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--- Ein Tag am Meer - Soldatenheimkehr I
DataBoo - 20.08.2007 um 23:08 Uhr
Ich freute mich auf Sommer, Sonne, Strand und ganz besonders auf ein Picknick mit dir.
Nackt, mit den Füßen im Wasser, unsere Körper glitzernd im Sonnenlicht, Salz auf unserer Haut. Mit dem süßlichen Geruch von Sonnenmilch in meiner Nase, küsste ich deinen Nacken, deinen Hals, deinen Busen, deinen Schoß.
Umarmung.
Meinen Kopf in deinen Händen, du wirktest so losgelöst, so unendlich glücklich. Die Klarheit in deinen Augen werde ich niemals vergessen.
Dein leicht geöffneter Mund, mit den von einem Grinsen umspielten Lippen. Oh Ohnmacht.
Glück hoch Tausend, tanzte mein Herz.
Du blicktest an mir vorbei und sagtest: „Dreh dich mal um, guck doch, da hat jemand AGNOSTIZISMUS in den Sand geschrieben."
Ich flüsterte dir ins Ohr: „Was meinst du, vielleicht ist hier ein Ort zum Lieben?“ 30 min. später und 100m weiter fragtest du mich dann beim Zuknöpfen deines Bikinioberteils ob ich dich noch immer liebe? Ich hob beide Hände. „Warte“, sagte ich, stoppte meinen Schritt, schnallte meinen Rucksack ab und griff hinein. Du standest mir zugewandt gegenüber, mit deinen Füßen knöcheltief im Wasser, sagtest du darauf ein wenig überspitzt: „ Na da bin ich ja mal gespannt!“ und verschränktest trotzig die Arme vor deiner Brust. Im Rucksack berührte meine Hand kaltes Metall. „Du machst dir zu viele Gedanken, das ist ungesund, das bringt dich eines Tages um.“ Im Krieg an der Front sagte das ein Major häufig zu mir nachdem ich ihm von dir erzählte. Ich wollte dich nicht leiden sehen, war damals mein Gedanke.
.
Ich schoss drei Mal:
Einmal für die Opfer.
Einmal für den Sieg.
Einmal für den Wahnsinn, den ich entflohen glaubte.
DataBoo - 13.10.2007 um 15:39 Uhr
Diese Nachricht wurde von DataBoo um 15:48:17 am 13.10.2007 editiert
2.Szene/ Kapelle
Kapelle. Innenraum. Eine Tür zum Friedhof. Zwei Särge sind aufgebahrt, verschlossen. Um die Särge schmücken Kränze und Blumengestecke den Boden. Kerzen brennen. Auftritt der beiden Redner. Die Redner tragen die Kleidung von Bestattern. Die Stimme von MENSCH/ MANN aus dem OFF.
Ton: Kirchenglocken
Beamer 1&2: Betende Hände
REDNER ZWEI öffnet beide Särge. MENSCH liegt in den Särgen. REDNER EINS streichelt über den Kopf von MENSCH/ FRAU.Dreht dann ihren Kopf zu einer Seite und flüstert ihr etwas ins Ohr. REDNER ZWEI steht zwischen den Särgen. MENSCH/ FRAU öffnet die Augen, steigt -im Leichenhemd bekleidet- aus dem Sarg.
Ton: Totenmarsch
BEIDE REDNER: DIES IRAE!
REDNER EINS: Dieses ist der letzte Teil zu dem Bild: Die Rückkehr des
Geistes zu sich, zu seinem Selbstbesitz.
Pause-
MENSCH/ FRAU: Eine Stimme sprach zu mir, sagte: “Ich soll mich für EUCH erinnern. Soll Worte formen, Messer formen und sie schleifen am ABC.“ Weiter sprach die Stimme: “ Du bekommst ein schönes Begräbnis, wenn ich EUCH (zeigt auf die Zuschauer) zu Zeugen mache.“
Infos für Cash, Baby!
Ich will nicht verbrannt werden.
Will liegen in dunkler Erde, mit und zwischen den Würmern.
In den Armen mein Kind.
Es soll sich an mir laben, an meinen Resten zehren, werde mich gar nicht wehren. Vielleicht kann ich es hier unten (deutet auf den Bühnenboden) aufziehen, wenn ich es schon nicht unter der Sonne vollbringen konnte?
