Ein Tag Pe Be
Sie sitzen vor ihrer Stammkneipe. Zumindest um diese Uhrzeit ist es eine solche und nicht mehr als Cafe zu bezeichnen. Sie sitzen draußen auf den etwas wackligen unbequemen Holzbänken, fast auf dem Gehsteig, es ist endlich warm geworden. Der belebte Straßenverkehr, die Fußgänger, Radfahrer, Motorradfahrer, Autos und Straßenbahnen zur Kreuzung werden durch eine Hollywoodschaukel abgegrenzt. Sie sieht gemütlich, aber instabil aus und ist ungeeignet, wenn man etwas essen möchte. Sie rauchen. Das ist seit Jahresbeginn in Berlin meist nur noch draußen möglich. Vor ein paar Wochen lagen auf den rustikalen Tischen noch grellgelbe ordentlich zusammengefaltete Decken aus Nylon oder einem vergleichbaren Plaste und Elaste Material zwecks Wärmung der verfrorenen Raucher aus, die allerdings auch bei Minusgraden ihre Jacke in der Kneipe zurückließen, hastig im Stehen vor dem Eingang rauchten und die Decken ignorierten. Jetzt steht auf jedem Tisch eine mit Wasser aufgefüllte Flasche Flensburger, in der eine einzelne Blume steckt.
Während sie auf das Essen warten, schauen sie auf das Leben auf der Straße. Überwiegend junge Leute sind hier unterwegs, viele Mütter und Väter mit kleinen Kindern. Die Gegend soll familienfreundlich sein. Manche Eltern haben außer Rucksäcken und Kinderwagen noch Roller und Bobbycars dabei und kommen nur langsam voran. Mehrmals kommen hochschwangere Frauen vorbei. Ab der dritten oder vierten fangen sie an, sie zu zählen und am Ende des Tages sind sie bei dreizehn. Seltsam gekleidete Menschen eilen hastig vorüber. Ein muskulöser Mann im schwarzen Top mit Glatze, aber einer Menge Piercings im Gesicht und Ohrringen. Eine sehr dicke Schwarze mit großem lila Turban auf dem Kopf und buntem geblümten sackartigem Umhang. Ein Mann mit langem Pferdeschwanz zieht sich seine Badelatschen aus und geht barfuß weiter. Einige hier verbringen ihre Zeit im schnellen Berlin eher langsam. Mehrere Obdachlose, teilweise mit Plastiktüten behängt oder einen Rentnerporsche vor sich herschiebend, schlurfen gemächlich vorbei. Sie sehen verwahrlost und ungepflegt aus und einer von ihnen ist auf mehrere Meter Entfernung deutlich zu riechen. Eine junge Frau kommt an ihren Tisch und möchte einen "Straßenfeger", die Zeitung der Berliner Obdachlosen, verkaufen. Als sie ablehnen, verabschiedet sie sich höflich. Viel Zeit hat auch der Mann, der neuerdings dicht an der nahen Stargarderstrasse apathisch in einem einfachen Plastikklappstuhl sitzt und mit unbewegtem Gesicht seine Augen immerfort auf den gleichen Punkt auf der Strasse richtet.
Nach dem Essen, wie immer vom Preis-Leistungsverhältnis her stimmig, schlendern sie über Kopfsteinpflaster Richtung Helmholtzplatz. Rechts und links Altbauten, überwiegend saniert, aber einige auch noch im unveränderten DDR-Zustand. Der einzige Unterschied zu früher ist, dass grünes Unkraut sich seinen Weg aus Dächern und abgeblättertem Mauerwerk ins Freie erkämpft hat und Sprayer sich farbenprächtig an den Wänden verewigt haben. Im Erdgeschoss der Häuser sind viele Cafes, Kneipen und kleine Läden. Der Gehsteig ist manchmal kaum passierbar, überall sind Tische und Stühle aufgestellt. Sie gehen an einer Second Hand Bäckerei vorbei, die ausweislich ihrer Beschilderung ausschließlich Waren vom Vortag günstig verkauft. Allerdings ist ein Rollo heruntergelassen und der Laden wirkt von außen, als ob ihn schon länger niemand mehr betreten hat. Dies ist nicht ungewöhnlich. Insbesondere Kneipen öffnen und schließen schnell hier. Vor dem Eingang eines Hauses steht ein altes abgenutztes Sofa. Ein Mann mit geschlossenen Augen und ernstem Gesichtsausdruck sitzt entspannt mit ausgestreckten Beinen darauf. Er trägt eine Nickelbrille und wirkt intellektuell. Er gehört zu den vielen hier ansässigen Dichtern und Denkern. Meist Schriftsteller und Künstler. Geld verdienen sie oft mit irgendwelchen anderen Tätigkeiten. Am Helmholtzplatz sind Kinder und Gruppen von Jugendlichen versammelt. Sie toben, spielen Fußball oder trinken Bier. Irgendwo in einem der umliegenden Häuser wurde der Film "Sommer vorm Balkon" gedreht.
