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Das Eva-Prinzip?
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Autor
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Thema: Das Eva-Prinzip?
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LeilahLilienruh
Mitglied
44 Forenbeiträge seit dem 16.01.2006
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10. Antwort - Permalink - |
Abgeschickt am: 18.09.2006 um 19:33 Uhr |
Hallo Doris,
ich muss Dir leider sagen, dass mich Dein Beitrag nicht weniger erschreckt als dieses realitätsfremde, nostalgieumwehte Buch von Frau Herman. Als moderner, gebildeter Mensch sollte man doch in der Lage sein, anzuerkennen, dass Schwarz-Weiß-Malerei kein Argumentationsansatz ist.
Vorweg: Tut zwar vom Prinzip her nichts zur Sache, aber ich bin selbst auch Mutter dreier Kinder und Ehefrau, überdies jedoch beruflich sehr aktiv. Meinen Werdegang kannst Du ja bei Interesse im Profil nachschauen. Und um eventuellen Zweifeln vorzubeugen: Bei uns läuft’ s in jeder Hinsicht prima.
Du machst in Deinen Ausführungen ernsthaft die Berufstätigkeit der Frauen für ihre „Vermännlichung“ und das Scheitern von Beziehungen verantwortlich. Dass das Rollenverständnis sich nach und nach verändert, ist wohl unbestritten, übrigens genauso auch das des Mannes. Oder wirft sich Dein Gemahl etwa noch mit gezücktem Schwert auf den Widersacher, wenn Du irgendwo angemacht wirst? Hat er Euch im Schweiße seines Angesichtes mit eigenen Händen allein ein Haus erbaut, und kommt er abends nach der Arbeit muskelbepackt, schmutzig und verschwitzt nach Hause? Ruft er empört: „Müll wegbringen? Wie weibisch!“?
Ich meine, junge Eltern kriegen die neue Rollenverteilung größtenteils prima gewuppt. Und dass es so wenige Kinder und so viele Scheidungen gibt, hat ja wohl ganz andere Gründe, die nicht allein bei den Frauen zu suchen sind.
Meines Erachtens haben tausend gesellschaftspolitische Faktoren hierzu geführt, und ich finde manche Entwicklungen – auch für Männer – sogar sehr positiv. Wie kann man denn auf Missstände unserer Zeit mit blinder Verherrlichung früherer Sitten reagieren. Wie ging es uns Frauen denn noch vor hundert Jahren?! Das kannst Du Dir doch nicht ernstlich zurück wünschen.
Ich kenne nicht einen einzigen Mann in meinem gesamtem Umfeld, der seine Frau zum Arbeitengehen nötigt und umgekehrt auch keinen, der es ihr verbieten möchte. Allerdings wünscht sich jeder, der selbst halbwegs gut ausgebildet ist, eine Frau, die mehr auf die Reihe bringt als die anfallenden Reproduktionstätigkeiten eines Haushaltes und das Gebären von Kindern.
Außerdem: Glaubst Du, wenn es wirklich der mehrheitliche, große Herzenswunsch der Frauen wäre, endlich wieder „Nur-Hausfrau“ zu sein, würden sie dies nicht auch durchsetzen? Man kann doch den Menschen nicht künstlich irgendwelche verborgenen Wünsche andichten, die gar nicht (oder nur sporadisch) vorhanden sind und dabei auch noch versuchen, Schuldgefühle zu wecken! Mich zum Beispiel würde es, mit Verlaub gesagt, ankotzen, nur für solche Arbeiten auf der Welt zu sein. Ich erledige natürlich Hausarbeiten, aber Mann und Kinder genauso. Ich bin doch nicht das Aschenputtel meiner Familie. Und glaube mir, ich bin feminin bis in die Fingerspitzen.
