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-- Lyrik
--- Josephine - Ein Trauerlied

Shiningmind - 10.08.2006 um 17:35 Uhr

Diese Nachricht wurde von Shiningmind um 17:40:34 am 10.08.2006 editiert

Diese Nachricht wurde von Shiningmind um 17:38:39 am 10.08.2006 editiert

Ich erinnere mich noch an die Zeit,
an der du plötzlich zu essen vergaßt,
Warst am Grund fast ertränkt vom tiefstem Leid,
obwohl dich deine Liebsten liebten, wie du warst.
Panzer, Pummelchen und Hummelchen,
nannten dich all die bösen Zungen,
dabei warst du ein so liebes Mädchen,
ich genoss uns´re schönen Stunden.

Aber niemand bemerkte nie,
wie laut deine Seele schrie,
und sich nach schlanker Schönheit zehrte,
bevor sich dein Körper wehrte,
denn in fünf Minuten fraßt du alles in dich hinein,
um auf der Toilette wieder alles auszuspeien,
Am Anfang noch fiel und fiel dein Gewicht,
Am Anfang noch freuten wir uns für dich.

Auf Suche nach Akzeptanz verfielst du der Schönheitssucht,
die sich unbändig fort durch unsere kranke Gesellschaft zieht,
Da wurde fasten für dich zu einer Art von Flucht,
bis Therapie das Einzige war, die zu leben für dich übrig blieb,
Alles haben wir versucht, dir den größten Mut zugesprochen,
Alle Liebe gegeben, die wir zu geben imstande waren,
Aber es half alles nichts, hast dein Essen weiter erbrochen,
bis nur noch die dünnsten Knochen aus deinem zartem Körper kamen.

Jetzt muss ich hier vor deinem Grabe stehen,
muss nach Erlösung meiner Trauer flehen,
weine tausend Freundschaftstränenrosen,
während Vorwürfe in mir weiter toben,
In meinem Herzen wirst du immer eine Zierde sein,
und ich weiß, trotz deines Todes, lässt du uns nie allein.
Bitte segne tröstend all die, die du liebst,
während du nun auf mit lieben Englein fliegst.




LeilahLilienruh - 10.08.2006 um 17:50 Uhr

Lieber Shiningmind,

die Bestie Magersucht hat uns allen schon viel zu viele wunderbare Mädchen geraubt. Ich kann es nicht mehr ertragen, hinter Särgen von verhungerten Freundinnen zu gehen oder sie in kalten Kliniken zurück zu lassen.
Allerdings dürfen wir nie vergessen, dass die eigentliche, tiefere Ursache nur selten der Wunsch nach Schlankheit ist!
Daher sende ich Dir ganz persönliche Gedanken dazu:


Eine Leere

Ich hungerte mir
die Wehmut vom Leib,
die Sehnsucht, die Furcht und das Leben.
Meine Seele erbrach
schwarze Wolken
aus zähem Erinnerungstran.
Meine Hoffnung ertrank
in Meeren von Tränen.
Vergebens,
nichts füllte die Leere.

Wie hungern mein Herz,
meine Seele, mein Leib
nach Freude, nach Zukunft, nach Leben.




Hermes - 10.08.2006 um 18:06 Uhr

Zitat:

Ich kann es nicht mehr ertragen, hinter Särgen von verhungerten Freundinnen zu gehen oder sie in kalten Kliniken zurück zu lassen.

Leilah,
das liest sich, als hättest Du die Shiningmindsche Erfahrung bereits mehrfach hinter Dich gebracht. Worin erklärt sich die merkwürdige Anhäufung - oder bin ich bisher einfach zu blind gewesen, um dieses besorgniserregendes Phänomen als harmlose und von Damen wie Spears / Aguilera / Beckham / Hilton und vielen anderen heraufbeschworene "Modeerscheinung" in der Gesellschaft der jungen Mädchen / Frauen abzutun?




