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--- Kaiserdämmerung - Ausstellung in Potsdam

ArnoAbendschoen - 25.08.2018 um 22:31 Uhr

Das Neue Palais im Potsdamer Park Sanssouci gedenkt mit einer Ausstellung der Abschaffung der Monarchie vor jetzt hundert Jahren und der Emigration des Kaiserpaares von Potsdam nach Holland. Die Hohenzollern waren ein halbes Jahrtausend die Landesherren erst von Brandenburg, dann von Preußen und zum Schluss im ganzen Reich gewesen. Noch vier oder fünf Jahre davor wäre ein solcher Umbruch undenkbar gewesen. Als er infolge des verlorenen Krieges eintrat, war das Neue Palais seit dreißig Jahren Hauptwohnsitz des Kaiserpaares gewesen, der nun innerhalb von wenigen Wochen aufgegeben werden musste. Dieser Sturz von monarchischer Höhe hinab in ein unvergleichlich bescheideneres Exilantendasein – ein großes Thema und gewiss spannend zu inszenieren gerade am Ort jener auch privaten Katastrophe, denkt man.

Doch den zu hohen Erwartungen kann die Ausstellung nicht gerecht werden. Die Zahl der ausgestellten Objekte – etliche Möbel und Uniformen aus Haus Doorn in Holland, historische Fotoaufnahmen, Texttafeln – ist einerseits relativ eng limitiert und andererseits auf fünfzehn Schlossräume verteilt. Dazu kommt, und das wiegt schwerer, die Ausstellung kann sich in keinem der Schauräume gegen die museale Schlosseinrichtung durchsetzen. Das Neue Palais war der größte und teuerste Schlossbau Friedrichs des Großen, ursprünglich nicht zum längeren Bewohnen gedacht, sondern ein Gäste- und Festhaus. Erst Friedrich III. nutzte als Thronfolger ab 1861 das Palais als Sommerresidenz und starb dort auch 1888. Danach richteten sich Wilhelm II. und die Kaiserin dort ein. Als sie ins Exil gingen, nahmen sie das gesamte private Mobiliar in zwei Tranchen mit. Das Schloss wurde als staatliches Museum in ungefähr den Zustand zurückversetzt, den es bei der Eröffnung 1769 aufgewiesen hatte. Das war leicht möglich gewesen, da die späteren Nutzer die Substanz – Wände, Decken, Fußböden, Raumaufteilung - mit Respekt behandelt hatten. Noch immer schreitet man durch die ursprüngliche ebenso pracht- wie geschmackvolle Rokokowelt. (Die Verluste durch die Plünderung 1945 scheinen im Wesentlichen wettgemacht.)

Der Besucher erlebt also das imperiale Gehäuse, das der letzte Hohenzoller auf dem Thron eine Zeitlang als Epigone bewohnen durfte. Es ist so einschüchternd glanzvoll, dass der Versuch, dessen individuelle Existenz dort ein wenig zu rekonstruieren, zwangsläufig zur Nebensache werden musste. Immerhin findet das Schloss selbst mit der aktuellen Ausstellung wohl zusätzliche Aufmerksamkeit. Die hat es auch nötig – es ist ein Sanierungsfall, auch wenn der Besucher vom Echten Hausschwamm und anderen Feuchtigkeitsschäden nichts sieht, nur davon liest.

Ein Detail der Ausstellung verdient besondere Erwähnung: die ca. 1000 Briefe, die die Kaiserin vor 1888 gebündelt hat. Sie wurden erst kürzlich in einem Schrank hinter ihrem Ankleidezimmer entdeckt. Der Besucher kann den Fund vor sich ausgebreitet und noch versiegelt betrachten. Ab 2019 werden die Briefe von Historikern geöffnet und gesichtet werden.

Die Ausstellung „Kaiserdämmerung“ ist noch bis zum 12.11.18 zu sehen (10 – 17.30 h, Dienstag geschlossen).




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