Ihre Augen schauten wirr ins Leere, als ob sie etwas suchen würde.
Dann verlor sich ihr Blick an der weißen Wand.
„Schauen Sie nur, sie hat Sie erkannt!“, versicherte mir ihre Mutter, während sie eine Waschschüssel mit warmen Wasser heranschleppte.
„Ich glaube, sie mag Sie“.
Dann begannen wir, Eva zu waschen.
Es war immer dieselbe, schmerzhafte Prozedur.
Evas Finger waren durch Kontrakturen so versteift, dass man sie nur mit größter Mühe auseinander bekam, um die Handinnenflächen zu reinigen.
Bei jeder Drehung verzog sie ihr Gesicht vor Schmerz und ihre Beine verharrten in einer unnatürlichen Körperhaltung, aus der sie nichts auf der Welt befreien vermochte.
Es war ein fast einstündiges Ritual, bei dem ihrer Mutter die Rolle der Zeremonienmeisterin zukam, die streng über den genauen Ablauf wachte.
Dabei redete sie unentwegt auf Eva ein und erwartete auch vom Pflegepersonal,dass man sich eingehend mit ihr unterhielt.
"Morgen kommt der Friseur und der Krankengymnast ins Haus, das wird ein anstrengender Tag, nicht wahr Eva?
Eigentlich wollten wir ja morgen duschen, aber das bekommen wir dann zeitlich nicht hin.
Oder meinst Du, wir sollten den Pflegedienst fragen
ob er morgen früher kommen kann?
Jetzt ist der Herr Blumenau doch gerade da, da können wir doch gleich fragen, wie findest Du das?“.
Ich antwortete dann für Eva, so dass sich bei jedem der langen Pflegeinsätze ein angeregter Dialog ergab, in dessen Verlauf sie scheinbar involviert war.
„Das ist kein Problem, das kriegen wir hin, Eva.“
Es waren merkwürdige Gespräche und jedes Mal wenn ich anschließend das Haus verließ, fühlte ich eine bedrückende Leere in mir.
Ich habe dann immer geraucht.
Im Wagen drehte ich die Musik laut auf und fuhr wesentlich schneller, als sonst.
Ich weiß nicht mehr, ob es geholfen hat.
Dabei habe ich mir immer eine Frage gestellt:
Was bleibt Eva von dieser Welt?
Geräusche ohne Bedeutung, Bewegung ohne Grund, reduziert auf das Sein.
Periphere Nerven senden Hilferufe an die Schaltzentrale.
Das Gehirn sagt, Schmerz, Kälte, Wärme, Stress und reagiert, mehr nicht.
Ihm bleibt nur noch das Wesentliche.
Atmung, Herzschlag, Stoffwechsel, die Medulla oblongata kennt keine Gnade.
Leben beugt sich störrischer Biologie
Das System Eva funktioniert mit dumpfen Impulsen.
Genauso monoton und erbarmungslos, wie das Ticken der riesigen Standuhr, in der dunklen Ecke des Altbauwohnzimmers, wo sich ihr Pflegebett befand.
Mit der Sondenkost, die wir ihr über die Bauchdecke verabreichten, konnten wir sogar ihre Verdauung pünktlich vorher planen.
Temperaturkurven zeigen Eisprung und Menstruation an,
dann bringen die Schwestern Binden mit.
Alles wird geplant, erfasst, durchgeführt, dokumentiert, verordnet und alles wird von ihr ertragen.
Man weiß so viel über Eva.
Nur eins weiß man nicht.
Träumt Eva?
Ich würde es ihr wünschen.
Dann verlor sich ihr Blick an der weißen Wand.
„Schauen Sie nur, sie hat Sie erkannt!“, versicherte mir ihre Mutter, während sie eine Waschschüssel mit warmen Wasser heranschleppte.
„Ich glaube, sie mag Sie“.
Dann begannen wir, Eva zu waschen.
Es war immer dieselbe, schmerzhafte Prozedur.
Evas Finger waren durch Kontrakturen so versteift, dass man sie nur mit größter Mühe auseinander bekam, um die Handinnenflächen zu reinigen.
Bei jeder Drehung verzog sie ihr Gesicht vor Schmerz und ihre Beine verharrten in einer unnatürlichen Körperhaltung, aus der sie nichts auf der Welt befreien vermochte.
Es war ein fast einstündiges Ritual, bei dem ihrer Mutter die Rolle der Zeremonienmeisterin zukam, die streng über den genauen Ablauf wachte.
Dabei redete sie unentwegt auf Eva ein und erwartete auch vom Pflegepersonal,dass man sich eingehend mit ihr unterhielt.
"Morgen kommt der Friseur und der Krankengymnast ins Haus, das wird ein anstrengender Tag, nicht wahr Eva?
Eigentlich wollten wir ja morgen duschen, aber das bekommen wir dann zeitlich nicht hin.
Oder meinst Du, wir sollten den Pflegedienst fragen
ob er morgen früher kommen kann?
Jetzt ist der Herr Blumenau doch gerade da, da können wir doch gleich fragen, wie findest Du das?“.
Ich antwortete dann für Eva, so dass sich bei jedem der langen Pflegeinsätze ein angeregter Dialog ergab, in dessen Verlauf sie scheinbar involviert war.
„Das ist kein Problem, das kriegen wir hin, Eva.“
Es waren merkwürdige Gespräche und jedes Mal wenn ich anschließend das Haus verließ, fühlte ich eine bedrückende Leere in mir.
Ich habe dann immer geraucht.
Im Wagen drehte ich die Musik laut auf und fuhr wesentlich schneller, als sonst.
Ich weiß nicht mehr, ob es geholfen hat.
Dabei habe ich mir immer eine Frage gestellt:
Was bleibt Eva von dieser Welt?
Geräusche ohne Bedeutung, Bewegung ohne Grund, reduziert auf das Sein.
Periphere Nerven senden Hilferufe an die Schaltzentrale.
Das Gehirn sagt, Schmerz, Kälte, Wärme, Stress und reagiert, mehr nicht.
Ihm bleibt nur noch das Wesentliche.
Atmung, Herzschlag, Stoffwechsel, die Medulla oblongata kennt keine Gnade.
Leben beugt sich störrischer Biologie
Das System Eva funktioniert mit dumpfen Impulsen.
Genauso monoton und erbarmungslos, wie das Ticken der riesigen Standuhr, in der dunklen Ecke des Altbauwohnzimmers, wo sich ihr Pflegebett befand.
Mit der Sondenkost, die wir ihr über die Bauchdecke verabreichten, konnten wir sogar ihre Verdauung pünktlich vorher planen.
Temperaturkurven zeigen Eisprung und Menstruation an,
dann bringen die Schwestern Binden mit.
Alles wird geplant, erfasst, durchgeführt, dokumentiert, verordnet und alles wird von ihr ertragen.
Man weiß so viel über Eva.
Nur eins weiß man nicht.
Träumt Eva?
Ich würde es ihr wünschen.