Diese Nachricht wurde von Hermes um 16:53:51 am 27.08.2006 editiert
Nachdem wir nun seit Wochen über Grass´ Moral, Scheinheiligkeit und den erhobenen Zeigefinger debattiert haben, ist es vielleicht an der Zeit, einmal das Buch zu besprechen, das ja eigentliches Thema dieser Diskussion ist.
Ich möchte mit einer Art Inhaltsangabe beginnen; zuvor jedoch dies:
"Beim Häuten der Zwiebel", im Steidl-Verlag erschienen, ist eine schöne Ausgabe. Das mal als Subjektivum vorweg.
Wenn man sich einmal an den Grass´schen Schreibstil gewöhnt hat (ich erinnere mich dunkel: Damals, als ich die ´Blechtrommel´ las, ist es mir ähnlich ergangen!), liest es sich ganz leicht und flüssig. Der Autor schreibt sowohl aus der Perspektive des Ich-Erzählers als auch von sich in der dritten Person. Mal etwas anderes, denkt man sich.
Grass berichtet zunächst aus der Zeit, bevor seine Heimatstadt Danzig direkt ins Kriegsgeschehen einbezogen wurde. Der Zeit, als seine Eltern einen Kolonialwarenladen betrieben und er, Grass, Zigarettenbildchen sammelte und so bereits als Zwölfjähriger Einblick in die Geschichte der Kunstmalerei erhielt. Der Zeit, als er für seine Mutter Aussenstände der Kunden eintrieb und sich so ein kleines Zubrot verdiente.
Dann seine Arbeitsdienstzeit und die Einberufung, gefolgt von der ominösen Waffen-SS Zeit, in einem zentralen Kapitel namens "wie ich das Fürchten lernte" eingebettet.
Dieses Kapitel ist in der Tat recht spannend zu lesen, wenn auch die "Hänschen Klein" Geschichte wie auch die im Folgekapitel erwähnte Bekanntschaft mit eben jenem "Joseph" aus Oberbayern dem Leser einiges an Gutgläubigkeit abverlangt... Mir erging es jedenfalls so.
Die Nachkriegszeit, nach der Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft, schildert zum einen seine Zeit als Arbeiter unter Tage, im Kali-Bergbau Raum Hannover (endlich weiss ich, worum es sich bei der riesigen Abraumhalde neben der A 2 handelt, wenn man von Dortmund nach Hannover fährt...). Was etwas irritiert: Grass permanente, nicht nur in diesen Kapiteln ständige Schilderung seines sogenannten "zweiten Hungers" und dessen Befriedigung... Der Mann scheint ja doch recht erfolgreich gewesen zu sein!
Soweit der Stand der Dinge. Das nächste Kapitel verspricht dem Leser, mehr über Grass´ "dritten Hunger" zu erfahren. Diffuses Halbwissen.
bodhi
Mitglied 741 Forenbeiträge seit dem 08.12.2004
...und der fromme Joseph, mit dem Grass in amerikanischer Kriegsgefangenschaft nachts im Zelte wachliegend über theoligische Fragen diskutiert haben will, wird am Montag 80 Jahre alt. Hach, welche Zufälle! Diffuses Halbwissen.
Matze
Mitglied 719 Forenbeiträge seit dem 09.04.2006
nu macht sich gunter the conquerer uebern teich mit seinem business zu erschließen neue maerkte. ein hoch dem capitalism. und his bank account singt jubilee.
Hermes
Mitglied 447 Forenbeiträge seit dem 23.01.2006