------------------------------------------ ------
Heiligabend 2002 wurde folgendes Gedicht
live in einer Sondersendung des "Sprachlabors"
bei Radio Göttingen von Dr. Dieter Porth vorgetragen.
------------------------------------------------------------ --------------------
Meine Natur
Schwerfällig wiegt die Flut in mir
Ich ächze wie ein altes Boot
Ich kreische wie eine heisere Möwe
In mir kocht die kalte Wut
Mein Sturm peitscht die Wolken auseinander
Meine Blätter tanzen hysterisch einen Reigen
Mein wütendes Heulen jammert durch das Gebälk.
Mit jeder Faser meines Körpers genieße ich
Das Aufbegehren meiner Natur
Ich pfeife wie das Schilf
Meine endlose, wehmütige Melodie
In die Nacht, bis ich erwach.
© Silke Klaassen- Boehlke