raimund-fellner
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Eröffnungsbeitrag |
Abgeschickt am: 30.01.2012 um 11:39 Uhr |
Der reziprok-korrelative Sinn des Lebens
Jedem männlichen Menschen korreliert reziprok genau ein weiblicher Mensch. Zur Veranschaulichung dieser Tatsache sei Platons Mythos von den kugelartigen Wesen genannt, die geteilt wurden. Nun sucht jede getrennte Hälfte die zu ihr passende andere Hälfte. Die jeweils gesuchte Hälfte (Korrelat) ist das Idol der erotischen Liebe. Da sie ursprünglich eins waren, passen sie vollkommen zueinander. Darum empfinden sie sich auch gegenseitig als die schönsten aller Menschen. Auch schwingen sie reziprok-korrelativ in den wonnigsten Gefühlen. Bei ihrer ersten Begegnung geschieht darum „die Liebe auf den ersten Blick“. Schon vor der ersten Begegnung besteht eine Vorahnung, wie das Idol beschaffen sein müsste, um geliebt zu werden.
Oft lässt sich bei scheinabgeklärten Erwachsenen die Ansicht hören, man liebe (erotisch) mehrmals im Leben. Man liebe nicht nur eine(n). Glaubt man dem Mythos von Platon, so ist dies nicht möglich, denn nur eine bestimmte Hälfte passt zur anderen bestimmten Hälfte. Erotische Liebe ist also Bestimmung. Jeder Hälfte ist die ihr zugehörige Hälfte bestimmt. Wenn darum manche Menschen mehrmals zu lieben glauben, täuschen sie sich, denn die jeweiligen falschen Hälften passen nur ungefähr zueinander, nicht vollkommen.
Das Idol, das ist die fehlende passende Hälfte, ist das Urbild aller Schönheit, denn es ist vollkommen passend. Es ist das Schönheitsideal, das der jeweilige Mensch vom anderen Geschlecht hat. Wenn der Anblick einer anderen Frau als das Idol einen Mann erregt, so nur deswegen, weil er Ähnlichkeiten zu seinem Idol erblickt. Erotisch lieben kann er nur an anderen, was ähnlich zu seinem Idol ist.
Die reziprok-korrelative erotische Liebe ist die echte, wahre, ewige, vorherbestimmte einzige erotische Liebe. Wäre sie sogleich in Vollkommenheit wirklich, ohne dass die Menschen die Verwicklungen und Irrungen des Lebens durchmachen müssten, so wäre sie langweilig und banal. Was hätten sich die beiden Liebenden schon kommunikativ zu sagen ohne die Erfahrung eines Lebens? Um dem zu entgehen, ist es so eingerichtet, dass erst die reflektierte Erfahrung eines Lebens die volle reziprok-korrelative Wahrheit der Korrelate (oder Hälften) ausmacht. Das Leben muss erst durchlebt werden, um einen reziprok-korrelativen Inhalt den Korrelaten zu schaffen. Das ist der reziprok-korrelative Sinn des Lebens.
Raimund Fellner
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