Werde das Kind hüten, schützen und es unterstützen.
Werde dem Kind die Sprache lehren, damit es lesen
kann in meinen Knochen.
Mein Schrei muss hinaus, zum Licht, zur Sonne hin!
REDNER ZWEI: Mach dir nichts vor! Nicht eine Silbe des Soziolekts der Toten wird man durch die Erde oben hören können.
Blumen welken und der Wind trägt sie fort, aber ich wollte
dich nicht unterbrechen, fahr fort!
Pause-
MENSCH/ FRAU:Man soll sich an mich erinnern!
Einen schönen kleinen Grabstein hätte ich gern.
Mit einem kleinen Engel in der Mitte als Relief, eine schöne Rose und in geschwungener Zeichnung mein Name, ach, was wäre ich glücklich! (Beginnt zu schluchzen, fängt sich aber nach kurzer Zeit wieder.)
Beamer 1&2: Fade Out
MENSCH/ FRAU: Ich will mich nun erinnern!
Bildvordergrund: Wo haben wir uns kennen gelernt?
MENSCH/ MANN: Es war im Süden Deutschlands.
MENSCH/ FRAU: Was war dein Auftrag?
MENSCH/ MANN: Ich war Soldat!
MENSCH/ FRAU: Herrje, wie konnte ich nur?
Ich hätte es wissen müssen!
Haben sich die Zeiten geändert?
REDNER ZWEI: Wenn die erste Bombe fällt,
werden wir die Antwort wissen.
MENSCH/ FRAU: Wie schreibt man Moral?
Wie schreibt man Mitgefühl?
Nenn mich ruhig Dissidentin,
aber an L – I – E – B – E
hab ich nie geglaubt, wohl aber
an die Suche nach ihr.
Dann kamst du und im Gepäck
diese dumme Endsequenz
Pause-
Ich erinnere mich schmerzlich:
Ein Tag am Meer.
War das nicht dein letzter
Soldatenurlaub?
MENSCH/ MANN: Ja, es war sehr warm, es war
Sommer.
MENSCH/ FRAU: Meine Sehnsucht nach dir zeigte mir den Weg zum Meer.
Sie fuhr den Wagen, lenkte das Steuer und fand Dich schließlich.
MENSCH/ MANN: Ich saß auf meinem Handtuch,
rauchte, cremte mich ein und
wusste, mein Werkzeug
funktioniert um deine Rolle neu
zu schreiben.
MENSCH/ FRAU: Ich hab dich geliebt, tat alles für
dich und du?
Wie buchstabiert man K-Ä-L-T-E?
Wie korrigiert man Unnahbarkeit?
Wie löscht man Gleichgültigkeit?
Zeigtest niemals ehrliches
Interesse an mir, an dem Kind.
Hast du mich jemals gefragt, wie
es mir dabei geht? Ganz allein in
Paris, kein Geld.
Hattest nur den Feind im Blick!
Wir waren dein Ziel!
Hattest nur mich im Blick!
Hattest nur dich im Blick!
MENSCH/ MANN: Ich hatte einen Auftrag, ich war
Soldat und folgte einem Auftrag.
Der Feind ist überall und zu jeder
Zeit wahrlich allgegenwärtig.
Hier geht es nicht um
Möglichkeiten.
Ich hatte einen Auftrag!
MENSCH/ FRAU: Ich auch!
Pause-
Wollte Liebe,
wollte Wärme,
wollt Familie,
wollte Kinder,
suchte Glück,
wie zum Licht ein Blinder,
stolpernd,
tapsend,
nie ankommend.
MENSCH/ MANN: Über meinen Auftrag darf ich
nicht reden, der ist geheim.
MENSCH/ FRAU: So fern war ich für dich?
MENSCH/ MANN: Du warst nie da. Also warst du
auch nie weit weg. Hast doch nie
existiert! Im Krieg muss man
alles ablegen, damit man weiter
laufen kann, schneller laufen
kann als der Feind.
Wir wollen doch überleben!
BEIDE REDNER: Oh, hört, hört…(lachen)
MENSCH/ FRAU: Ein Tag am Meer, er hätte so
schön werden können.
Dann sah ich dich mit dem
Revolver in der Hand.
