- versalia.de
-- Medienkritik & Kommunikation
--- Runter mit dem Rundfunkbeitrag
Kenon - 05.08.2021 um 19:31 Uhr
Um die Jahrtausendwende: Ich war jung und arm, verachtete Funk und Fernsehen, Gott und die Welt, liebte Gitarren, Bücher und CDs. Ich studierte, lebte auf etwa 14 Quadratmetern in einem fürchterlichen Betonmonster, aus dem sich hin und wieder – so erzählte man es sich – Studenten in den Tod stürzten. Irgendwann klingelten sie auch bei mir, das war ja von vornherein klar: Irgendwann mussten sie auch bei mir klingeln. Da ich zwar keine Antenne besaß, mein Verstärker aber eine Radioeinheit enthielt, wollte der Staat auch von mir Geld eintreiben, zumindest für das Radio, was ich nicht benutzte, nicht hörte. Ich fügte mich, ich zahlte. Ich zog einige Male um, lebte sehr prekär, aß eine Zeit lang fast ausschließlich aus Dosen von Aldi, schaute nie Fernsehen, hörte nie Radio. Die GEZ hatte ich vergessen, ihre mahnenden Briefe erreichten mich nicht mehr. Irgendwann, nach vielen Monaten, machten sie mich jedoch wieder ausfindig und forderten frech eine beträchtliche Summe, obwohl ich ja nie eine Leistung des Staatsfunks genossen hatte. Sie drohten mir mit schlimmen Strafen. Natürlich hat mich das geprägt. Auch wenn mir der Rundfunkbeitrag heute nicht mehr finanziell weh tut – die Inhalte tun es oft um so mehr. Es ist Zeit für eine Reform, eine drastische Fastenkur des ÖRR.
ArnoAbendschoen - 05.08.2021 um 20:58 Uhr
Meine Meinung: grundlegende Reform ja, aber sie sollte nicht die Pflichtrundfunkgebühr abschaffen, mit der ja insgesamt überwiegend Nützliches geschaffen wird. Reformbedürftig scheinen mir eher die Gremien und Verantwortlichkeiten, z.B. die Zusammensetzung der Rundfunkräte. Ebenso sollte der Inhalt des maßgeblichen journalistischen Ethos klarer fixiert sein und dann auch im Alltag beachtet werden. Stichworte: Objektivität und Neutralität.
Deine Erinnerung deckt sich zum Teil mit einer von mir. Ich erwarb und nutzte ein TV-Gerät erst mit Mitte vierzig. Schon mit Mitte zwanzig machte ich mich als vermeintlicher Schwarzseher verdächtig. Der Kontrolleur klingelte, als ich in der Badewanne saß und nicht sofort aus dieser heraussprang - hoch verdächtig! Tropfnass begleitete ich den Herrn dann durch meine kleine Wohnung, sah, wie er in allen Winkeln und hinter den Vorhängen nach einem versteckten Gerät fahndete und dann unbefriedigt und nicht von meiner Unschuld überzeugt abzog. Es war sehr komisch.
Kenon - 05.08.2021 um 22:58 Uhr
Mit GEZ-Anekdoten könnte man wahrscheinlich Bibliotheken füllen; zum Glück ist immerhin das schnüffelnde Belästigungswesen eingestellt worden, allerdings finde ich schon, dass man eine Abstufung nach Einkommen vornehmen sollte, wenn es um den Rundfunkbeitrag geht. Auf jeden Fall Danke für Deine amüsante Badewannengeschichte.
Ich habe den Titel geändert: “Runter” anstatt “Nieder”, weil ja “Nieder” auch als “Weg” interpretiert werden kann, was nicht in meiner Absicht lag; daher volle Zustimmung zu dem von Dir Gesagten.
URL: https://www.versalia.de/forum/beitrag.php?board=v_forum&thread=6259
© 2001-2024 by Arne-Wigand Baganz //
versalia.de