1943Karl
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Eröffnungsbeitrag |
Abgeschickt am: 26.06.2008 um 09:58 Uhr |
Rein namentlich unterscheidet die Beiden jeweils nur ein Buchstabe. Hans Magnus, geboren 1929 und laut Meyers Taschenlexikon bekannt und berühmt wegen seiner zeitkritischen Lyrik in schmuckloser klarer Sprache, schreibt seinen Familiennamen mit „b“ wie Enzensberger. Manfred Enzensperger, geboren 1952, wird mit seiner klaren, aber keineswegs schmucklosen Sprache immer bekannter und steigerte mit seinem neusten Gedichtband „Zimmerflimmern“ seine lyrischen Qualitäten ein weiteres Mal.
Mit diesem auch nicht gerade zeitunkritischen Band legt er einen lyrischen „Reiseführer“ durch Straßen, Länder und Städte vor, mit dem er nicht nur vor Haus- und Wohnungstüren kehrt. Er findet den Weg ins Private und wieder hinaus. Und bereits im ersten Gedicht seines Lyrik-Bandes lässt er „bäume“ in sein „zimmer“ kommen und fordert „schieß doch, parkhaus“.
Enzensperger, egal, ob er gerade im niederländischen Seeland oder in Venedig wortreich ausgeschmückte eindrucksvolle Bilder sammelt, hat immer auch „seine“ Stadt Köln zum Vergleich in Kopf und Bauch und hilft damit, Fremdes zu verinnerlichen und sinnlich erfahrbar bisherigen Erlebnissen hinzu zu fügen.
Zugegeben, ein Rezensent lässt sich manchmal aus Zeitmangel zum „Querlesen“ verführen.
Zimmerflimmern erlaubt diese Lesart nicht. Selbst wenn darin - zum Schein einschränkend - „eine blume verspricht eine blume zu sein“ kann doch „irgendwo zwischen herne und wanne“ „ein streunendes weiterso in der luft liegen“, das ausgiebiges Weiterdenken und sorgfältiges Einfühlen verdient.
Der Autor versteht es, Leser und Leserinnen mit seinem lyrischen „Reiseführer“ immer wieder an zunächst unscheinbare Ecken und in scheinbare Sackgassen zu führen, hinter denen oder an deren Ende es unerwartet immer noch Türen, Gänge und Tore gibt, die nicht ausschließlich, aber meistens ins Innere führen. Und dort „liegt“ unvermutet plötzlich „die wahrheit an der oberfläche“.
Ein Reise(ver)führer, der auch dazu animiert, die darin beschriebenen Orte aufzusuchen, um dort die Empfindungen des Autors aufzunehmen und weiter zu spinnen, denn „wäre rom nicht rom was wäre rom“?
Manfred Enzensperger, Zimmerflimmern, Gedicht, Horlemann-Verlag, Bad Honnef, 2007, 79 Seiten, € 12,90
Bei jedem Irrtum gewinnt die Wahrheit Zeit.
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