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-- Prosa
--- Von Tag und Nacht

Silberschein - 12.07.2006 um 19:32 Uhr

"Diese Entspannung habe ich mir redlich verdient",
murmelte der alte Mann und zog dann wieder an seiner Zigarre. Es saß zuhause in seinem roten Lieblingssessel vor dem Kamin im Wohnzimmer. Das Feuer züngelte sich und verbreitete eine wohlige Wärme in ganzen Raum. Auf diese Momente freute er sich immer, wenn er morgens zur Arbeit ging, das er den Tag entspannt ausklingen lassen könne, mit einer feinen Havanna im Mund.
"Heute war aber auch ein harter Arbeitstag. Ich hätte nicht gedacht das ein einziger Lehrling mir so viel Mühe machen könnte. Na was solls, der Junge muss schließlich noch viel lernen. Es ist nicht einfach mit dem Gesetzt um zu gehen doch ich habe den Eindruck der Junge weiß was Recht und Ordnung ist. Vielleicht wird er ja auch einmal ein hoher Polizeibeamter, wie ich es bin. Schließlich begann meine Laufbahn als Polizist genauso.", dachte der alte Mann und freute sich für den Jungen das es vielleicht so rumreich für ihn verlaufen könnte. Er zündete sich eine neue Zigarre an und lehte sich in seinen bequemen Sessel zurück, zog an der Zigarre und atmete dann pechschwarzen Rauch aus. Seine Blicke fielen auf das Kaminfeuer vor ihm. Er musterte die gelborangen Flammen die aufwärtsstrebten und vergnügt vor sich hin züngelten und dabei ein springendes Knistern verbreiteten. Im Hintergrund konnte er die Wanduhr ticken hören, die er kürzlich noch aus einem Antiquariat für teures Geld hat erwerben können. Sie tickte so angenehm harmonisch das es ihm ganz behaglich wurde und sein Herz scheinbar dazu einlud auch harmonisch zu sein. Er blickte wieder auf das Feuer.
"Wie froh ich sein kann, mich an diesem Feuer zu wärmen. Was ist schon ein Mensch ohne Wärme? Ein toter Mensch...", philosophierte er vor sich hin und spürte eine Müdigkeit seinen Geist fangen. Langsam lies er die schweren Lider fallen und seufzte noch einmal schlaftrunken, dann begann er zu träumen. Fast. Er befand sich gerade auf der bunten Brücke zwischen Gegenward und Traum da schellte es dermaßen laut an der Haustür das er von einem Moment auf den Nächsten wachgerissen wurde. Er stand in windeseile auf, ohne überhaupt zu realisieren was passiert war. Sein Puls wurde ins kalte Wasser geworfen und schoss nun förmlich Blut durch die Adern das es einer Schnellstraße glich. Er fühlte den Schreck in seinen Knochen nachlassen und frage sich verwirrt, ob es wirklich an der Tür geschellt habe, oder ob das nur ein agressiver Alptraum gewesen war. Dann schellte es wieder laut wie ein Martinshorn an der Tür, aber gleich zweimal, sodass es dem alten Herrn deutlich bestätigte das es kein Apltraum gewesen war und pfeilschnell seine Fäuste ballen lies. "Wer verdammt nochmal, stört mich in meiner Ruhe um diese Zeit!", knirschte der inzwischen hellwach gewordenen Mann. "Der wird was erleben" hegte er Mordgedanken und machte sich im Schlafmantel zur Tür. Er ging über seinen teuren Perserteppich vorbei an der Wanduhr - die inzwischen 12 geschlagen hatte - in den mit Marmorfliesen belegten Flur. Dann schellte es Sturm, es muss ein Wahnsinniger sein. "Ja ich komm ja verdammt nochmal", brüllte er zur Weißglut gebracht und aus der Fassung geworfen zu der Tür. Er hastete rasch an dem teurem, englischen Sideboard vorbei und drückte die Klinke der Haustür. Schnaubend und auf ein Donnerwetter gespannt riss er die Tür auf. Er sah verblüfft nach draußen vor seine riesige, mehrflügelige Villa in den schwarzen, kahlen Nachthimmel, der von einem silbernen Mond unterbrochen war und einen fahlen Schein auf den Vorgarten seines Anwesens warf. Ansonsten war da nichts. Kein Mensch war weit und breit. Er musterte den Rasen und die Büsche und suchte analytisch genau nach irgendentetwas das sich bewegte. Irgendwo musste dieser kleine Scherzkecks doch stecken der ihm diesen üblen Streich spielte. "Wo bist du?", rief er wütend und verlassen in die Ferne. Doch er fühlte nur den kalten Nachtwind eine Brise um seinen Körper säuseln und sah nichts als das was ihm längst bekannt war. Dann sprang auf einmal eine kleine, menschenähnliche Gestalt aus einem der Büsche in den Mondschein und machte dabei einen scheinbar ungeheuren Eindruck, zumindestens schrie der Mann als wäre er vom Bitz getroffen. "Wer bist du?" drang es ihm ängstlich aus der Kehle. Die Gestalt aber kam langsam auf den Mann zu und hielt eine armlänge vor ihm an. Sie starrte den alten mit ihren blauen Augen ins Gesicht.
"Mein geachteter Lehrer,
weder wollte ich sie aus dem Schlafe wecken,
noch wollte ich sie zu Tode erschrecken.
Wiessen sie denn wirklich nicht wer ich bin?
Sie wissen doch sonst Allerlei.
Ich bin ihr Lehrling von der Polizei.",
sprach das Wesen in einem ruhigen Ton. Jetzt erkannte er ihn auch.
"Ja natürlich! Der Lehrling!",
drang ihm in den sinn. Er hatte ja noch heute mittag bei der Arbeit mit ihm zu tun gehabt. Das gab ihm selbstvertrauen und seine Angst wechselte so zu seiner alten Wut: "Was willst du hier! Lausbube. Ich werde dafür sorgen das du deine Stelle verlierst!",
schrie er ihn an.
"Mich noch mitten in der Nacht aus dem wohlverdienten Schlaf reißen!...",
fügte er leiser hinzu und starrte ihm paralysiert in die blauen Augen.
"Mein guter Herr,
Ich darf sie aus dem Schlaf reißen wann ich will.
Schließlich wurde er mir von ihnen erzogen, dieser Drill.
Und nicht das ist das einzige was ich von ihnen hab.
Auch ihr Anwesen, samt Einrichtung.
Die Villa in der sie stehen ist nicht mehr ihr Heim,
sondern ab jetzt ist sie allein noch mein.",
sprach der Lehrling unberührt und gelassen.
Was redest du da für eine Unfug und Hirngespinst?
Das Anwesen gehört mir, unszwar samt der ganzen Einrichtung. Ich habe es ja selbst erworben, also gehört es auch mir! Und jetzt scherr dich zum TEufel oder ich bring dich hinter Schloss und Riegel!",
drohte der der Alte gewaltbereit mit seiner Faust.
"Alter Mann,
In kein Gefängnis bringst du mich herein,
demm das ist der Platz wo man dich sperrt hinein.
Ich jedoch habe das Recht diese Villa zu betretetn.
Ich habe sie erworben und bin der Besitzer.
Räumen sie den Weg oder sie spüren meinen Zorn.
Denn das wirkliche Recht das ich nicht verneine,
ist die Weisheit "Jeder bekommt das seine." "
sprach der kleine Lehrling ohne mit der Wimper zu zucken.
"Nein, niemals." ,
bestand der Lehrer auf seiner Meinung.
Da breitete der Lehrling seine Arme aus und kreischte in einem unerträglichen Ton gen den schwarzen Nachthimmel sodass sich der alte Mann an die Ohren packen musste. Daraufhin ballte der junge Lehrling seine rechte Hand zu einer Faust und schlug sie dem Alten ins Gesicht. Aber nicht so das es wie ein Schlag aussah, sondern es schien ganz harmlos, als wenn es eine Geste gewesen wäre. Der Mann allerdings wurde von einer harten Wucht in den Flur geworfen und flog unglücklich mit dem Kopf gegen das englische Sideboard, sodass er ohnmächtig wurde. Der Lehrling schritt gemütlich auf seinen Lehrer zu und betrachtete fasziniert die blutende Platzwunde die der Aufprall nach sich zog.