Ich blickte in den Lauf, in das
Ende deiner
Ausdrucksmöglichkeit!
Worte verhungerten mir im Hals.
Keine Zeit für Tränen,ich dachte
nur: In den Sand falle ich weich.
Dann machte es dreimal „KLICK“
und „WUMM“, ein Riss ging
durch mich durch, warf mich
zurück und ich dachte sterbend
nur: WARUM?
Pause-
…und das Kind, ja das Kind, ehrlich gesagt, es war nicht
von dir! Es war von der Sehnsucht nach Glück, nur weg
von dir.
MENSCH/ MANN (lacht): Jetzt bist du weg von mir.
Jetzt bin ich weg von dir.
Jetzt kannst du gehen.
Jetzt halte ich dich nicht
mehr auf.
Jetzt bist du frei.
MENSCH/ FRAU (lacht): Frei? Frei und tot, was für eine Gnade. Hast mir
alles genommen.
MENSCH/ MANN: Du hast mir nichts gegeben.
MENSCH/ FRAU: Der Krieg hat dich verändert.
MENSCH/ MANN: Ich hab den Krieg verändert.
Ich schreibe Geschichte.
MENSCH/ FRAU: Benutz die Vergangenheitsform!
Jetzt schreibst du nichts mehr.
Vergesslich?
Vermagst es ja nicht einmal mehr
eine Feder zu halten.
Bald ist dein Fleisch ab.
Das war deine Wahl.
Ich hatte keine! (Schreit)
Verpiss dich!
MENSCH/ MANN: Eins noch, würde ich noch sein,
noch leben, würde ich dich
nun fragen:
Wer hilft mir bei der Wahl meiner Frau?
Wer hilft mir bei der Wahl meiner Wohnung?
Wer hilft mir bei der Wahl meines Arbeitgebers?
Wer hilft mir bei der Suche nach Glück?
Wer hilft mir bei der Erklärung von Glück?
Wer hilft mir bei der Wahl meines Autos?
Wer hilft mir bei der Wahl meiner Schuhe?
Wer Hilft mir bei der Suche nach Glück?
Wer hilft mir bei der Erklärung von Glück?
Wer hilft mir bei der Wahl des Essens?
Wer hilft mir bei der Wahl des Fernsehprogramms?
Wer hilft mir bei der Suche nach Glück?
Wer hilft mir bei der Erklärung von Glück?
MENSCH/ FRAU: Leck mich am [Zensiert]!
MENSCH/ MANN: Jetzt wirst du aber komisch, du
bist so schonungslos in deinem
Ausdruck!
MENSCH/ FRAU: Verzeih mein Geliebter, mein
Mann, mein Mörder, es ist nur
dein Abdruck!
(Mit einem Schrei verabschiedet sich die Stimme aus dem OFF von MENSCH/ MANN.
BEIDE REDNER (lachen)
_______
Auszug aus meinem ersten Theaterstück: Exit You-Exit Me - Exit Us
baerchen - 13.10.2007 um 19:44 Uhr
Wann ist die Uraufführung?
DataBoo - 14.10.2007 um 19:51 Uhr
Uraufführung? Hm, Du bist gut, ok, hab mit dem Stück an..1, 2,...Ausschreibungen teilgenommen (HH + B), leider wollten sie das Teil nicht, ist vermutlich viel zu düster und hoffnungslos. Egal. Sicherlich wird es erst nach meinem Tod so richtig groß. Wer weiß? Wer verflixt schade, ach, ichmuß zuversichtlicher werden! Das Stück kommt aber mit ins Buch, soviel ist sicher!
baerchen - 14.10.2007 um 20:09 Uhr
Diese Nachricht wurde von baerchen um 20:12:44 am 14.10.2007 editiert
Buch? - I need more Input.
Hermes - 14.10.2007 um 21:22 Uhr
Zitat:
...ist vermutlich viel zu düster und hoffnungslos.
Das glaube ich allerdings auch - düstere und hoffnungslose Werke werden nur von toten Dichtern gern genommen, scheint mir...
Gibt es noch mehr von Deinem Stück zu lesen?
Wenn es sich auch in den von Dir eingestellten Auszügen verworren liest, würde ich doch mittlerweile und nach mehrmaligem Lesen mehr über Hintergrund und Situierung der Handlung erfahren...