LeilahLilienruh - 10.08.2006 um 18:43 Uhr

Diese Nachricht wurde von LeilahLilienruh um 18:51:35 am 10.08.2006 editiert

Lieber Hermes,

Magersucht (und Bulimie) ist in der Tat ein riesengroßes Problem - vor allem der westlichen, "hochzivilisierten" -Industriegesellschaften, das noch immer aus gutem Grund zu sehr totgeschwiegen wird.
Der neue, modebedingte Schlankheitswahn unter den Promis ist nur eine "chicke" Seite der Medaille, über die dann oft und gern berichtet wird. Natürlich schwappt dieses Denken mittlerweile auch auf tausende von naiven Teenies und sogar junge Erwachsene über, die ohnehin hinter jeder Welle herrennen.
Dabei wird leider wieder einmal klammheimlich unter den Teppich gekehrt, dass Essstörungen (nicht ausschließlich aber zu einem ganz großen Teil) durch frühkindliche Misshandlungen und Missbrauch bedingt sind. Oft wissen die Betroffenen das selbst nicht einmal mehr, weil das kindliche Gehirn eben die "Verdrängung" als Überlebensstrategie einsetzt.

Zu Deiner Grundfrage: Inwieweit ich persönlich betroffen war, möchte ich an dieser Stelle nicht gern erörtern, aber: ja, ich habe viele junge Frauen durch diese Hölle gehen sehen und zum Teil auch verloren.
Laut Statistik sterben ja noch immer etwa zwanzig Prozent der Betroffenen an Magersucht, entweder akut oder an den Folgeschäden.
Es ist zum Verzweifeln, aber weißt Du, was mich unglaublich wütend macht: Die sogenannte "Thinspiration"-Welle im Internet.
Kennst Du nicht? Wenn Du starke Nerven hast, schau doch einfach mal auf die "pro-ana" und "pro-mia"-Seiten im Netz, insbesondere auf die Fotos. Du wirst das kalte Grausen kriegen.
Ich kämpfe seit vielen Jahren dafür, dass keine Frau diesen Horror mehr durchmachen muss und nun sowas! Sorry, aber bei dem Thema werde ich sehr emotional.

Liebe Grüße
Leilah

P.S.: Würde mich über Deine Meinung freuen, falls Du mal auf die Seiten schauen solltest. Natürlich auch über Meinungsäußerungen von den anderen hier.




Shiningmind - 10.08.2006 um 21:25 Uhr

An Leilah:
Das sind tiefe, berührende Zeilen, welche du deinem Beitrag beigefügt hast und die das Problem bis auf den Punkt beschreiben. Sie gingen mir sehr nahe.Dafür will ich dir sehr herzlich danken und wenn du persönlich damit schon in Berührung kamst, ist es umso mutiger. Ich denke, dass das Phänomen der Bulimie nicht auf eine oder auf DIE Ursache zurückzuführen ist. Mehrere Faktoren spielen dabei eine Rolle. Eine davon mag das gesellschaftliche und mediale Schönheitsideal sein, dass bei labilen Personen (meist jungen Frauen) den Eindruck verschaffen kann, dass sie nicht mehr geliebt werden,sobald sie diese Maßstäbe nicht erfüllen. Es ist ein Druck an dem sie zu zerbrechen drohen. Wenn dann noch ein zerrüttetes Familienverhältnis und/oder Liebeskummer dazukommt, ist die Katastrophe vorprogrammiert, denn ich denke, dass eine solche Krankheit ein tiefer Schrei nach Liebe ist und sobald der/die Betroffene merkt, dass er/sie geliebt wird, ist es schon zu spät oder er mag diese Tatsache gar nicht glauben und so wird weitergehungert.

An Hermes:
Ich muss an dieser Stelle sagen, dass ich diese Erfahrung glücklicherweise noch nie gemacht habe. Das Gedicht ist reine Fiktion und teil meiner stillen Schauspiellyrik, in der ich mich in eine andere Person hineinversetze und aus deren Perspektive schreibe, um den Leser direkt auf gesellschaftliche Probleme aufmerksam zu machen und ihn mithilfe des lyrischen Ichs eventuell zu berühren und zu erreichen.
Wenn der Leser also glaubt, dass ich die Erfahrung durchgemacht haben könnte, hat das Gedicht seine Funktion schon erfüllt, da es die identifikationsbereitschaft mit dem Thema nur steigern kann.




