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Literaturforum: Die Witwe, softerotisch


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Forum > Lyrik > Die Witwe, softerotisch
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 Thema: Die Witwe, softerotisch
Joana50
Mitglied

12 Forenbeiträge
seit dem 25.01.2007

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Eröffnungsbeitrag Abgeschickt am: 31.01.2007 um 12:40 Uhr

Die Witwe

Es war einer jener heißen Sonntage, an denen sogar die Fliegen träge waren.

Der Dorfplatz lag in der prallen Mittagsonne. Das Kaffee, im Schatten einer riesigen Platane gelegen, war gut besucht; es saßen jedoch ausschließlich Männer jeder Altersklasse darin. Die Frauen waren zu Hause, wie es sich eben in südlichen Ländern so gehört.

Die Männer debattierten über das Wetter, die Politik und die Agrarpreise.
Der Pfarrer verließ die Kirche, überquerte den Platz und gesellte sich zu ihnen. Mit einer flüchtigen Handbewegung nach hinten in das Innere des Kaffees machte er seine Bestellung. Es war immer das Selbe, daher bedurfte es keiner Worte.

Plötzlich verstummte jegliche Unterhalten und alle Blicke richteten sich auf die gegenüber liegende Seite des Platzes.

Sie stand da, groß und hoch aufgerichtet, den Kopf erhoben, im Arm einen Korb. Sie war völlig in Schwarz gekleidet.
Die Wickelbluse spannte sich über ihren prallen Oberkörper und ließ die Brüste hervortreten und betonte gleichzeitig die schlanke Taille.
Der Rock war nach unten ausschwingend und bedeckte ihre Waden zur Hälfte. Die schlanken Fesseln steckten in hochhackigen Schuhen und betonten die langen Beine, die in leicht ausladenden Hüften mündeten.
Obwohl ihre Kleidung züchtig geschlossen und schwarz war, stellte sie die Sünde in Reinkultur dar.
Sie war eine Witwe, wie man bisher noch keine im Ort gehabt hatte. Sie war jung und schön und strahlte eine Erotik aus, die sie als Frau des Hühnerzüchters niemals hatte.

Das ebenso schwarze Kopftuch, nach hinten in einen Knoten gebunden, betonte ihr blasses, schönes Gesicht. Der sinnliche Mund war wie im Trotz aufgeworfen und das Kinn etwas nach vorne geschoben.

Ihre großen Augen waren voll auf die Männer vor ihr gerichtet, sie hatten einen spöttischen Glanz. Sie kannte ihre Wirkung und es bereitete ihr großes Vergnügen, daß die Männer sie so anstarrten.

Quälend langsam kam sie näher.

Einige der Männer fuhren sich nervös mit der Zungenspitze über die Lippen, wieder andere führten einen Finger zum Mund und starrten sie an. Keiner konnte sich ihrer Wirkung entziehen. Das Geräusch des surrenden Ventilators dröhnte in die Stille.

Sie blickte in die Runde und überlegte, welcher von den Männern es wohl ist.

Wer kam in manchen dunklen Nächten in ihr Haus, schlich die Treppe zu ihrem Schlafzimmer hinauf und schlüpfte unter ihre Decke? Welche Hand legte sich auf ihren Mund und welche Hand verhinderte es, daß sie Licht machte?
Sie hatte längst aufgegeben, es erfahren zu wollen.

Sie ertappte sich dabei, wie sie in manchen Nächten auf ihn wartete und ihr anfängliches Sträuben längst aufgab. Der Griff nach dem Schalter der Lampe war mehr eine Geste, als wirkliche Absicht.

Sie liebten sich, stumm, ohne Worte. Es war Erotik pur! Er erforschte ihre intimsten Wünsche, drang in Gefühlswelten vor, die sie vorher nicht gekannt hatte und entfachte eine Leidenschaft in ihr, die brennender nicht sein konnte.
Sie konnte sich nicht mehr erinnern, wie es früher war, als ihr Mann noch lebte, es war wie ausgelöscht.