Ich halte es für vermessen, Deine persönliche Lebensplanung als Glückselexier auf den Rest der Frauen übertragen zu wollen. Allein der missionarische Ansatz stört mich bei solchen Argumentationen schon ungemein. Ganz abgesehen davon, dass dabei ökonomische Gegebenheiten völlig ignoriert werden: Ohne qualifizierte Arbeitnehmerinnen würde unsere Wirtschaft eingehen und die meisten privaten Haushalte sowieso, da ein einziges Gehalt in Ballungsgebieten kaum noch ausreicht, um Miete und Lebensunterhalt zu finanzieren. An Kinder wäre da ohnehin bei vielen Leuten nicht mehr zu denken. (Simples Beispiel: Ein normaler Schulranzen kostet mittlerweile zwischen 90 und 130 €, ein dicker Buntstift, den die Schule verlangt, 0,95 €, ein großes Schulheft ca. 1 €, der Wasserfarbkasten 12, 95 €, eine Plastiktrinkflasche ca. 5 bis 8 €. Man kann bei Einschulung eines Kindes locker 300 € nur für Schulbedarf einplanen).
Berufstätige Frauen, ganz gleich in welchem Beruf, verlieren doch nicht durch ihre Tätigkeit die Weiblichkeit. Ich wette, die richtige Frau im Blaumann mit Schraubenschlüssel verschlägt jedem Kerl den Atem. Unweiblich sind in meinen Augen jene Frauen, denen Anmut, Esprit und Sexappeal verloren gegangen sind, die mit strähnigen, angegrauten Haaren, im langweiligen Einheitslook und mit Übergewicht durch die Gegend laufen und abends bis zum Abwinken in die Glotze starren, statt ihr Liebesleben zu zelebrieren.
Übrigens: Mein Mann und meine Söhne finden Babys auch zum Knuddeln! Und von wegen 13 Jahre studieren: auch so ein Klischee.
Viele Grüße
Leilah
Gezeitenlos
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Shiningmind
Mitglied
78 Forenbeiträge seit dem 07.10.2005
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11. Antwort - Permalink - |
Abgeschickt am: 18.09.2006 um 21:14 Uhr |
Diese Nachricht wurde von Shiningmind um 21:21:34 am 18.09.2006 editiert
Ich bin bei diesem Thema grundsätzlich der Meinung, dass jeder sein Leben leben sollte, wie er es will. Das gilt nicht nur für die Frau, sondern für alle Menschen. Ich betrachte den Roman von Eva Herman schon deshalb kritisch, ohne ihn selbst gelesen zu haben, weil hier mit alten konservativen Ansichten versucht wird, die Frau in eine Rolle zu drängen, die ihr in keiner Weise würdig ist. Da ist eine Argumentation wie "Das war schon in der Steinzeit so, dass die Frau an der Feuerstelle steht und kocht, während der Mann auf Jagd geht und somit sollte die Frau auch dort bleiben, weil die Natur es so will." völlig fehl am Platz, denn ebenso liegt es in der Wunschnautur des Menschen sich selbst zu verwirklichen...und überhaupt findet jeder Mensch selbst seine Rolle, die am besten zu ihm passt und die er sich verschrieben hat, egal ob er den Haushalt schmeißt, seine Kinder aufzieht, berufstätig ist oder alles zusammen gleichzeitig. Jedes davon sollte meiner Meinung nach gesellschaftlich anerkannt werden. Und wenn die Frau halt nur den Haushalt macht, dann ist das genauso ok, wie wenn sie einen Beruf ausübt. Letztendlich ist das doch alles egal. Die Hauptsache ist doch, dass sich die Person (egal ob Männlein oder Weiblein) in ihrer Rolle wohlfühlt. Darauf sollte es ankommen!
Das Denken an sich kann ein wundervolles Abenteuer sein. Wer aber ZU viel denkt, der sperrt sich selbst in Käfige.
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Shiningmind
Mitglied
78 Forenbeiträge seit dem 07.10.2005
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12. Antwort - Permalink - |
Abgeschickt am: 18.09.2006 um 23:39 Uhr |
Mir ist ein dummer Fehler im obigen Beitrag unterlaufen, den ich auch gleich korrigieren will. Eva Hermans Buch kann man natürlich nicht als Roman bezeichnen. Entschulidigt den Fauxpas.
Das Denken an sich kann ein wundervolles Abenteuer sein. Wer aber ZU viel denkt, der sperrt sich selbst in Käfige.