Es ist von Soldatsein und Krieg die Rede, auch ein Hinweis auf die Frage nach Gott ist enthalten, es geht um Liebe, um ein (ungeborenes) Kind, von einem Picknick am Strand, und schließlich dieser absurd klingende Dialog der beiden aus den Särgen entstiegenen Personen in der Kapelle...
Habe ich das richtig verstanden?
Kenon - 15.10.2007 um 13:08 Uhr
Zitat:
düstere und hoffnungslose Werke werden nur von toten Dichtern gern genommen, scheint mir...
An dieser Beobachtung könnte etwas dran sein. Der tragische Dichter, der - warum auch immer - nach seinem Tod gelesen werden möchte, sollte darauf achten, dass selbiger ein begaffenswertes Ereignis abgibt. Suizid ist hier fast immer das probate Mittel der Gestaltung, doch gibt auch er keine Garantie auf posthumen Glanz.
DataBoo - 15.10.2007 um 15:23 Uhr
@Hermes
*Wenn es sich auch in den von Dir eingestellten Auszügen verworren liest, (...)*
Das liegt sicherlich daran, dass beide Szenen sich nicht in direkter Folge auch tatsächlich so abspielen. Bis zur Mitte des Stücks liegt der Fokus eher auf den Mann, bis zum Ende bekommt die Frau tendenziell mehr Beachtung zu. Die Redner sind der Spott, der Sarkasmus, biterböse Ironie. Sie verlachen die Menschen in ihren Handlungen. Ich wollte nicht das komplette Stück hier veröffentlichen, lediglich Szenen streuen und vielleicht einen groben Rahmen geben. Ich war einfach auf Reaktionen gespannt.
Hier hab ich die Mitte (Soldatenheimkehr) und fast das Ende des Stücks zusammengeschoben, davor und dazwischen passiert ja noch einiges ;)
Du hast Recht Hermes, es geht um all die Dinge die Du benannt hast und noch um mehr. Die Entfremdung des Menschen im Allgemeinen, in der Familie/Partnerschaft usw. und das Abhandensein von Hoffnung und der Sehnsucht nach dem Leben sind in diesem Stück zentrale Themen. Natürlich sind viele Szenen und Dialoge absurd und entsprechend überzeichnet, aber das war auch mein Ziel. EXIT bietet keine Lösungen an, soll nur zum Nachdenken anregen und ein wenig mit dem Siegel des ungewöhnlichen Stils daherkommen, ein wenig Angst machen darf das Stück auch.........bbbrrrrrrrr ;))
Manchmal sind die Zeilen verschoben und alles liest sich nicht so schick, sorry, das war keine Absicht, die Kopie vom Org. kommt hier nicht 1:1 an, und auf lange Korrekturen hatte ich keinen Bock. Man kann es ja halbwegs straight lesen; das nun dazu.
Zur Story:
Es ist im Grunde genommen eine banale Geschichte: Mann & Frau finden zusammen, der Mann muss zur Armee und in den Krieg. Beide leiden unter diesen Bedingungen. Der Mann kommt aus dem Krieg mit einem Trauma zurück, erschießt seine schwangere Frau und sich selbst.
Nach dem Tod gibt die Frau ihre Verletzlichkeit preis. Ich betrachte Exit auch als eine Art Anklage gegen das Verhältnis des Krieges, gegen überbordernde Unmenschlichkeit. usw...
baerchen - 15.10.2007 um 16:12 Uhr
Diese Nachricht wurde von baerchen um 16:12:48 am 15.10.2007 editiert
Zitat:
Suizid ist hier fast immer das probate Mittel der Gestaltung, doch gibt auch er keine Garantie auf posthumen Glanz.
(Vorsicht, Ironie:) die Frau war schwanger. Also ist ihr Erschießung auch ein Suizid.
Zitat:
auch, wenn es sich verworen liest
das ganze Leben ist verworren.
Und der Text ist es auch, ohne, dass er sich nicht in direkter Folge so abspielt.
(Der Besuch der alten Dame ist auch verworren.)
Wann kommt das Buch raus?
DataBoo - 15.10.2007 um 16:35 Uhr
Suizidsequenz von MENSCH/MANN
(Nach dem Tag am Meer)
_________________________
REDNER EINS: Ein Mensch
suchend
öffnet
ein
zwei
drei
Schubladen
Bis er den Revolver findet
und diesen dann gegen sein
Fleisch richtet.
