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LX.C - 10.05.2007 um 16:00 Uhr
[Quote]Die Grundbegriffe und methodischen Funktionen, die seit dem klassischen Griechentum ausgebildet, auf den Weltstoff angewendet werden, um aus ihm philosophische Weltbilder zu formen, haben, wie ich glaube, alles geleistet, was sie in dieser Hinsicht hergeben können. Der philosophische Trieb, dessen Ausdruck sie waren, ist an ihnen selbst zu Richtungen, Bewegtheiten, Bedürfnissen entwickelt, denen sie nicht mehr angemessen sind; wenn die Zeichen nicht trügen, beginnt der ganze philosophische Apparat zu einem Gehäuse zu werden, das vom Leben entleert ist.
Quelle: Simmel, Georg: Die Krisis der Kultur, in: Der Krieg und die geistigen Entscheidungen, in: Gesamtausgabe 16, Suhrkamp Verlag, Frankfurt a.M. 1999, S. 44.
[/Quote]
Franklin Bekker - 10.05.2007 um 16:07 Uhr
also als philoophiestudent muss ich dazu sage: ich denke nicht.
mande - 14.05.2007 um 21:10 Uhr
Diese Nachricht wurde von mande um 21:13:16 am 14.05.2007 editiert
Ich denke,
also ich bin.
(Descartes)
Ich denke nach,
und ich zweifle.
(Mande)
*
Ich denke,
also ich bin.
(Descartes)
Ich denke,
also ich bin,
macht nicht
immer Sinn!
(Mande)
Warum?
(Descartes)
Weil:
Viele denken nie
und sind dennoch,
irgendwie
(Mande)
Filosofie heute:
Wie kann ich meine Rechnungen bezahlen?
(Mande)
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Die Ware ist das Ganze. (Kaufmann von Venedig)
Herr Aldi - 14.05.2007 um 22:14 Uhr
Auch Platon war sicherlich kein Popstar bei der einfachen Bevölkerung Griechenlands. Aber er hat das Abendland geprägt wie sonst nur Jesus. Was solls.
Deutsche, kauft deutsche Zitronen!
Kurt Tucholsky
Es gibt vielerlei Lärme. Aber es gibt nur eine Stille.
Auch Kurt Tucholsky
Nur die wenigsten Weinkenner sind auch gute Winzer.
Herr Aldi
Kenon - 22.05.2007 um 11:35 Uhr
So lange der Mensch denkt und handelt, sein Denken sein Handeln mitbestimmt und sein Handeln sein Denken, wird es eine Philosophie geben, die sich nicht im leeren Raum entfaltet, da ihre Methode das Denken und ihr Stoff die Lebenspraxis ist.
Die Philosophie nach Simmel (Phänomenologie, Existenzialismus, Kritische Theorie, Postmoderne usw.) widerlegt Simmel.
LX.C - 22.05.2007 um 13:06 Uhr
Philosophie, die sich nicht im leeren Raum entfaltet, wird in anderen Wissenschaften längst konkreter und produktiver gedacht und in Lebenspraxis aufgelöst. Wozu benötigen wir noch eine abgekoppelte Philosophie? Philosophie kann nur noch Selbstzweck sein, ihr Stoff ist nicht mehr die Lebenspraxis, ihr Stoff sind die traditionellen philosophischen Begriffe, die sich ohne jeglichen Praxisbezug verselbstständigt haben.
LX.C - 22.05.2007 um 13:19 Uhr
Der Existentialismus ist übrigens ein schönes Negativbeispiel. Eine philosophische Richtung, die endlich wieder Bezug zum einzelnen Individuum in seiner Lebenswelt fand, wurde von der Philosophie selbst als nicht ernstzunehmend abgetan. Ganz ähnlich wie die Lebensphilosophie im 19. Jahrhundert, mit der der Existentialismus sein Schicksal teilt. Lebenspraxis ist nicht gefragt.
Kenon - 22.05.2007 um 13:30 Uhr
Die Philosophie wetteifert nicht mit den Einzelwissenschaften; so ist es z.B. nicht ihre Aufgabe, Anleitung zu geben, wie einer 98-jährigen ein neues Hüftgelenk einzubauen ist, aber sie kann sich fragen, ob das überhaupt ethisch tragbar ist und darauf Antwort geben.
Zitat:
Die Geschichte der Philosophie wird nie zu Ende sein, aber wenn, wie Hegel gesagt hat, die Philosophie jeweils ihre Zeit in Gedanken gefaßt ist, dann wird mit den gewaltigen Veränderungen der Welt, in der wir uns befinden, auch der Fortgang des philosophischen Gedankens sich zeitigen, sowohl seiner Herkunft nach wie auch in der nicht absehbaren Offenheit seiner Zukunft.