Als er wieder zu sich kam, fiel es ihm schwer sich zu besinnen. Sein Kopf schmerzte stark und brummte, als wenn ein Bienenschwarm dort nistete. Er stellte fest das er auf dem Boden lag und versuchte auf zu stehen, bemerkte dann aber das Fesseln an Armen und Beinen im das nicht ermöglichten. Er stieß einen Schmerzensschrei der Verzweiflung aus und rollte sich, spürte dabei weiche Teppichfasern unter sich. In seiner neuen Liegeposition nahm er eine ein heißes Gefühl in seinem Gesicht wahr und außerdem hörte er das altbekannte Holzknistern, wenn es verbrennt. Erst jetzt erblickte er direkt vor sich den Kamin. Allmählich kehrte auch die Erinnerung wieder zurück und er wusste um den bösen Lehrling.
"Wo bist du?", gluckste er seines Lebens schwach.
Der Lehrling saß hinter seinem Rücken auf dem roten Sessel und rauchte vergnügte eine Zigarre.
"Kotz mir nicht meinen teuren Perserteppich voll, alter Mann.", amüsierte er sich der junge Lehrling.
"Das ist nicht dein Teppich, ich habe ihn gekauft, genauso wie die Villa", wollte er unter Schmerzen zur Klarheit stellen.
"An deinen Geschichten ist nichts dran,
du verdummter und seniler, alter Mann.",
vergnügte sich der Lehrling.
"Doch....", der alte Mann versuchte die Erinnerung in seinem Gedächtnis zu finden, wie er den Teppich gekauft hatte. Doch er fand nichts. Doch nicht nur das, er konnte sich ebenfalls nicht dessen erinnern wie er das ganze Anwesen erworben hat. Es fühlte sich, als wenn das ganze Leben das er bis jetzt gelebt hat vergessen und ausgelöscht wurde. Er konnte sich nichteinmal mehr an seinen Namen erinnern. Ihm kullerte ganz langsam eine einsame, kalte Träne über die Wange. Dann stand der Lehrling aus dem Sessel mit einem Ruck auf, und drehte den Mann um, schaute ihm nocheinmal mit seinen blauen Augen paralytisch an und lachte dann laut. Der Alte fühle sich plötzlich so jung und frisch, als wenn er gerader erst aufgestanden wäre und spürte eine unglaubliche Energie in seinem Körper. Verwirrt schauter er den Lehrling an und erschrak. Der Lehrling war nicht mehr so jung wie zuvor, sondern tiefe Furchen und falten waren in seinem Gesicht. Er hatte graues Haar bekommen und senile Altersflecken zeichneten sich an seinem Hals ab. Der Lehrling brachte wieder ein lautes Lachen hervor, aber diesmal klang es mehr wie ein Husten. Dann nahm er den Alten und schmiss ihn trotz seines alten Aussehens dynamisch auf seine rechte Schulter und bewegte sich mit ihm zur Haustür. Der alte Mann fühlte sich zwar sehr jung und kräftig, doch auch wie gelähmt und konnte nichts gegen den Eingriff des Lehrlings in seine Freiheit unternehmen. Dieser schleppte ihn auf seinem Rücken an seinem roten Lieblingssessel vorbei über den teuren Perserteppich, durch den mit marmorfliesen belegten Flur am englischen Sideboard vorbei und trat vor die tür. Dann schmiss er sportlichen Körper des junggewordenen Alten mit voller Wucht in hohen und weitem Bogen auf den Rasen in den Vorgarten des Anwesens, lachte noch einmal laut und senil, trat dann wieder ins Haus und schlug hinter sich die Tür zu.