BEIDE REDNER: Den Lauf der Dinge im Mund.
REDNER EINS: HIER SPRICHT DIE
ENTSCHOSSENHEIT!
ICH BIN IST DER ABZUG!
REDNER ZWEI: DAS PROJEKTIL!
SIE
DRINGT IN SEINEN KOPF
DURCH SEINEN KOPF
HINDURCH
UND DURCHSCHLÄGT
DEN SPIEGEL AN DER
GEGENÜBERLIEGENDEN
WAND MIT EINEM EINZIGEN
LAUTEN KNALL IN EINER
STERNENKLAREN NACHT.
REDNER EINS: SINNENTLEERT
UND MIT LETZTEN SCHLÄGEN
VERSTUMMT DAS HERZ
(DAS KEIN HERZ IST)
AUF DER STRASSE DER
SEHNSUCHT NACH EINEM
EINGRIFF.
REDNER ZWEI: DER AUGENBLICK DER
WAHRHEIT,WENN IM SPIEGEL
DAS FEINDBILD AUFTAUCHT,
DIR ZUZWINKERT UND DANN
MIT DIR ZERSPLITTERT.
REDNER EINS: DER KLEINE MENSCH, W.Reich
SAGTE IHM GESTERN NOCH
AUF WIEDERSEHEN, IST NUN
IKARUS
IM STURZ.
RESULTAT SEINER
GEDANKENLOSIGKEIT,
DIE SEINE HANDLUNGEN
ZU DIRIGIEREN PFLEGTE.
NUN, VOM LEBEN LOSGELÖST, IN
BLUT GEKLEIDET UND
VON FALLSUCHT ERGRIFFEN,
ZERSCHLÄGT DER AUFPRALL
STAB UND FLÜGEL.
REDNER ZWEI: EIN RADIO SPIELT DIE KLEINE
NACHTMUSIK.
VON IRGENDWOHER HÖRT MAN
EIN KIND SCHLUCHZEN
UND EIN LIEBESPAAR IM TAKT
VON „EL CONDOR PASA.“
DIE PRESSE SCHREIBT VON
EINEM JAHUNDERTSOMMER
MENSCH/ MANN (schreit): AUS! AUS!
REDNER EINS: (wirft jubelnd die Arme in die
Höhe) Und noch mal!
MENSCH/ MANN (schreit): AUS!
REDNER EINS: WIE NUMMER 14
DAS N FÜR NEIN!
LEIDEND IM ALPHABET
SCHREIT DIE ORDNUNG
IM SCHWANKENDEN STUHL,
WEIL BRENNENDE SÄULEN
ALS FÜSSE
DROHEN ZU BRECHEN.
DIE NATUR ISST IHRE KINDER!
TÄGLICH!
(MENSCH/ MANN stöhnt kurz auf und sackt dann auf dem Stuhl in sich zusammen; stirbt.)
REDNER ZWEI: SIE HÄLT NOCH NICHT EINMAL DIE HAND VOR DEM MUND, BEIM RÜLPSEN!
-----------
...und nun das Ende: (knüpft direkt an meinen 2. Beitag an/ Kapelle! Anmerkung: Dr. Behrens & Lukas arbeiten im Gerichtsmedizinischen Institut, Dr. Behrens vergeht sich dort an Mensch/Frau.)
REDNER EINS: Das Bild ist noch nicht beendet!
Sex sales.
Im Obduktionsraum, erinnerst du
dich, dein unfreiwilliger Fick?
MENSCH/ FRAU: Zwischen meinen Beinen fühlt
es sich wund an.
REDNER EINS: Ach.
REDNER ZWEI: Bildhintergrund?
Beamer 1&2: Dr. Behrens/Lukas
MENSCH/ FRAU: Monolog im Zwischenraum!
Endpunkt der Ästhetik.
Du kannst mich schneiden, kannst
mich ritzen, kannst mich mit
Samen bespritzen.
Meinen Geist behalt ich (zeigt zu
ihrem Kopf) hier!
Der bleibt nur mir!
