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-- Politik & Gesellschaft
--- Frau Merkel in der Ostukraine

Kenon - 02.11.2017 um 22:59 Uhr

Saporischschja, eine ostukrainische Stadt im August 2017. Es sind die heißesten Tage des Jahres. Nach etwa 10 Kilometer Wanderung auf der Kosaken-Insel Chortyzja erreichen wir Protowsche. Wir haben nichts mehr zu trinken und riesigen Durst. Es begrüßen uns rostige Artefakte aus dem 2. Weltkrieg und zwei freundliche ukrainische Ranger, die uns zum Melissen-Minze-Tee aus eigenem Anbau einladen. Sie sind sich sicher, dass es solche Kräuter nicht in Berlin gibt; ein wenig haben sie recht. Es ist der beste Tee meines Lebens und ich wüsste nicht, wo in Berlin ich ihn ernten könnte. Neben den Holzhäusern summen Bienen um ihre Kästen, sicherlich wird der Honig ähnlich gut wie der Tee schmecken.
Die Unterhaltung ist etwas schwierig, aber immer nett. Mein Russisch ist nicht das beste, aus dem Ukrainischen, das die Ranger benutzen, kenne ich ehrlicherweise nur einige Fetzen, aber wann immer es geht, ersetze ich ein russisches Wort durch ein ukrainisches. Einer von beiden Rangern war früher in Ostdeutschland als Soldat stationiert - wie so viele. Deutsch hat er nicht gelernt, denn er ist aus seiner Kaserne kaum herausgekommen. Der andere kann auch nur wenige Worte. Immer wieder sagt er “Essen, Arne, Essen”, denn es gibt ein paar Kekse zum Tee. “Essen, Arne, Essen”. Das ist extrem komisch, empfindet auch der Ranger. Irgendwann lässt es sich nicht mehr vermeiden und das Gespräch kommt auf die Politik. “Frau Merkel”, sagt der eine Ranger und will wissen, was wir von ihr halten. Ich habe wenig Lust auf eine Diskussion, versuche mich diplomatisch, denn warum sollte man das nette Beisammensein hier auf dieser idyllischen Insel, dem Herzland der ukrainischen Kosaken, mit Worten trüben? Einiges macht sie gut, anderes weniger, sage ich. Der Ranger setzt nach, er meint die vielen Flüchtlinge in Deutschland. Er hat nicht nur aus den Medien davon erfahren, sondern war vor einiger Zeit auch in München. Schrecklich sei es dort gewesen, sagt er seinem Kollegen. Lauter Ausländer. Das sei keine schöne Sache. “Deutschland ist doch für die Deutschen da”, meint der Ranger. Ja, auch. Was die vielen Flüchtlinge dort zu suchen hätten? Ich sage ihm, was er selbst weiss: In Syrien ist Krieg. Und dass man den Menschen helfen müsse. Der Kollege nickt. “Aber in der Ukraine ist doch auch Krieg?!”. Ja, sage ich. Auch den Ukrainern muss man helfen.




Gast - 20.12.2017 um 15:14 Uhr

Ich war auch mehrmals in der Ukraine, in Lviv, Kiev und Odessa und habe Bekannten aus der Ostukraine. Ich habe viel über den Krieg im Osten erfahren und festgestellt, dass vieles nicht bekannt ist. Es ist wirklich schrecklich. Leute leben mit der Hoffnung, dass bald alles enden wird.



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