LeilahLilienruh - 11.08.2006 um 00:59 Uhr

Lieber Shiningmind,

danke Dir für die netten Worte. Das Thema wühlt mich immer wieder sehr auf.

Ich finde, vor allem dafür, dass Du nicht direkt oder indirekt betroffen bist, hast Du Dich schreiberisch wirklich ausgezeichnet in die Gefühlslage sowohl der Erkrankten als auch ihres Umfeldes hinein versetzt.
Diese Fähigkeit ist unglaublich wertvoll für jede Form literarischen Arbeitens und jede Thematik.
Ich besitze diese Fähigkeit leider nicht in der Art, sondern stelle häufig bei mir selbst fest, dass ich Plots meide, bei denen ich nicht aus meinem Erfahrungsschatz schöpfen kann. Irgendwie ist es mir nicht gegeben, über meinen eigenen Tellerrand zu schauen.
Sobald ich den Versuch unternehme, mich in fremdes Terrain zu begeben, klinge ich ziemlich hölzern und "gewollt", einfach nicht authentisch.
Ich hoffe, dass ich dies dadurch auszugleichen vermag, dass ich mich in mir vertraute Themen umso intensiver versenke.
Zum Glück oder leider ( je nach Blickwinkel) habe ich bisher so viel erlebt, wie manch Anderer in fünf Leben, so dass mir das bekannte Material so schnell nicht ausgehen wird.

Liebe Grüße

Leilah




LX.C - 11.08.2006 um 02:02 Uhr

Berührendes Gedicht, Shiningmind.



Shiningmind - 11.08.2006 um 11:25 Uhr

Hallo Leilah,

ich habe mir deinen Rat zu Herzen genommen und mir diese besagten Pro Ana Bilder im Netz angeschaut. Zuerst hab ich mich gefragt, ob ich das wirklich sehen will aber da wir uns mit diesem Thema hier auseinandersetzen wollen, kam ich nicht drum herum. Was ich dabei am Abartigsten finde, sind nicht einmal die dünnen "Körper" (sind es überhaupt noch welche?), die ich da sehe, sondern viel mehr wie die Bilder versuchen Kunst zu sein und den Betrachter vorzugaukeln versuchen, dass so etwas schön sein soll. Erschreckend kommt da noch hinzu wie sich diese Leichenleiber wie Models durch das Bild räkeln. Hier stand eindeutig der Teufel hinter der Kamera.




LeilahLilienruh - 11.08.2006 um 17:31 Uhr

Sehr treffend formuliert, Shiningmind! Gemein finde ich auch die Heimtücke, mit der dort vorgegangen wird: Zuerst denkt man sich vielleicht noch gar nichts Böses, weil die Fotos der skelettierten Mädels zwischen noch recht hübschen (wenn auch sehr dünnen) Frauen versteckt sind. Aber bei intensiverem Durchgucken, tauchen immer wieder Mädels auf, denen man ansieht, dass sie die nächsten Monate nicht überleben werden.
Hast Du die Firmenwerbungen auf diesen Seiten gesehen? Da wird einem klar, welche Lobbys bei diesem Trend mal wieder ihre Finger im Spiel hatten.
Vor allem die Sprüche, die dort plakatiert werden, finde ich ekelerregend: "I want to be skin and bones." etc.

Ich stelle hier jetzt nur mal kurzfristig als Beispiel ein entsprechendes Foto ein, das ich aber demnächst wieder entferne.

Grüße Leilah





Hermes - 14.08.2006 um 16:15 Uhr

Schluck....nimm´s wieder heraus, bitte, ich hab´s gesehen...



