Ich finde die Begriffe “inklusive” bzw. “geschlechtergerechte” Sprache an sich bereits problematisch; sie sind nicht unbedingt toxisch, aber auf jeden Fall entzweiend, so, wie das ganze Projekt der Gendersprache ein absolut entzweiendes, spalterisches ist:
Wo es vorher eine Sprache für alle gab, die zwar nicht perfekt war aber doch sehr gut funktioniert hat, gibt es jetzt divergierende Sprachformen, wobei sich die unter identitären Gesichtspunkten konstruierte Gendersprache ja noch in verschiedene Spielarten (Gendersternchen, Unterstrich, Doppelpunkt, Neutralisieren usw.) auftrennt und mal so, mal so ausgelebt wird. Durch die unreflektierte Übernahme der beiden Begriffe auch durch ihre Gegner helfen diese, ihren selbst erhobenen Anspruch zu etablieren, da ihre unausgesprochene aber stets mitschwingende Kehrseite ja die Behauptung ist, dass die tradierte Normalsprache diskriminierend und ungerecht sein würde, wodurch all jene, die sie weiterhin benutzen, als schlechte Menschen abgestempelt werden. Diese Behauptung sehe ich als zentral für den relativen Erfolg der Gendersprache an, denn wer möchte schon gern ein schlechter Mensch sein - der sich obendrein noch “dem Fortschritt” verwehrt?
Vielleicht schreibt Sabine Rennefanz in dem obigen Artikel deshalb auch lieber von “gendersensibler Sprache”. Man könnte auch von geschlechter- und identitätsbetonender Sprache reden, wenn man emotional aufgeladene Gegenbegriffe wie Gendergaga oder Genderwahn in der Diskussion lieber vermeiden möchte und Sexualisieren sowie Geschlechtern für ebenso unbrauchbare Alternativen hält, obwohl sie den anglizistischen Schleier, mit dem sich das Projekt tarnt, wirkungsvoll lüften.
Der ÖRR experimentiert derweil munter weiter, so interpretiere ich jedenfalls eine jüngere Tageschau- oder -themensendung, in der Menschen unter Verzicht auf alle neumodischen “*innen” strikt nur noch Menschen genannt wurden; es gibt einfach keine Einwohner, Bürger, Autofahrer, Arbeiter, Bauern, Demonstranten, Polen, Türken, Chinesen usw. mehr - alle sind immer und überall nur noch Menschen. Um was für Menschen es sich handelt, muss man sich dann aus dem Kontext erschließen.
Hier noch mal ein Streitbeitrag zum Thema, der wenig neues enthält, dafür aber sehr griffig geworden ist:
Ideologischer Symbolismus — Gendern als Sprachmaoismus
Und zum Abschluss noch ein Paradebeispiel für maximal fragwürdiges Kreuz-Gendern:
Zitat:
Wendet Euch bitte an Eure*n Ansprechpartner*in
Wer kommt beim Verarbeiten dieses Ausdrucks nicht ins Stolpern?
Wer kann das aussprechen?
Was ist mit all jenen, die sich das nur maschinell vorlesen lassen können?
Sehen Fortschritt und Gerechtigkeit so aus?
Inwiefern macht so ein Ausdruck die Welt, in der wir leben, zu einer besseren - und nicht doch zu einer schlechteren, in der zwischenmenschliche Kommunikation willentlich erschwert wird?