Zitat:
Auch dürfte ihm die Art und Weise seiner Wahrnehmung wichtiger gewesen sein als die sachliche Richtigkeit.
Ein reizendes Detail. Wer ist schuld, dass Joseph Roth das Kaiser-Wilhelm-Denkmal auf der Alten Brücke in Saarbrücken nicht richtig geschildert hat: Das Denkmal oder Joseph Roth? Ich meine - mit einem Augenzwinkern -: Wenn es ein angenehmes Denkmal gewesen wäre, würde es auch richtig geschildert worden sein. Deswegen braucht es sich also gar nicht beschweren.
Ich kenne die Textstelle bei Joseph Roth selbst leider nicht, aber anhand einer alten Fotografie kann ich mir vorstellen, was er gemeint haben könnte. Wenn man sich der Figur rechterhand mit seinem Auto genähert hat, kann es einen schon vom Fahren abgelenkt haben: Da kommt ein trabendes Pferd mit einem alten Mann von rechts - muss ich es vorlassen? Oder schaffe ich es ohne Halten an ihm vorbei, wenn ich schnell aufs Gas trete?
Ereignisse möglichst wirklichkeitsgetreu zu schildern ist ziemlich schwierig und anstrengend. Man macht sehr schnell die peinlichsten und schrecklichsten Fehler. Phantasieren ist viel einfacher - phantasierend macht man keine sachlichen Fehler. Absichtlich lügen wie Relotius sollte man allerdings nicht.