Hans-Georg Gadamer
Ansonsten gilt nach wie vor, was ich in meiner ersten Antwort schrieb.
Kenon - 22.05.2007 um 13:36 Uhr
Zitat:
Der Existentialismus ist übrigens ein schönes Negativbeispiel. Eine philosophische Richtung, die endlich wieder Bezug zum einzelnen Individuum in seiner Lebenswelt fand, wurde von der Philosophie selbst als nicht ernstzunehmend abgetan.
Welcher Philosophie? Der akademischen? Das meint dann welche Lehrinstitute? Und wen kümmern die? ;)
LX.C - 22.05.2007 um 14:01 Uhr
[Quote]Die Philosophie wetteifert nicht mit den Einzelwissenschaften[/Quote]
Die Philosophie ist längst aufgegangen in Einzelwissenschaften. Was übrig bleibt sind metaphysische Begriffe, die sich fortwährend in den eigenen Schwanz beißen, wie in meiner ersten Antwort auf deine erste Antwort beschrieben.
Was den Existentialismus betrifft, so ist dessen Problem der Anerkennung kein Geheimnis, das weißt du ebenso wie ich.
Du fragst, wen kümmern diese ablehnenden Standpunkte? Ja welche Standpunkte philosophischer Art kümmern dann überhaupt?
Gast873 - 22.05.2007 um 14:14 Uhr
Und was ist dann der Unterschied zu früher?
Gruß
Hyperion
Kenon - 22.05.2007 um 14:27 Uhr
Zitat:
Ja welche Standpunkte philosophischer Art kümmern dann überhaupt?
Das kann man nicht allgemeingültig beantworten, sondern muss sich jeder selbst fragen, vorausgesetzt er möchte das überhaupt. Wenn Deine Antwort hier "Kein Standpunkt" ist - Deine Sache, Dein Standpunkt. Ich muss mich ja z.B. auch nicht mit EU-Anbaukennziffern agrarisch genutzter Flächen befassen, wenn ich darin keinen Sinn sehe, auch wenn das sehr konkret usw. ist.
LX.C - 22.05.2007 um 14:34 Uhr
Ja, eben. Dann frag doch aber auf ein Beispiel nicht so rhetorisch, wen diese Standpunkte kümmern.
Herr Aldi - 22.05.2007 um 16:32 Uhr
Diese Nachricht wurde von Herr Aldi um 16:38:05 am 22.05.2007 editiert
Den lebensweltlichen Nutzen der String-Theorie vermag mir auch niemand zu erklären, oder den der Theorie unzähliger Universen, die neben unserem eigenen existieren. Der lebensweltliche Nutzen von fundierter philosophischer Wissenschaftskritik und das Aufmerksammachen auf gewisse interpretatorische Schnellschüsse - etwa aus der Hirnforschung - leuchtet mir hingegen sofort ein. Auch die Frage nach dem Grundeinkommen ist nicht nur eine Frage der Wirtschaftswissenschaften.
Warum eigentlich konnte sich der Existenzialismus nicht durchsetzen? Ist Barthes´ Geblubber vom simulacrum oder Derridas obskure différance da so viel ernstzunehmender? - Her mit dem Neoexistenzialismus.
Franklin Bekker - 23.05.2007 um 12:33 Uhr
Diese Nachricht wurde von Franklin Bekker um 12:45:29 am 23.05.2007 editiert
Gerade Einzelwissenschaften brauchen Philosophie. Aus irgendeiner Philosophie genommene Denkvoraussetzungen, die sich wild wuchernd ohne BEZUG zum Leben daran machen Wahrheiten zu produzieren ...
Wenn ich an Psychologie denke und wie sie selbst kein Auge dafür hat, wo sie sich moralisch überschreibt... Mir fällt spontan das Experiment mit der Puppe Chucky ein, das als Beweis dafür gilt, dass Gewaltfilme gewalttätig machen.
Oder wenn ich an Intertextualität denke ein absolut abgedrehtes Konzept, dass auf mein "Guten Morgen Herr Professor" die Unterscheidung eigene/ fremde Rede anwendet, ohne zu fragen, ob das nicht eine Überrezeption des Individualitätsgedankens sein könnte ...