Er sprach nie auch nur ein Wort. Er bedeckte ihren Körper mit Küssen und seine Hände ließen ihr den Himmel auf Erden erahnen. Wenn er in sie eindrang, geriet sie völlig außer Kontrolle und ihr Seufzen und leises Stöhnen waren die einzigen Laute, die man vernehmen konnte.
Er trug sie von einem Höhepunkt zum Nächsten und es schien ihr, als würde sie nie wieder auf die Erde zurückfinden.

Bevor der Tag graute verließ er sie ebenso stumm und unvermittelt, wie er gekommen war.


„Ich bringe die Eier!“
Ihre Stimme zerriss die Stille und der Bann war gebrochen. Wie ertappt wendeten sich die Männer wieder ihren Gesprächen und ihren Getränken zu und das Räuspern des Pfarrers war über den ganzen Platz zu hören.

Der Wirt nahm ihr den Korb ab, ohne die Eier zu überprüfen oder zu zählen und drückte ihr das Geld in die Hand. Sie steckte es ein, ohne auch nur einen Blick darauf zu werfen.

Sie machte noch einen Blick in die Runde, verweilte auf diesem und jenem muskulösem Oberkörper, überlegte noch einmal, welcher von ihnen es wohl sein konnte, drehte sich um und ging wieder quer über den Platz zurück

Und wieder folgten ihr hungrige Blicke, blieben an ihren wiegenden Hüften, oder an der Verlängerung des Rücken hängen. Das Surren des Ventilators war wieder für Sekunden das einzige Geräusch.

Sie spürte einen der Blicke in ihrem Rücken, der sich einbrannte und ihr angenehmen Schauer verursachten, doch sie drehte sich nicht um.

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mande
Mitglied

365 Forenbeiträge
seit dem 12.02.2007

     
1. Antwort   - Permalink - Abgeschickt am: 20.03.2007 um 06:28 Uhr

Eine Geschichte, die für mich weit über das Niveau von den üblichen Kurzgeschichten hinausgeht. Eine Geschichte, mit griechich-antiken Anklängen.
Trauer muss ´Electra´ tragen. Eine Frau begehrt und gefärdet. Denn zu gewissen Zeiten wartet der Scheiterhaufen auf sie.
Auch stilistisch hervoragend erzählt. Ohne unnützes Beiwerk. Wie ein Holzschnitt in schwarz-weiss.
Besser kann man das Wesen von eine Kurzgeschichte nicht erfüllen.
Mit Grüsse von Nord nach Süd,
Mande

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Arjuna
Mitglied

485 Forenbeiträge
seit dem 27.02.2007

Das ist Arjuna

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2. Antwort   - Permalink - Abgeschickt am: 20.03.2007 um 08:44 Uhr

Besser kann man einen Groschenroman
nicht schreiben.


- Ich bin nicht immer meiner Meinung - Paul Valéry
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Joana50
Mitglied

12 Forenbeiträge
seit dem 25.01.2007

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3. Antwort   - Permalink - Abgeschickt am: 20.03.2007 um 16:30 Uhr

Hallo mande
ich habe dein Kommentr zu meiner Geschichte leider übersehen. Ich danke dir für deine positive Äußerung.
Liebe Grüße Joana50

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Joana50
Mitglied

12 Forenbeiträge
seit dem 25.01.2007

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4. Antwort   - Permalink - Abgeschickt am: 20.03.2007 um 16:31 Uhr

Tja liebe Arjuna
ist ja auch was, sind gar nicht so leicht zu schreiben die Groschenromane. Aber danke für dein Kommentar
Lächle,
liebe Grüße Joana50

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Arjuna
Mitglied

485 Forenbeiträge
seit dem 27.02.2007

Das ist Arjuna

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5. Antwort   - Permalink - Abgeschickt am: 20.03.2007 um 18:36 Uhr

Nix für ungut, Joana50

Ich lächle auch


- Ich bin nicht immer meiner Meinung - Paul Valéry
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