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--- DDR expressiv - die 80er Jahre
ArnoAbendschoen - 24.06.2015 um 21:21 Uhr
Das Museum Junge Kunst in Frankfurt (Oder) ist auf die Sammlung von Kunst aus Ostdeutschland spezialisiert. Aus seinen großen Beständen realisiert es regelmäßig Wechselausstellungen, die zu einem übergeordneten Thema einen Querschnitt bieten. Gegenwärtig werden Werke der neoexpressiven Stilrichtung der 1980er Jahre präsentiert, insgesamt 50 Gemälde, 5 Plastiken, 20 Zeichnungen und 60 Druckgraphiken. Die 39 Künstler – unter ihnen ein hoher Anteil von Künstlerinnen – sind überwiegend in den 1950er Jahren geboren und haben recht unterschiedliche Biographien gehabt. Wir finden sowohl solche, die seinerzeit vom Staat geschätzt und gefördert wurden, wie auch solche, die sich in den subkulturellen Szenevierteln (z.B. Prenzlauer Berg) vernetzten, und wiederum andere, die damals in den Westen gingen. Unabhängig von diesen sehr verschiedenen Voraussetzungen kann man an ihren Werken allgemeine Tendenzen feststellen, die es rechtfertigen, sie als eine regional deutlich abgrenzbare Richtung der Kunst jener Zeit zu betrachten.
Von diesen Künstlern wird man kaum einen jemals mit den gleichzeitigen „Neuen Wilden“ oder Mitgliedern ähnlicher Gruppen im Westen verwechseln. Die meisten ihrer Werke strahlen eine gewisse Erdenschwere, einen Ernst aus, der in der „Westkunst“ jener Zeit eher selten finden war. Heiter ist diese Kunst so gut wie nie. Manches Bild könnte eine vorweggenommene Illustration zu Uwe Tellkamps „Kohleninsel“ aus dem Roman „Der Turm“ sein. Unverkennbar sind außerdem die engen Bezüge zur Tradition. Beckmann und Kokoschka dürften die wichtigsten Vorbilder gewesen sein. Und man stellt großes handwerkliches Können fest, es zeugt von solider fachlicher Ausbildung.
Jetzt im Ausstellungskatalog blätternd – wen soll man hervorheben? Vielleicht Hubertus Giebe mit „Requiem II. Die Masse“. Der Katalog zu seinen Bildern: „ … befassen sich inhaltlich mit Faschismus, Stalinismus, Kommunismus und wie der Einzelne in Diktaturen zu einem Teil einer Masse wird, die zwischen Opfer und Täter pendelt.“ Oder Johannes Heisig (Sohn von Bernhard Heisig) mit „Der Tanzpalast“, das den Besuch eines Rockkonzerts in vier Bildtafeln farbig expressiv und mit spürbar großem Ernst verarbeitet. Unter den Skulpturen ragt Hans Scheibs „Paar“ hervor, vielleicht die größte Entdeckung, die man in der Ausstellung machen kann. Die Holzplastik wurde geschickt am äußersten Ende der weiten gotischen Rathaushalle placiert, einem insgesamt idealen Ausstellungsort gerade für so expressive Werke.
Ort der Ausstellung: Marktplatz 1, 15230 Frankfurt (Oder). Wird zunächst noch bis zum 27. Sept. 2015 gezeigt, dann erneut vom 15. Nov. 2015 – 24. Jan. 2016.
ArnoAbendschoen - 27.06.2015 um 11:35 Uhr
Im Netz kann man eine Auswahl der Bilder sowie Aufnahmen der Plastik von Hans Scheib betrachten:
armin-mueller-stahl-in-brandenburg.de/ddr-expressiv-in-frankfurt-oder/
URL: https://www.versalia.de/forum/beitrag.php?board=v_forum&thread=5208
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