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--- Plädoyer für das moderne Theater

LX.C - 20.11.2007 um 18:43 Uhr

Herders Plädoyer für das moderne Theater. Schöner und treffender habe ich es nie gelesen:

[Quote]Und wenn nun in dieser glücklich oder unglücklich veränderten Zeit, es eben Ein Alter, Ein Genie gäbe, das aus seinem Stoff so natürlich, groß und original eine dramatische Schöpfung zöge, als die Griechen aus dem Ihren – und diese Schöpfung eben auf den verschiedensten Wegen die selbe Absicht erreichte, wenigstens an sich ein weit vielfach Einfältiger und Einfach vielfältiger – also (nach aller metaphysischen Definition) ein vollkommenes Ganzes wäre – was für ein Tor, der nun vergliche und gar verdamme, weil dies Zweite nicht das Erste [der "Poetik" des Aristoteles entsprechend] sei? Und all sein Wesen, Tugend und Vollkommenheit beruht ja darauf, dass es nicht das Erste ist: dass aus dem Boden der Zeit, eben die andre Pflanze erwuchs.

Herder, Johann Gottfried: Shakespear (1773), in: Werke in zehn Bänden, Bd. 2, Schriften zur Ästhetik und Literatur 1767-1781, Hrg. Gunther E. Grimm, Deutscher Klassiker Verlag, Frankfurt a. M. 1993, S. 507.
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