Den Sommer hatten sie ein paar Stunden zuvor bereits auf dem Dach des Parkdecks an der Schönhauser Allee erlebt. Die Strandbar hat wieder geöffnet. Nach anstrengendem Aufstieg im kahlen Treppenhaus gelangt man im siebten Stock abrupt in den Süden. Aufgeschütteter Sand, bequeme Liegestühle, eine kleine Bar mit allem, was das Herz an alkoholischen und nichtalkoholischen Getränken begehrt und ruhige Musik aus den im Sand liegenden Boxen. Phil Collins "In the air tonight" unter strahlend blauem Himmel mit weißen Schäfchenwolken und ein gut definierter Caipirinha - perfektes Chillen. Keiner der hier anwesenden jüngeren Gäste, wahrscheinlich überwiegend Studenten, würde es Entspannen oder Ausruhen nennen. Fast wähnt man sich auf den Balearen oder Kanaren, aber statt dem Blick auf`s Meer und Wellenrauschen gibt es die Spitze der Gethsemanekirche zu sehen und Geräusche der nahe gelegenen S-Bahn. Mitten in Berlin, in Berlin Mitte Prenzlauer Berg, Prenzl Berg oder PB, wie manche Einheimischen und Zugereisten sagen.
Sie sitzen vor ihrer Stammkneipe. Zumindest um diese Uhrzeit ist es eine solche und nicht mehr als Cafe zu bezeichnen. Sie sitzen draußen auf den etwas wackligen unbequemen Holzbänken, fast auf dem Gehsteig, es ist endlich warm geworden. Der belebte Straßenverkehr, die Fußgänger, Radfahrer, Motorradfahrer, Autos und Straßenbahnen zur Kreuzung werden durch eine Hollywoodschaukel abgegrenzt. Sie sieht gemütlich, aber instabil aus und ist ungeeignet, wenn man etwas essen möchte. Sie rauchen. Das ist seit Jahresbeginn in Berlin meist nur noch draußen möglich. Vor ein paar Wochen lagen auf den rustikalen Tischen noch grellgelbe ordentlich zusammengefaltete Decken aus Nylon oder einem vergleichbaren Plaste und Elaste Material zwecks Wärmung der verfrorenen Raucher aus, die allerdings auch bei Minusgraden ihre Jacke in der Kneipe zurückließen, hastig im Stehen vor dem Eingang rauchten und die Decken ignorierten. Jetzt steht auf jedem Tisch eine mit Wasser aufgefüllte Flasche Flensburger, in der eine einzelne Blume steckt.
