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 Thema: Literatur und Therapie
Jasmin
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Eröffnungsbeitrag Abgeschickt am: 20.06.2005 um 11:16 Uhr

Kürzlich bin ich auf die Besprechung eines Prosabandes mit dem Titel „Komm, ich erzähl dir eine Geschichte“ gestoßen. Autor dieses Buches ist der 1949 in Buenos Aires geborene Psychiater und Gestalttherapeut Jorge Bucay. Das Buch handelt von einem jungen Mann, der von Minderwertigkeitsgefühlen und Selbstzweifeln geplagt und nach einer langen Irrfahrt von Therapeut zu Therapeut, endlich zu einem Psychiater kommt, der ihm auch helfen kann und zwar auf eine recht besondere und außergewöhnliche Weise: Durch das Erzählen von Märchen und Geschichten. Zu jedem Problem, das der Patient anspricht, schildert der Seelenheiler eine passende Erzählung.

"Komm, ich erzähl dir eine Geschichte" ist eine buntgemischte Sammlung. Was ihr den Reiz verleiht, sind die eigenartigen Kontraste. Ganz entgegen dem Programm der von ihm zitierten Vorbilder nämlich möchte der Autor Märchen für Erwachsene bieten - und zugleich eine Anleitung zum Glücklichsein. Dazu versammelt er Geschichten aus allen Kulturkreisen an einem literarischen Ort. Seine Auswahl folgt einem verschlungenen Pfad von Antoine de Saint-Exupéry über Martin Buber und Anthony de Mello bis zu Bhagwan Shree Rajneesh. Grimmsche Märchenkönige, buddhistische Mönche, ein orientalischer Dattelpalmenpflanzer und ein talmudischer Freudenhausportier treffen auf Sokrates, Diogenes und den amerikanischen Erfinder des Lügendetektors.
[…]
Jorge ist Gestalttherapeut, und sein junger Patient, der in bester Hessescher Manier Demian heißt, ist eine Art Emil Sinclair der Jahrtausendwende, desorientiert und auf dem Wege zu sich selbst. Dabei hilft ihm Jorge, und um ihm zur Einsicht zu führen, erzählt er ihm Geschichten.
[…]

Bereits in der dritten Sitzung muß Demian Jorge gestehen, daß er sich "sehr abhängig von ihm fühle".

Sicherlich ist dies ebensowenig vertrauenerweckend wie die ja explizit mit der Bhagwan-Sekte kokettierenden Lehren Jorges oder seine Thesen, daß man "das Verantwortungsgefühl fahrenlassen", ja, daß man sämtliche "positiven Werte, nach denen wir erzogen werden", einfach in den Wind schlagen soll. Das Doppelbödige an Bucays Erzählstrategie ist jedoch, daß er sogleich die Karten auf den Tisch legt und Demian ähnlich verärgert reagieren läßt wie den Leser selbst. Wohin er uns durch Provokationen und Rätsel wirklich führen will, so scheint es, weiß in diesem Moment der Meister allein. Dies zu ergründen ist genau die Aufgabe, die wir zu lösen haben.


Quellen:

http://www.faz.net

http://www.buchhandel.de

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