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-- Rezensionen
--- Vladimir Nabokov - Das Bastardzeichen
Kenon - 04.04.2005 um 00:55 Uhr
Ein Roman und seine drei Helden: Paduk, die unmenschliche Kröte und Krug, der Philosophieprofessor, Nabokov, der Schriftsteller, welcher die beiden erstgenannten Figuren auf seinem literarischen Schachbrett mit dem Namen "Das Bastardzeichen" gegeneinander antreten lässt. Auf dem Feld herrscht eine junge absurde Diktatur, der fiktive Ekwilismus bildet ihre ideologische Basis, die Kröte ist ihr Führer, sie ordnet die Figuren auf dem Brett, nimmt die störenden fort. Krug wird vor die Wahl gestellt: Er kann sich an das neue System anpassen und seine alten Schriften entsprechend "revidieren" oder man nimmt auch ihn vom Feld. Krug bleibt standhaft, unterwirft sich nicht seinem einstigen von allen gehänselten Schulkameraden Paduk. Die Moral siegt, auch wenn ihr Träger ihretwegen auf das eigene Leben verzichten muss...
Bolschewismus, Faschismus - die totalitären Systeme des 20.Jahrhunderts haben viele Namen. Ihre Gemeinsamkeiten werden von Nabokov aufgezeigt: die geistige Gleichschaltung, die ideellen Menschenopfer. Ihnen entgegen stellt Nabokov sein Buch. Es ist das Produkt einer weisen, künstlerischen und damit positiven Diktatur, die sich selbst alle möglichen Freiheiten zugesteht: Sprachakrobatik in den verschiedensten fremden Zungen, feine Anspielungen, die sich oft erst durch das Vorwort oder die Anmerkungen erschließen, absichtliche Verwirrspiele mit dem Leser, das Einbinden von Themen, die scheinbar nichts mit dem Romanstoff an sich zu tun haben (Hamlet).
Nabokov hätte sein Buch im Jahre 1948 gern im US-amerikanischen Reedukationsprogramm für Deutschland eingesetzt gesehen, aber dafür ist es sicherlich nicht geradlinig genug gewesen. Wer die Masse erreichen will, muss ihre Sprache sprechen.
"Das Bastardzeichen" ist ein Denkmal für den unbeugbaren Widerstand, das wir auch und gerade in unserer Zeit als Mahnung nehmen sollten, denn die moderne allgewaltige Diktatur des Leistungsprinzips in sämtlichen Bereichen des Lebens fordert tagtäglich unsinnige Menschenopfer, kaum einer ist nicht zum opportunistischen, systemtragenden Gebückten geworden: Alle gegen alle und jeder gegen jeden, die Hoffnung auf einen persönlichen Vorteil gegenüber den Mitmenschen treibt uns an.
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