Kenon
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Eröffnungsbeitrag |
Abgeschickt am: 20.09.2021 um 23:49 Uhr |
Die beiden blauen Bände lagen in der zweiten Reihe in meinem Bücherregal – obenauf quer. Ich habe sie bisher nie wirklich angeschaut, geschweige denn gelesen. Es handelt sich bei diesen antiquarischen Büchern um “Ausgewählte Werke in zwei Bänden” von Hugo von Hofmannsthal, die mir X? vor über 15 Jahren einfach zugeschickt hat. Ich weiß, dass sie selbst einiges auf von Hofmannsthal hielt, in meinem Leseleben hat er jedoch bislang keinen Platz gefunden. Vielleicht hat sie sich gewünscht, dass ich wie sie Gefallen an seinen Werken fände, die unabgesprochene Zusendung habe ich damals allerdings schon als etwas invasiv empfunden, sowieso schenkt man mir besser keine Bücher, die ich mir nicht gewünscht habe, da ich noch für Jahre zu lesen habe … Nun, wie auch immer. Vor ein paar Tagen habe ich die beiden blauen Bände zufällig in meinem Regal gesehen, hervorgeholt und ein wenig darin geblättert. Gleich im ersten, auf den ersten Seiten ein Zufallsfund, der Erinnerungen hervorruft und mich denken lässt: In diesem Gedicht steckt sie selbst, da ist dieses tiefe, schwere Träumen, der von ihr häufig erwähnte Purpur, die reißende Sehnsucht nach einer zweiten, einer anderen Welt, aber leider war es nicht nur der einfache Schlaf, der sie kaum aufhaltbar anzog …
Sie löschte das Licht mit purpurner Hand.
Zitat:
Ich lösch das Licht
Mit purpurner Hand,
Streif ab die Welt
Wie ein buntes Gewand
Und tauch ins Dunkel
Nackt und allein:
Das tiefe Reich
Wird mein, ich sein.
Groß´ Wunder huschen
Durch Dickicht hin,
Quelladern springen
Im tiefsten Sinn,
O spräng noch manche,
Ich käm in´ Kern,
Ins Herz der Welt
Allem nah, allem fern.
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