Joseph Roth - Der stumme Prophet
Joseph Roths Protagonisten haben sich oft ein schönes Leben ausgemalt und sind dann doch nur an der Banalität des Lebens Scheiternde. Bildung, Karriere, Frauen, Wohlstand - ein Traum. Schmuggel, Desertion, Verschwörung, Spionage, Revolution, Alkoholismus, Mord, Krieg - die Wirklichkeit. Unvollendet wie Roth selbst ist diese Erzählung. Unvollendet und liebenswürdig.
Zitat:
Seit langem schon stehn die Arbeiter in den Fabriken, kleine Mädchen kleben Hülsen, große Männer schneiden Stahl. Längst schon exerzieren Soldaten auf den Wiesen. Trompeten schmettern. Indessen wird es zehn Uhr, vor den Ämtern fahren die Hofräte und die Minister vor, unterschreiben, unterschreiben, telegraphieren, diktieren, telephonieren; in den Redaktionen sitzen Stenographen, nehmen auf, geben's den Redakteuren, die vertuschen und offenbaren, verhüllen und enthüllen. Und als ob den ganzen Tag nichts geschehen wäre, schrillen am Abend die Glockenzeichen, und die Theater füllen sich mit Frauen, Blumen und Parfüm. Und dann schläft die Welt wieder ein.