Du kannst mich sägen, kannst
mich pflegen, mich dann
von der Bahre heben, kannst mich
rütteln, kannst mich schütteln,
mir meinen ganzen Leib
zerstückeln.
Meinen Geist behalt ich (zeigt zu
ihrem Herz)hier!
Der bleibt nur mir!
(MENSCH/ FRAU verzerrt ihr Gesicht vor scheinbar unbekanntem Schmerz. Hält sich den Kopf mit beiden Händen, bricht zusammen und sackt auf die Knie.)
Was soll das Schütteln?
Was soll das Rütteln?
Was soll das stützen?
Was kann es nützen?
Mein Fleisch, das könnt ihr haben,
den Leib, den lass ich hier!
Mein Geist bleibt bei mir!
Endpunkt der Ethik!
Beamer 1&2: Fade Out
REDNER EINS: Hm, sehr aufschlussreich!
REDNER ZWEI: (kichert)
REDNER EINS: (an den MENSCH/ Frau): Hast du
nun Deine Ruhe?
MENSCH/ FRAU: Ja!
REDNER EINS: Infos für Cash, Baby! Noch hast
du nicht deine Ruhe!
Dein Todestag! Wie lagst du dort
am Strand?
MENSCH/ FRAU: Eingerollt wie ein Kind, wenn es
draußen kalt ist. Ich friere.
REDNER ZWEI: Lasst uns nun die Auktion
beginnen!
(REDNER EINS hält einen leeren Bilderrahmen in die Höhe.)
REDNER EINS: Deine Erinnerungen formen die
Hand, deine Zunge den
Pinsel. Deine Worte bilden die
Farben, sind die Farben,
mischen die Farben. Ach, herrje,
nun schmiere nicht, male,
konzentriere dich auf den Akt der
Kunst!
REDNER ZWEI: Bildmitte?
MENSCH/ FRAU: Im ausbleibenden
Muskelzucken des
Kinderherzens , der
unerfüllten Hoffnung im
Wendekreis zukünftiger
Generationen, atmet er auf.
Unverbrauchte Zellenkraft,
ungeboren, bald Madenbeet vor
seinen Füßen. Ich sehe meinen
Mann.
Der letzte der drei Schüsse ist
längst verhallt.
Die Möwen sind fort, das
Wasser färbt sich rot. Meine
Gedanken sind nun frei, nun
nimm meine Hand mein Tod.
Pause-
REDNER ZWEI: Weiter!
MENSCH/ FRAU (verzweifelt): Ich kann nicht mehr!
Lasst mich doch in Ruhe!
REDNER ZWEI: Nun hast du Zeit, du bist uns
noch was schuldig. Dein
Grabstein ist noch nicht bezahlt,
oder sollen wir deine Asche
in alle Winde verstreuen? Man
kann auch inzwischen einen
Totenstein aus deiner Asche
brennen,ab einer gewissen
Summe ist alles möglich,
nur eine Frage der
Zahlungsfähigkeit!
MENSCH/ FRAU (flehend): Bitte, ich kann nicht
mehr, lasst mich nun ziehen!
REDNER EINS: Wenn das dein Wille ist, dann -
MENSCH/ FRAU: Halt! Nicht doch
………………….…also gut.
(Fällt auf die Knie, beginnt laut zu
beten) Ich rufe Euch,
sammelt für mich, die verlorene
Seele! Kippt vornüber und
bleibt regungslos liegen.
(Auftritt: Spendensammlerinnen: Zwei barbusige Frauen (verkleidet als Playboybunnys mit geschminkten Totenmasken) betreten den Zuschauerraum mit einem Silbertablett in den Händen, auf dem jeweils ein Teddybär liegt. Die Spendensammlerinnen gehen durch die Zuschauerreihen, weiden die Teddybären dabei aus und verteilen den Füllstoff an die Zuschauer. Sammeln symbolisch Geld ein. Spendensammlerinnen AB. )
MENSCH/ FRAU (steht langsam wieder auf): Hatte
ich dich verloren? Ich spürte dich
gerade, glaubte dich gar zu
sehen. Es war alles so hell, so
weiß und dann blau.
Beamer 1&2: blau
MENSCH/ FRAU (deutet auf die Beamer):
SEHNSUCHT! Da bist du nun!
