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-- Medienkritik & Kommunikation
--- Warnung vor James Blond

Matze - 23.11.2006 um 19:39 Uhr

Eigentlich sind Bond–Filme ultrapeinlich. Allein die Plakate: ein Mann im Smoking, die Pistole neben der Nase. Auf geradezu rührende Weise erfüllte sich mit der Doppel-Null die Männerfantasie einer ewigen Gegenwart williger Mädchen, dienstfertiger Barmänner und lustiger Spielzeuge. Natürlich ist das Peinliche auch das Attraktive: Die geistreiche Konversation mit Manieren und Martinis verkleidet nur notdürftig die kindische Grössenfantasie eines Scherzartikel–Spions. Bond schaffte den Wechsel von Sean Connerys domestiziertem Barbarentum zu Roger Moores gelassener sophistication. Selbst ein Buchhalter–Typus wie George Lazenby konnte 007 nichts anhaben, und besonders Pierce Brosnan ging virtuos damit um, feuchte Träume zu verkörpern. Darüber hinaus öffnete er das Genre für die weibliche Machtfantasie und machte es so auch für Frauen attraktiv.

Die Zeit der selbstironischen Playboys ist vorüber. Das Miss Moneypenny pensioniert wurde, ist kein grosser Verlust, aber das der Schuss Monty–Python durch den Waffen– und Technikbastler Q fehlt, ist ein tragischer Verlust. Auch Judi Dencs "M" kann das nicht kompensieren. Gut, wir wissen nun, dass dieser Blond seien 00 im wahrsten Sinne des Ortes auf der Toilette erwarben hat. Genauso flach, wie dieser Witz ist die Handlung von 21. Mit der Blondine ist 007 wieder etwas für Jungs, die auf der Strasse stehenbleiben, wenn irgendwo ein roter Sportwagen parkt, und anfangen, mit Wildfremden über Hubraum zu fachsimpeln. Für Jungs, die den Playboy nicht nur unter der Bettdecke lesen, sondern auch später noch daraus ihre Anregungen beziehen. Um es kurz zu machen: Dieser Blondfilm ist etwas für Leute, die sonst mit dem Kino nichts am Hut haben. Die Szene, in der man Blond erstmals "oben ohne" sieht, ist ebenso anspielungsreich wie aussagekräftig: Wie einst Ursula Andress in "Dr. No" entsteigt er lasziv dem Meer, während die Kamera seine Haut erkundet. Blond ist das Objekt der Begierde in diesem Film, eine Schwulenikone.

Es gab schon einmal einen ähnlichen Niedergang: 1969 übernahm George Lazenby die Rolle, auf Technikspielereien wurde weitgehend verzichtet, und auch damals durfte sich 007 tragisch verlieben. Was für ein Film hätte das werden können, wenn Quentin Tarrantino die Originalstory von Ian Fleming mit Pierce verfilmt hätte... So unterscheidet sich dieser Bond kaum von durchschnittlicher amerikanischer Aktionware. Der bessere Bond war bereits in Rob Cohens „xXx“ zu sehen: mit Vin Diesel als Geheimagent. Jede Zeit bekommt den Bond, den sie verdient. Das bedeutet jedoch nichts Gutes für unsere Zeit. Ich will den Bond zurück, den wir nicht verdienen.




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