LeilahLilienruh - 14.08.2006 um 16:29 Uhr

Lieber Hermes,

würde ich liebend gern tun, aber leider bin ich ein Technikdepp und habe nicht beachtet, dass Beiträge nur neunzig Minuten lang editierbar sind.
Hast Du eine Idee, wie man da vorgehen könnte?

Liebe Grüße

Leilah




Hermes - 14.08.2006 um 16:35 Uhr

Leider nicht, ich habe mir schon gedacht, dass das nicht funktionieren wird (Ähnliches ist mir bereits passiert). Du kannst nur warten, bis Kenon wieder aus seinem Auslandsaufenthalt zurückgekehrt ist. Er als Netzmeister hat sicher Zugriff.



Shiningmind - 14.08.2006 um 16:39 Uhr

Aus irgendeinem Grund sehe ich das Foto gar nicht mehr. Stattdessen steht da eine englische Anzeige, die besagt, dass der Zugriff auf dem Link untersagt ist und man diesen aktualisieren soll...komisch.



LeilahLilienruh - 14.08.2006 um 16:47 Uhr

Hallo Shiningmind,

steht das da wirklich bei Dir oder nimmst Du mich auf den Arm? Nicht lachen, aber ich habe echt keinen Schimmer von solchen Sachen.

Wie ist denn sowas technisch möglich? Also, wenn das Foto noch da ist, werde ich wirklich warten müssen, bis "der Chef" wieder im Hause ist.




Shiningmind - 14.08.2006 um 16:55 Uhr

Ja Leilah, du darfst mir das ruhig glauben, während ich dich geistig, schmunzelnd aber auch ehrlich anschaue. Es steht so vor meinen Augen, wie ich es gerade beschrieben habe. Wie man das Bild allerdings entfernen kann, weiß auch ich nicht, denn ich habe hier noch nie ein Bild reingestellt. Wahrscheinlich liegt die Entfernung des Bildes tatsächlich nur in den Händen der Betreiber.



Hermes - 14.08.2006 um 17:05 Uhr

Diese Nachricht wurde von Hermes um 17:06:02 am 14.08.2006 editiert

@ Shiningmind:

Gehört zwar nicht zum Thema, aber da ich immer so gern meinen Mitmenschen helfe... :-)

So geht´s (siehe auch: Liste der Smilies und Tags, die Sie verwenden können, zu finden unterhalb des Feldes "Vorschau" bzw. "Beitrag schreiben"):

[ img ]http://www.Webadresse des Bildes[ /img ]




Shiningmind - 14.08.2006 um 19:07 Uhr

...und wieder was dazu gelernt. Dank dir Hermes! :o)



Hermes - 09.09.2006 um 08:53 Uhr

Gerade las ich folgende Meldung, die in diesem Zusammenhang ganz gut passt:

Madrider Modewoche
Laufstegverbot für magere Models

Magere Models dürfen an der Madrider Modewoche "Pasarela Cibeles" künftig nicht mehr teilnehmen. Einen entsprechenden Beschluss fasste nach Presseberichten die Bezirksregierung von Madrid, die das Ereignis mitfinanziert. Sie schloss den Angaben zufolge mehr als 30 Prozent der Models, die beim letzten Mal dabei waren, vom Gang über den Laufsteg aus. Sie hatten zu wenig Gewicht auf die Waage gebracht (...)
http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,,OID5891792_REF1,00.html

Es besteht also noch Hoffnung. Vielleicht der Anfang eines Umdenkprozesses.




LeilahLilienruh - 09.09.2006 um 17:01 Uhr

Stimmt, ein Anfang ist es - ein Zeichen zumindest dafür, dass die Gefahr endlich in den Köpfen der Administration angekommen ist. Bis die Betroffenen lernen, aus diesem verhängnisvollen Denken, das sie sich über Jahre angeeignet haben, herauszukommen, kann allerdings viel Zeit vergehen. Zeit, in der wieder hunderte von Mädchen sich tothungern oder in Kiniken vegetieren.



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