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Ein spätes Danke
Autor: Stefan F. · Rubrik:
Erzählungen

Ein spätes Danke

Ich möchte dir von einer Frau erzählen.
Eine Frau, an die ich jahrelang nicht gedacht habe. Wir haben uns mal geliebt. Nun saß ich eines Abends – es ist schon ein paar Monate her – über meinen Recherchen für die ich mich an Früher erinnern musste. Da war sie wieder in meinem Kopf. Und woanders.
Oh, sie war nicht immer einfach, das nicht. Aber sie war ehrlich und immer fair. Sie war – oder besser: ist – eine Powerfrau, die weiß, was sie will. Sie steckt sich Ziele und seien sie auch noch so hoch, sie tut alles, um sie zu erreichen. Falls diese Frau mal mit dem Strom schwimmt, dann nur, weil der Strom zufällig in dieselbe Richtung fließt.
Ich habe damals von mir selbst nicht viel gehalten und mich laufend gefragt, was so eine klasse Frau an einem Typen wie mir findet. Ich dachte, ich wäre nicht gut genug für sie und ich müsste mich anstrengen, besser sein, um sie zu halten. Dabei verkrampfte ich innerlich und sah ohnmächtig zu, wie ich alles nur noch schlimmer machte. Sie wies mich so oft darauf hin, doch ich verstand nicht. Heute weiß ich, wäre ich bloß ich selbst geblieben, wären viele Dinge anders gelaufen.
Mit dieser Frau hatte ich zum ersten Mal in meinem Leben das Gefühl, wirklich glücklich und zufrieden zu sein. Dabei war es bei weitem nicht immer eitel Sonnenschein.
An manchen Tagen suchte sie regelrecht nach Streit. Sie brauchte ihn, um sich Luft zu machen. Ich dagegen wollte nie streiten. Ich wollte ihr alles Recht machen. Ich hatte viel zu viel Angst, sie zu verlieren. Ich sah damals nicht, dass dieses Verhalten genau das war, das sie nicht wollte.
Aber zugegeben: Manchmal brachte sie mich mit ihrer zickigen Rechthaberei zur Weißglut. Oh ja, sie war manchmal eine Bilderbuchzicke. Und wenn sie nicht gleich Recht bekam, so baute sie die abstracktesten und verwinkeltsten Theoriegebilde, nur um doch irgendwie Recht zu behalten. Wenn sie behauptet hätte, der Himmel sei grün, so fand sie einen Weg zu erklären, dass Milliarden von Menschen falsch lägen und blau sowieso total überschätzt werden würde. Wie süß ich das damals fand, hab ich ihr nie gesagt.
Und ich hab ihr auch nie gedankt.
Ich konnte mich immer auf sie verlassen. Egal, was für Probleme oder Ärger wir miteinander hatten, ich wusste: Mit dieser Frau kann man Pferde stehlen.
Sie war für mich da in meinen dunkelsten Stunden.
Sie stützte und tröstete mich, als ich vor den Trümmern meiner Kindheit stand. Ich war am Boden zerstört, aber sie stand mir zur Seite. Sie half mir wieder auf die Beine und zeigte mir den Weg, den ich nicht mehr erkennen konnte. Das werde ich ihr nie vergessen.
Und leider hab ich ihr nie dafür gedankt.
Ich werde nie schlecht über sie reden, denn was sie in jenen Tagen für mich getan hat, hat bisher niemand sonst für mich getan. Und wenn ich könnte, würde ich mich nach all den Jahren noch bei ihr revangieren.
Ich will sie hier nicht in den Himmel loben, sie ist keine Überfrau. Sie ist eine ganz normale Frau mit all den kleinen und großen Macken. Aber sie kann auch weit über sich hinaus wachsen.

Wie schon gesagt, das alles ist Jahre her. Das Leben führte uns auf verschiedene Wege und wir verloren uns aus den Augen. Ich weiß nicht, was sie jetzt macht oder wo sie lebt.

Ich schreibe hier nichts über ihr Aussehen. Diese Oberflächlichkeiten können andere erledigen. Auch bleibt ihr Name hier ungenannt. Wenn du sie kennst, weißt du, wen ich meine.
Bleibt mir nur noch, ihr ein erfolgreiches und glückliches Leben zu wünschen.
Und, ach ja:
Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag.


Einstell-Datum: 2008-01-09

Hinweis: Dieser Artikel spiegelt die Meinung seines Verfassers wider und muss nicht zwingend mit der Meinung der Betreiber von versalia.de übereinstimmen.

Bewertung: 3.333.333.333.33 (3 Stimmen)

 

Kommentare


Das ist baerchen
Kommentar # 1: Schön.
Autor: baerchen, 18.01.2008 um 06:20 Uhr


Gefällig ge- und beschrieben, angenehm zu lesen und ich kenne jemanden, die (nicht ´der´) am Einstell-Datum des Textes Geburtstag hat. ;-)

Grüße, b.



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