Ohne Religion, ohne Staat, der uns vorschreibt, was wir zu denken haben, brauchen wir etwas, das Kontakt zu dem, was geglaubt wird (lebenspraktisch) hält. Und Wissenschaften sind eben nur dazu da, das was wir glauben zu "beweisen" oder zu rezipieren.
Was wir glauben noch? Ja. An Kritik, an Emanzipation, an Logik, an den Einzelnen usw...
Die Philosophie ist der Hofstaat des Individuums. (Ein Individuum, das vielleicht gemerkt hat, dass es mit Philosophien, die von dem Richtigen und dem Falschen reden nichts anfangen kann, weil es ja im Zweifelsfall doch erst entscheiden muss, was richtig und was falsch ist. Aber es gibt eben auch Philosphien, die sich hier noch verwenden lassen ... Nietzsche, Sartre, Levinas, Stegmaier ^^)
Gast873 - 24.05.2007 um 21:42 Uhr
Zitat:
Zusatz. Die Philosophie bildet einen Kreis: sie hat ein Erstes, Unmittelbares, da sie überhaupt anfangen muß, ein nicht Erwiesenes, das kein Resultat ist. Aber womit die Philosophie anfängt, ist unmittelbar relativ, indem es an einem anderen Endpunkt als Resultat erscheinen muß. Sie ist eine Folge, die nicht in der Luft hängt, nicht ein unmittelbar Anfangendes, sondern sie ist sich rundend.
Aus: G.W.F. Hegel „Grundlinien der Philosophie des Rechts“, Werke 7, Suhrkamp Taschenbuch Wissenschaft (stw) 607, Suhrkamp Verlag Frankfurt a.M. 1970,
Daraus: § 2, Seite: 30.
Hegelianisch interpretiert, bedeutet das: Die Philosophie ist zirkulär progressiv, aber sie hat einen mehr oder minder willkürlichen Anfangspunkt, weil sie irgendwo anfangen muss. (z.B. beim Absoluten, beim Gott, beim cogito, beim Ich, Beim A=A, bei den Kategorien, bei der sinnlichen Wahrnehmung, bei der Monade, bei der Idee usf. was alles nicht als notwendig erwiesener Anfangspunkt gelten kann, aber angenommen werden muss). Doch Vorsicht, das schließt die praktische Philosophie nicht aus. Für Hegel ist das alles wirklich, was vernünftig ist, und ist ein vernünftiger Lauf der Geschichte der Philosophie und des Geistes, der sich so entwickelt hat, wie er sich entwickelt hat. Gelegentlich kommen „Unfälle der Geschichte“ vor, aber die Philosophie kann nie richtige Ratschläge für das praktische Leben erteilen, weil sie immer ein Kind ihrer Zeit ist. Sie kann nach Hegel erst von seinem finiten Standpunkt der Geschichte aus rückwirkend auf die Geschichte blicken und analysieren, aber eine französische Revolution weder hervorbringen (der späte Hegel war anti-revolutionär) noch verhindern.
Die Philosophie ist eine apriorische Wissenschaft, die sich im Gegenteil zu ALLEN anderen Disziplinen, aus sich heraus selbst begründen kann, oder sie kann zumindest argumentativ-begrifflich erklären, warum man die absolute Wahrheit, die absolute Letztbegründung, den Stein der Weisen, nicht finden kann. Die Eulen der Minerva fliegen bekanntlich erst in der Dämmerung, und wenn schon, dann bitte in der Morgendämmerung, würde O. Höffe, sagen.
Gruß
Hyperion
LX.C - 22.08.2007 um 18:16 Uhr
Diese Nachricht wurde von LX.C um 18:22:38 am 22.08.2007 editiert
[Quote]Die Philosophie ist innerhalb der historischen Bildung ohne Recht, falls sie mehr sein will als ein innerlich zurückgehaltenes Wissen ohne Wirken; wäre der moderne Mensch überhaupt nur mutig und entschlossen, wäre er nicht selbst in seinen Feindschaften nur ein innerliches Wesen: er würde sie verbannen; so begnügt er sich, ihre Nudität schamhaft zu verkleiden. Ja, man denkt, schreibt, druckt, spricht, lehrt philosophisch – so weit ist ungefähr alles erlaubt; nur im Handeln, im sogenannten Leben ist es anders: da ist immer nur eins erlaubt und alles andere einfach unmöglich: so will’s die historische Bildung. Sind das noch Menschen, fragt man sich dann, oder vielleicht nur Denk-, Schreib- und Redemaschinen?
(Nietzsche, Friedrich: Vom Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben, Reclam jun., Stuttgart 1970, S. 48.)
[/Quote]
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