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--- Fenster auf, der Lenz ist da

hwg - 16.02.2007 um 08:30 Uhr



Klimaschutz hin – Wetterkapriolen her: Unser Kalender zeigt, seit es ihn gibt, im März den Frühlingsbeginn an. Zwar könnten manche Liebesgefühle auch während der ungewohnt milden Winterszeit ihren Höhepunkt erreicht haben, doch, so will es auch der Poet, schießt Amor bald besonders eifrig seine Pfeile ab. Und auch sonst öffnet sich allerhand. Jeder macht auf, was er so hat. Die Geschäftsleute den Steuerbescheid, die Eisdiele den Gastgarten, Partnervermittlungen ihre Fotogalerien, „alte Mädchen“ ihr Poesiealbum und Spitzbuben ein Geschäft (mit dem Stemmeisen). Ferner werden auch Autodächer, Liebesbriefe und Freibäder Zug um Zug geöffnet. Und der rüstige Lebemann summt vor sich hin: „Mit siebzig hat man noch Träume…“.

Doch auch das eifrige Suchen hebt allerorten an. Nach einsamen Herzen, nach Freizeitpartnern, nach Telefonnummern und nach glaubwürdigen Ausreden für die treu sorgende Gattin, die ihrerseits einen plausiblen Grund für die Anschaffung eines neuen Kleides aus der Nobelboutique sucht. Die Besitzerin einer Boxerhündin sucht nach einem Rüden mit Stammbaum, ein Freizeitsportler sucht seinen Skibob gegen ein Faltboot umzutauschen. Und treulose Ehemänner suchen nach dem Trauring unter einer wildfremden Bettstatt, weil sie doch ohne nicht heimkommen dürfen. Kinder suchen nach den ersten Käfern im Rasen des Parks, in Käfigen gehaltene Wellensittiche suchen das Weite.
Dichter wiederum suchen nach dem passenden Reim, Lehrlinge nach moralischem Halt, Enttäuschte nach einem neuen Lebensinhalt und zerstreute Pädagogen nach ihrem Regenschirm.

Freilich, viele Zeitgenossen nörgeln am Frühling herum. Diese meinen, heuer komme er entweder zu früh oder zu spät. Oder der ihn vielfach begleitende Föhn mache einen ganz wirr und leidend. Nur die Kinder und die abgeklärten Senioren sind meistens ganz zufrieden. Und es spielen die einen in der Erinnerung, die Ersteren aber im Garten „Vater und Mutter“.
Otto macht jedenfalls erst einmal die Fenster weit auf und summt vor sich hin: „Es wird in hundert Jahren wieder so ein Frühling sein – genau so schön mein Kind wie heute. Vielleicht steht dort noch unsre alte Bank im Sonnenschein, doch die drauf sitzen, sind dann andre Leute“.




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