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Literaturforum: BERöffnung in Blau-Weiß


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 Thema: BERöffnung in Blau-Weiß
Kenon
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Eröffnungsbeitrag Abgeschickt am: 16.11.2020 um 00:32 Uhr

Halloween 2020 - mit neun Jahren Verspätung eröffnet der neue Hauptstadtflughafen BER. Flüge gehen noch nicht ab, aber es ist auch so jede Menge los: Klimaaktivisten protestieren im Gebäude in vermutlich fair und umweltfreundlich hergestellten Pinguinkostümen und feiern sich auf Twitter für ihre stundenlange “Besetzung” des Flughafens selbst, obwohl sie damit keinen einzigen Flug verhindern. Am, im und um den Flughafen wimmelt es von Bundespolizisten, überall stehen und fahren ihre blau-weißen Volkswagen-Kleinbusse. Journalisten tragen dicke Fotoapparate durch die Gegend und halten “Eröffnungsszenen” fest, an einem der zahlreichen Parkhäuser tummelt sich ein Trupp Soldaten und ordnet sich. Warum?
Der Flughafen selbst sieht aus als hätte man einfach die Neue Nationalgalerie etwas aufgeblasen - und fertig war der Desasterbau.
Über dem unterirdischen Flughafen-Bahnhof erstreckt sich lustlos ein grau gähnender Platz, traurig und leer. Wo bin ich hier? Vielleicht in Albanien oder Kambodscha, wo man vor 30 Jahren auch einmal mit Beton protzen wollte? Wer soll auf diesem riesigen Platz denn einmal aufmarschieren? Hoffentlich niemals jemand. Irgendwann wird man ihn vollstellen mit pseudo-bayerischen Holzhütten, die den ankommenden Touristen das erste bzw. letzte Bier in Deutschland anbieten werden. Das ist die Zukunft. Willkommen im farblosen Berlin. Willkommen in Brandenburg.

Am Tag der Eröffnung konnte ich die Abflughalle nicht besichtigen. Wortlos, grimmige Bundespolizisten versperrten die Rolltreppen. Die Freundlichkeit der alten DDR wehte einen aus ihren abweisend-feindlichen Gesichtern an. Tragisch, nur tragisch. Für solche Leistungen zahlt man eben seine Steuern.

Kein Besuch des BER ist komplett, wenn man nicht auch am “neuen” S-Bahnhof Waßmannsdorf Halt macht. Ehrlich, es gibt nicht viele Gründe, sich diesen Bahnhof anzuschauen - es sei denn, man lebt gerade in dieser Pandemie und kann sich deswegen nicht am Dnipro, dem Schwarzen Meer oder irgendwo herumtreiben, wo es schöner ist als daheim. Klar, man macht sich ungemein verdächtig, wenn man sich an diesem Bahnhof aufhält. Das sahen auch die Besatzungen zweier der drei Volkswagen-Busse der Bundespolizei so, die zu ebener Erde um den erhöht liegenden Bahnhof herum parkten, zwei vorne, einer am hinteren Ausgang. Sie hatten hier sicherlich wichtige Personenbewegungen zu beobachten, oder einfach nur einen ruhigen Ort gesucht, um sich durch die Einsatzzeit zu chillen und ungestört am Handy rumzudaddeln.
Wir tranken an der Bushaltestelle ein Bier, das wir im BER erworben hatten, hinter und über uns der S-Bahnhof, und störten die Bundespolizisten durch unsere Anwesenheit. Nicht viel Zeit verging, und schon kamen eine uniformierte Frau und ein jüngerer Mann auf uns bestimmten Schrittes zu. Sie trugen schöne, saubere, weiße FFP2-Masken. Ich war gespannt, womit sie uns belästigen würden. Der junge Bundespolizist - vielleicht sogar noch in der Ausbildung - startete ein energisches Verhör: Was wir hier machen würden, wo wir wohnten, was wir als nächstes vorhätten. Mit unseren Antworten gab er sich nicht zufrieden, er bohrte weiter und weiter, ohne uns Verdachtsgründe für sein Verhör zu nennen. Er wollte uns nicht glauben, dass wir nur so in der Gegend herumführen: “Wenn ich aus dem Haus gehe, weiß ich immer genau, wohin”. Ich antworte ihm: “Ich bin ja nicht sie” - und dachte mir: “Das interessiert mich aber überhaupt nicht”. Das verdroß ihn, er zog ein Gesicht, überlegte etwas und sammelte dann unsere Ausweise ein, um sie zu überprüfen. Wir forderten auch an, seinen Ausweis sehen zu dürfen. Er müsste ihn erst aus dem Wagen holen. Er überprüfte unsere Ausweise eine ganze Weile im Wagen. Wir warteten und bekamen schließlich unsere Ausweise zurück. Seinen Ausweis hielt er nur für einen Sekundenbruchteil hin, damit man möglichst seinen Namen nicht genau sehen konnte. Er wollte weiterhin, dass wir uns davonmachten. “Erteilen Sie uns Platzverbot?” fragte ich ihn. “Nein” antwortete er. Er möchte uns nur einen Tipp geben, dass wir unser Bier auch oben auf der S-Bahn-Plattform trinken könnten. Mit der Maske wäre das kein Problem. Auf diesen nicht verlangten und dummen Tipp des Bundespolizisten konnte ich gern verzichten. Dann wünschte er einen schönen Tag; übertrieben freundlich wünschte ich ihm das gleiche zurück. Wir blieben und tranken - durch das soeben erlebte etwas grimmig gestimmt - unser Bier aus. Es ist ärgerlich, dass man sich so behandeln lassen muss. Mehr: Es ist eine Unverschämtheit. Schönes freies Land.
Aber was kann man hier denn erwarten? Wie die Bauphase, so die Eröffnung. Wenn sich die Verhältnisse irgendwann wieder normalisieren, wird man den BER als reiselustiger Berliner trotzdem benutzen müssen. Es wird sicherlich auch Tage geben, an denen man mehr Glück mit dem “Personal” hat.

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Wolkenduft
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