BEAMER 1&2 Blau. Fade IN: Die SEHNSUCHT – (Schemenhafte Gestalt in blauem Licht)
REDNER ZWEI: DIE SEHNSUCHT!
MENSCH/ FRAU: Ja, ich… spürte sie,
sah sie,
verpasste sie,
hasste sie,
liebte sie.
REDNER EINS: STOP!
Target destroyed!
Please insert coin!
Höre was sie Dir noch zu sagen
hat!
REDNER ZWEI: SEHNSUCHT
Wund durch den Alltag, in einem
zerschlissenen Kleid, zerbissen
durch der Selbstsucht Fänge,
abgeschabt vom gehetzten Blick,
der Augen im Großstadtdarm.
Das Wort ist der Stein, der Dialog
der Steinschlag.
MENSCH/ FRAU: Hab ich was Schlechtes getan?
War ich ein schlechter Mensch?
Die SEHNSUCHT: Du hast mich genährt, ich bin
fett geworden. Du hast dich
verloren.Dein Mann, dein
Mörder hat sich verloren. Hat
mich verloren.
Betrog die Liebe mit dem Krieg.
MENSCH/ MANN (klettert aus dem Sarg): Warte
Sehnsucht, ich wollte das nicht,
es war ein Unfall!
BEIDE REDNER: Zu spät ist die Umkehr jetzt und
rede nicht von Unfall!
Schlechtes Gewissen? Ein
Anflug von Menschlichkeit? Du
warst doch ein guter Soldat, nicht
wahr?
MENSCH/ FRAU: (dreht sich zum MENSCH/MANN
um) Genau! Es war Mord!
Kaltblütig!
MENSCH/ MANN: Der Krieg hat mich geblendet.
MENSCH/ FRAU: Ausrede!
REDNER ZWEI: Ha, und was für eine!
MENSCH/ FRAU (frustriert zum Mörder): Du hast
nie etwas gesehen.
MENSCH/ MANN: Ich bin, ich war ein guter
Schütze! Ich habe, ich hatte
Augen wie ein Luchs!
BEIDE REDNER: Warst du ein guter Soldat?
MENSCH/ MANN (nimmt Haltung an, salutiert):
Jawohl! Der Beste!
SEHNSUCHT:
Schweig und füttere dein Gehör!
Mensch!
NADA
Ohne mich das fehlende Teil im Puzzle.
Du wirst den Drachen nicht in den Himmel bringen, wenn die Winde anderenorts singen!
NADA
Ohne mich errichtest du Mauern die uns trennen.
NADA
Niemals, nirgendwann - wo – mehr
bist du eine Blüte, die so blüht, mit mir so sehr.
Ich
Nymphomanin und Nemesis
auch
Wiege
Aufstand
Faustschlag
Beil
Projektil
und
Elektrode
räche jeden
der mich nimmt
an dem
der mich abweist.
COME A LITTLE BIT CLOSER
REDNER ZWEI: Zum Ersten, zum Zweiten und
zum Dritten! Opfer und Täter.
Der Mensch hat Blut an den
Händen. Bild kauft Bild!
REDNER EINS: Glaubst du an Gott, Mensch?
MENSCH: Besitz geht über in die Hand
anderer.
MENSCH/ FRAU: Vielleicht öffnen sich
Himmelspforten für mich. Die
neue Armut bleibt mir erspart.
Es birgt alles etwas Gutes, leider
nicht für das schwächste Glied in
der Kette der Ereignisse.
MENSCH/ MANN: Durch die Tore der Hölle werde
ich schreiten. Als hätte ich sie
nie genug gesehen!
REDNER EINS: Mitleid haben wir nicht geladen!
MENSCH/ MANN (an MENSCH/FRAU gewandt):
Auf dem Weg wirst du noch
einmal zurückschauen,
einmal für Dich,
einmal für mich.
Ein letztes Mal wink ich Dir zu,
einmal für Dich,
einmal für mich.
Nun warte ich hier auf den Verfall
und den Beifall der Würmer,
wenn er mich auszieht, bis auf
die Knochen.
MENSCH/ FRAU: EXIT YOU
EXIT ME
EXIT US
- BLACK-
DataBoo - 15.10.2007 um 16:39 Uhr
HAllo baerchen,
na nen bissl brauch ich noch. ;- ) Sag dir aber Bescheid!
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