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-- Literaturgeschichte & -theorie
--- Literaturcollage als Kunstform?

Namesi - 23.02.2009 um 12:00 Uhr

Aus Vorhandenem auswählen und das Ausgewählte zusammenfügen und verändern ist in der bildenden Kunst als Methode nicht außergewöhnlich (Collage). Kann diese Methode auch in der Literatur zu Neuem führen? Textbausteine aus Hamlet zusammen mit Auszügen aus Faust II durchsetzt mit Trash aus Ted Williams Otherland kunstvoll zusammengefügt, dann geschüttelt, nicht gerührt? Gibt es derartiges schon? Oder wären Textcollagen abartig (entartet)?



LX.C - 23.02.2009 um 12:26 Uhr

In der Literatur spielen diesbezüglich Begriffe wie Intertextualität und Montage (mitunter auch als literarisch-technischer Ausdruck für Collage zu verstehen) eine Rolle, ob es jedoch Literatur gibt, die Textbezüge, De- und Rekontextualisierung auf derart konsequente Art und Weise betreibt, wie du es meinst, ist mir jetzt auch nicht bekannt, aber ich könnte es mir gut vorstellen. - Voraussetzung wäre natürlich immer, dass ein erkennbar neues Kunstprodukt entsteht oder die Urheberrechte verwendeter Texte (Textpassagen) bereits abgelaufen sind. Vielleicht liegt hierin ja die eigentliche Schwierigkeit.



Gast873 - 23.02.2009 um 18:31 Uhr

Intertextualität ist nicht gleich Collage.

Gruß,
J.K.




Der_Stieg - 23.02.2009 um 21:21 Uhr

Danke LX.C für Deinen interessanten Beitrag. Nachdenklich gestimmt hat er mich in puncto eigenes Schreiben insofern, als ich hin und wieder mal in (experimentellen) eigenschriftlichen Texten, wie soll ich es bezeichnen, "Zitatfetzen" aus Literatur und Rockmusik verwende, in denen man die Herkunft erkennen kann und soll, die aber kein exaktes 100%-Zitat sind und mit Eigenem, Weiterreichendem vermischt werden, wohlgemerkt unter der Prämisse der Erkennbarkeit der Herkunft des Original(zitat)s, was, würde man es in Anmerkungen erklären wollen, ja irgendwo auch den Leser düpierte, ihn seiner Aha-Effekte beraubte.

(Wasweißich: * halbe Zeile aus nem Bruce-Springsteen-Lied, * vier Worte aus nem Comedian-Harmonists-Song, und so)

Nun frage ich mich, wie´s denn darum rechtlich bestellt ist (keine offene Frage, aber Interessantes, Weiterführendes lese ich gerne).

Danke Namesi für das interessante Thema.




LX.C - 23.02.2009 um 23:28 Uhr

Zitat:

Intertextualität ist nicht gleich Collage.

Gruß,
J.K.

Habe ich nicht behauptet.




LX.C - 23.02.2009 um 23:40 Uhr

Diese Nachricht wurde von LX.C um 23:46:00 am 23.02.2009 editiert

[Quote]wie soll ich es bezeichnen, "Zitatfetzen" aus Literatur und Rockmusik verwende, in denen man die Herkunft erkennen kann und soll, die aber kein exaktes 100%-Zitat sind und mit Eigenem, Weiterreichendem vermischt werden[/Quote]

Da haben wir ja schon Intertextualität. Ist ja ein gängiges Mittel in der Literatur. Und tatsächlich macht man sich wenig Gedanken, wie das rechtlich genau aussieht. Ich weiß das auch nicht, glaube aber, da gibt es keine Bedenken, solange die verwendeten Stellen nicht zu lang sind und in irgendeiner Art und Weise ein Rückbezug herstellbar ist, so dass es nicht als ein bloßes kopieren anmuten kann.




Der_Stieg - 23.02.2009 um 23:50 Uhr

Zitat:

Da haben wir ja schon Intertextualität. Ist ja ein gängiges Mittel in der Literatur. Und tatsächlich macht man sich wenig Gedanken, wie das rechtlich genau aussieht. Ich weiß das auch nicht, glaube aber, da gibt es keine Bedenken, solange die verwendeten Stellen nicht zu lang sind.

Ja, so ist es wohl. Machte man sich zuviel Gedanken, könnte man es ja auch gleich bleiben lassen und jegliche schreibende Kreativität im Keim ersticken. Aber irgendwas ist da, was ich gerne greifen würde, was ich noch nicht zu greifen weiß. Vielleicht komme ich noch drauf.

(Muss noch mal gucken, ob das Rühmkorf war, oder wer, der gesagt hatte, dass er sich bei "Vorgängern" reichlich bedient hatte, was die Worte anbelangt.)




LX.C - 24.02.2009 um 00:28 Uhr

Ja, ach, machen doch so viele. Büchners "Dantons Tod" besteht zu einem sechstel aus abgeschrieben Passagen der Überlieferungen eines französischen Revolutionärs. Oder wenn man da an Brecht denkt, worauf fußt denn sein Welterfolg, auf den Werken anderer. Sicher hast du Recht, in der Literatur darf man kein Schisser sein, was nicht heißt, dass man leichtfertig mit dem Kunstschaffen anderer umgehen darf.



Der_Stieg - 24.02.2009 um 00:41 Uhr

Zitat:

... in der Literatur darf man kein Schisser sein, was nicht heißt, dass man leichtfertig mit dem Kunstschaffen anderer umgehen darf.

Ja, so in die Richtung.
Klauen: nein; Befruchtungskenntlichmachung: ja. Ansonsten: einfach machen.

Verklagt einen ja auch keiner wegen dreifuffzig Honorar (vom Geistigen mal abgesehen). In der Musik (weniger in der Malerei), stelle ich mir das problematischer vor.




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