Das Lachen verstummte. Er fühlte sich wie eine zermatschte Kakerlake die noch mit den gebrochenen Beinen wackelt. Er hat sich bestimmt auch etwas gebrochen, und er fühlte einen intensiven Schmerz in der Herzgegend. Der Gedanke das jetzt alles vorbei sein könnte, kam ihm in den Sinn. Doch war das nicht schlimm. Nicht nachdem was er heute erleiden musste. Es war wie eine Erlösung jetzt sterben zu dürfen. Ein Film aus seiner Kindheit spielte sich vor seinem inneren Augen ab. Wieder war er verwirrt, sogar jetzt in seinem letzen Lebensmoment und das warf ein eine Gänsehaut auf seinen Körper. Er sah nicht sein Leben vor sich abspielen, sondern ein ganz anderes. Ein jüngeres. Leute kamen in diesem Film vor die ihm fremd waren. Das letzte was er sah war wie er sich bei der Polizei als Lehrling bewarb, dann nahm sein Verrecken ein Ende und es wurde ihm schwarz vor den Augen wie die Nacht vor dieser fremden Villa. Nur noch der Mond erinnerte sich an das Leben des Alten und warf zum letzen mal seinen Silberschein in auf den Leichnahm dieses toten Lehrlings und stellte ihn zum letzen mal ins Rampenlicht.




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