ArnoAbendschoen - 31.03.2021 um 21:44 Uhr Eine Grundregel guten Schreibens wie Redens ist die, den jeweiligen Sachverhalt so genau wie möglich auszudrücken. Bieten sich mehrere Begriffe an, liegt es nahe, den treffendsten zu verwenden. Es erscheint zunächst paradox, dass die Gendersprache sich gerade hier versündigt, sie, die doch angeblich der Vielfalt zu ihrem Recht verhelfen will. Um jedoch die von ihr erst geschaffenen Probleme zu bewältigen, neigt sie zunehmend dazu, konkrete Bezeichnungen für Gruppen von Individuen durch allgemeine Sammelbegriffe zu ersetzen. Man achte mal darauf, wie oft jetzt in deutschen Texten und Reden von „Menschen“ die Rede ist. Bürger? Einwohner? Passanten? Um sich die lästige Verdoppelung mit –innen zu ersparen, wird die Sprache radikal vereinfacht: Wir sind alle nur noch Menschen.
Ein anschauliches Beispiel dafür lieferte gerade die Verteidigungsministerin, heute dienstlich in Sachsen unterwegs. Es ging um die militärische Nachnutzung eines Tagebaus in der Lausitz. Kramp-Karrenbauer dazu: „Es kommen tausend Menschen nach Boxberg.“ Gemeint sind allerdings Soldaten, und da diese häufig Familienangehörige mitbringen, werden es am Ende weit mehr als eintausend sein. Gut für die Lausitz, schlecht für die Sprache. Und wir haben eine Verteidigungsministerin, die in der Öffentlichkeit das Wort Soldaten lieber vermeidet.
In den MDR-Fernsehnachrichten um 19.30 Uhr war korrekt von Soldaten die Rede. In der Online-Version wird daraus dann „1000 Angehörige der Bundeswehr“. Das ist holprige Sprache und sachlich wiederum ungenau. Denn zu dem Truppenverband von eintausend Soldaten dürften noch zivile Kräfte kommen, nicht nur aus der Region.
Die Gendersprache opfert hier die Möglichkeiten exakter, differenzierender Bezeichnung. So kommt sie allerdings aus ihrer Sackgasse nicht heraus.
Kenon - 01.04.2021 um 00:46 Uhr Wenn sie mit falscher Grammatik, Suffixen, Großbuchstaben innerhalb von Worten, Doppelpunkten, Sternchen & Co. operiert, nenne ich die Kommunikation verkomplizierende Gendersprache mittlerweile schlicht formkrank: Die formkranke Gendersprache. Die andere Tendenz, alle Personenbezeichnungen auf geschlechtsneutrale und extrem generische Begriffe wie “Menschen” (demnächst dann nur noch “Lebewesen”) zu reduzieren, war mir vor einigen Wochen schon einmal in einem Tagesschau-Beitrag aufgefallen. Vielleicht ist es ein erster Schritt der Besserung, welcher allerdings – wie Du schriebst – noch immer in einer Sackgasse stattfindet, weil hier ja Sprache künstlich verarmt wird und damit Aussagen in ihr unspezifisch, undeutlich gemacht werden – ein Kniefall vor dem repressiven Zeitgeist, der die Gerechtigkeit nur wie ein Narrenkostüm über seiner jakobinischen Henkersgestalt trägt. Wie geht es weiter? Der Geist ist aus der Flasche und wird so schnell nicht in sie zurückkehren (“Die deutsche Sprache versteckt Frauen besser als eine Burka” – Luise Pusch 🤣). Wir leben nach wie vor im materiellen Überfluss, auch deswegen gibt es Bullshit Studies und Bullshit Jobs. Es ist einfach extrem lästig, alles verschwendete Energie, aber es gibt kein Entkommen. Der ganze Wahnsinn kann einen täglich tiefer in die Reaktion treiben.
Zitat:
Teils zögen Dozenten aber sogar dann Punkte ab, wenn in Fußnoten darauf hingewiesen werde, dass zwar das generische Maskulin(um) verwendet wird, damit aber alle Geschlechter gemeint seien.