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-- Prosa
--- Nach der OP
ArnoAbendschoen - 14.03.2014 um 10:44 Uhr
Ich wache aus der Narkose auf und weigere mich sogleich, diese Realität anzuerkennen, den mich umgebenden Raum und die Tageszeit. Nein, ich liege natürlich nicht auf einem Operationstisch neben einer Sichtschutzwand, die mich von anderen Operationsplätzen abschirmt, ich liege da nicht halbnackt und leicht frierend, und es ist nicht irgendwann am späten Nachmittag – die Uhr hat man mir vorher abgenommen, wie alles andere auch, bis auf den Slip? Und der hauchdünne grüne Operationsmantel, hinten aufgeschlitzt, ist hochgerutscht, entblößt mich weitgehend? All das ist nicht wahr – ich weiß sofort, dass ich nur träume, dass ich binnen kurzem in einem der Betten aufwache, in denen ich zu Hause bin. In dieser Phase hilft es, sich zu rühren, mit den Beinen muss man anfangen, sie bewegen, dann fallen Restschlaf und Traumreste wie von selbst von einem ab.
Ich versuche es, doch es bleibt kalt. Ich kann mir nicht so viel Bewegung verschaffen, dass mir wärmer wird. Ich höre jetzt zudem Geräusche, überall im Saal wird aufgeräumt, an Metallscharnieren hantiert. Ich sehe Krankenhauspersonal rasch im Raum hin- und hergehen. Mir fällt ein, dass ich der Letzte hier heute war … Dann stimmt es vielleicht doch, ich bin operiert worden?
Noch eine Zeitlang geht es im Bewusstsein hin und her wie bei Ebbe oder Flut, ablaufend das Gefühl von Traumbefangenheit, auflaufend die sich durchsetzende Gewissheit, ich sei eben hier. Und wie lange muss ich dann weiter so liegen? Sie räumen immer noch auf. Ich muss ab und zu husten. Eine Schwester tritt heran, fragt: Frieren Sie? Sie zupft meinen Kittel zurecht – als ob das was brächte.
Dann mache ich eine neue Erfahrung. Ich kann mich sonst in jede Lage finden, ihr anpassen, ihr standhalten, indem ich mich geistig vollkommen von ihr entferne. Da gibt es Bilder, die ich in mir wachrufe, Szenen, die ich nachspiele. Ich schlüpfe in fremde Identitäten, in Fiktionales und mache es real. Wie leicht das ist, Glück zu empfinden. Jetzt versagt die Methode. Ich bleibe mit allen Sinnen, allen Eindrücken, allen Gedanken in diesem Raum, auf diesem Tisch. Jede Flucht abgeschnitten. Und ich sehe zu, wie neben mir, von hoch oben, die Infusion Tropfen für Tropfen herabrinnt, ihren Weg in mich findet.
Die Schwester bringt viel später meine Sachen, stützt mich beim Aufstehen, ich verspüre etwas Schwindel, dann geht es. Es ist halb sechs. Gegen drei habe ich das Bewusstsein verloren, ausgeknipst wie ein Schalter. Merkwürdig, wie leicht das war und wie schwierig der umgekehrte Vorgang.
Sie rollen mich hinaus ins Freie, auf das Bettenhaus zu. Ein sympathischer junger Krankenpfleger ist drüben gleich zur Stelle. Ich staune: Er ähnelt ja einer Figur aus einem meiner Lieblingsfilme, Pfleger wie er hier. Jetzt bin ich wieder vollständig zurück.
obemla - 03.06.2014 um 15:48 Uhr
Das ist ja schön, das die OP gut verlaufen ist.Ein richtiges Novum in den deutschen OP`s!
Gute Besserung und REHA
wünscht obemla
ArnoAbendschoen - 24.06.2014 um 17:09 Uhr
Danke, obemla, für die Reaktion, auf die ich erst verzögert antworte. Der Eingriff an sich war nicht der Rede wert. Es ging mir im Text nur um die Entwicklung des Bewusstseins nach der Vollnarkose.
Freundlichen Gruß
Arno Abendschön
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