Während sie auf das Essen warten, schauen sie auf das Leben auf der Straße. Überwiegend junge Leute sind hier unterwegs, viele Mütter und Väter mit kleinen Kindern. Die Gegend soll familienfreundlich sein. Manche Eltern haben außer Rucksäcken und Kinderwagen noch Roller und Bobbycars dabei und kommen nur langsam voran. Mehrmals kommen hochschwangere Frauen vorbei. Ab der dritten oder vierten fangen sie an, sie zu zählen und am Ende des Tages sind sie bei dreizehn. Seltsam gekleidete Menschen eilen hastig vorüber. Ein muskulöser Mann im schwarzen Top mit Glatze, aber einer Menge Piercings im Gesicht und Ohrringen. Eine sehr dicke Schwarze mit großem lila Turban auf dem Kopf und buntem geblümten sackartigem Umhang. Ein Mann mit langem Pferdeschwanz zieht sich seine Badelatschen aus und geht barfuß weiter. Einige hier verbringen ihre Zeit im schnellen Berlin eher langsam. Mehrere Obdachlose, teilweise mit Plastiktüten behängt oder einen Rentnerporsche vor sich herschiebend, schlurfen gemächlich vorbei. Sie sehen verwahrlost und ungepflegt aus und einer von ihnen ist auf mehrere Meter Entfernung deutlich zu riechen. Eine junge Frau kommt an ihren Tisch und möchte einen "Straßenfeger", die Zeitung der Berliner Obdachlosen, verkaufen. Als sie ablehnen, verabschiedet sie sich höflich. Viel Zeit hat auch der Mann, der neuerdings dicht an der nahen Stargarderstrasse apathisch in einem einfachen Plastikklappstuhl sitzt und mit unbewegtem Gesicht seine Augen immerfort auf den gleichen Punkt auf der Strasse richtet.
Nach dem Essen, wie immer vom Preis-Leistungsverhältnis her stimmig, schlendern sie über Kopfsteinpflaster Richtung Helmholtzplatz. Rechts und links Altbauten, überwiegend saniert, aber einige auch noch im unveränderten DDR-Zustand. Der einzige Unterschied zu früher ist, dass grünes Unkraut sich seinen Weg aus Dächern und abgeblättertem Mauerwerk ins Freie erkämpft hat und Sprayer sich farbenprächtig an den Wänden verewigt haben. Im Erdgeschoss der Häuser sind viele Cafes, Kneipen und kleine Läden. Der Gehsteig ist manchmal kaum passierbar, überall sind Tische und Stühle aufgestellt. Sie gehen an einer Second Hand Bäckerei vorbei, die ausweislich ihrer Beschilderung ausschließlich Waren vom Vortag günstig verkauft. Allerdings ist ein Rollo heruntergelassen und der Laden wirkt von außen, als ob ihn schon länger niemand mehr betreten hat. Dies ist nicht ungewöhnlich. Insbesondere Kneipen öffnen und schließen schnell hier. Vor dem Eingang eines Hauses steht ein altes abgenutztes Sofa. Ein Mann mit geschlossenen Augen und ernstem Gesichtsausdruck sitzt entspannt mit ausgestreckten Beinen darauf. Er trägt eine Nickelbrille und wirkt intellektuell. Er gehört zu den vielen hier ansässigen Dichtern und Denkern. Meist Schriftsteller und Künstler. Geld verdienen sie oft mit irgendwelchen anderen Tätigkeiten. Am Helmholtzplatz sind Kinder und Gruppen von Jugendlichen versammelt. Sie toben, spielen Fußball oder trinken Bier. Irgendwo in einem der umliegenden Häuser wurde der Film "Sommer vorm Balkon" gedreht.
Den Sommer hatten sie ein paar Stunden zuvor bereits auf dem Dach des Parkdecks an der Schönhauser Allee erlebt. Die Strandbar hat wieder geöffnet. Nach anstrengendem Aufstieg im kahlen Treppenhaus gelangt man im siebten Stock abrupt in den Süden. Aufgeschütteter Sand, bequeme Liegestühle, eine kleine Bar mit allem, was das Herz an alkoholischen und nichtalkoholischen Getränken begehrt und ruhige Musik aus den im Sand liegenden Boxen. Phil Collins "In the air tonight" unter strahlend blauem Himmel mit weißen Schäfchenwolken und ein gut definierter Caipirinha - perfektes Chillen. Keiner der hier anwesenden jüngeren Gäste, wahrscheinlich überwiegend Studenten, würde es Entspannen oder Ausruhen nennen. Fast wähnt man sich auf den Balearen oder Kanaren, aber statt dem Blick auf`s Meer und Wellenrauschen gibt es die Spitze der Gethsemanekirche zu sehen und Geräusche der nahe gelegenen S-Bahn. Mitten in Berlin, in Berlin Mitte Prenzlauer Berg, Prenzl Berg oder PB, wie manche Einheimischen und Zugereisten sagen.