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AlmaSchneider
Mitglied
62 Forenbeiträge seit dem 27.04.2004
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13. Antwort - Permalink - |
Abgeschickt am: 09.10.2006 um 13:29 Uhr |
Keine Frau vermännlicht wenn sie es nicht selbst will.
Gleichberechtigung oder Gleichstellung bedeutet nicht Gleichmacherei.
Im Gegenteil, eine Frau sollte stolz darauf sein eine Frau zu sein und auch für ihre Rechte eintreten.
Was soll sie in einem Panzer? Die Kinder tot schießen, die sie vorher auf die Welt bringt?
So weit unten sollten Frauen wirklich nicht landen.
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Wolff
Mitglied
64 Forenbeiträge seit dem 19.01.2006
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14. Antwort - Permalink - |
Abgeschickt am: 09.10.2006 um 14:03 Uhr |
Diese Nachricht wurde von Wolff um 14:42:21 am 09.10.2006 editiert
Zitat:
Was soll sie in einem Panzer? Die Kinder tot schießen, die sie vorher auf die Welt bringt? So weit unten sollten Frauen wirklich nicht landen.
Richtig. Es reicht schließlich schon, dass Männer soweit unten landen und sich für sowas mißbrauchen lassen.
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guest
Mitglied
1 Forenbeitrag seit dem 09.10.2006
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15. Antwort - Permalink - |
Abgeschickt am: 09.10.2006 um 14:35 Uhr |
Ich bitte mal die Kritiker zu bedenken, was durch die Emanzipation entstanden ist:
Eine Gesellschaft, in der es einer Frau aus v.a. ökonomischen Gesichtspunkten ihrem unbestrittenen natürlichen Auftrag der Natur, Kinder zu gebären, nachzugehen, nicht möglich ist.
Frau Herman wendet sich viel weniger gegen die moderne, emanzipierte Frau selbst, sondern viel mehr gegen das System und schreibt den Frauen nur indirekte Schuld zu, dadurch dass sie sagt, dass sich Frauen nicht gegen diesen Missstand wehren.
Ich glaube hier wird ein gewaltiges gesellschaftliches Problem außer Acht gelassen: die demographische Entwicklung. Ich bin im Moment 18 Jahre alt und Freue mich nicht wirklich auf meine Zukunft in diesem Land. Dieses Problem wird wohl nicht ernst genug genommen und dieses resultiert - hier kann keiner widersprechen - nun mal darauf, dass zu wenig Kinder geboren werden.
Ich finde es auch sehr merkwürdig, wie sich die Gesellschaft so krass den natürlichen Gesetzen widersetzt.
Vielleicht findet sich jemand, der mit mir diese Diskussion weiterführen möchte, wenn man vielleicht mal außer Acht lässt, von wem diese Thesen stammen, weil der Vorwurf, dass Frau Herman im Prinzip Wasser predigt und Wein säuft neben dem Vorwurf, dass es hier sehr nach Geldgier riecht, Bestand hat.
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Wolff
Mitglied
64 Forenbeiträge seit dem 19.01.2006
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16. Antwort - Permalink - |
Abgeschickt am: 09.10.2006 um 16:41 Uhr |
Diese Nachricht wurde von Wolff um 16:45:38 am 09.10.2006 editiert
Zitat:
Ich bitte mal die Kritiker zu bedenken, was durch die Emanzipation entstanden ist: Eine Gesellschaft, in der es einer Frau aus v.a. ökonomischen Gesichtspunkten ihrem unbestrittenen natürlichen Auftrag der Natur, Kinder zu gebären, nachzugehen, nicht möglich ist.
Hallo guest,
was ist durch die Emanzipation entstanden? Dass sich Frauen keine Kinder mehr leisten können? So jedenfalls verstehe ich Deinen Einwurf. Aber, um ehrlich zu sein, verstehe Deine Argumentation gar nicht. Denn gerade beruflich engagierte Frauen bzw. zwei verdienende Ehepartner haben doch bessere finanzielle Möglichkeiten, Kinder aufzuziehen.
Bei mehr als sechs Milliarden Menschen weltweit und 80 Millionen im Land sehe ich die Erhaltung unserer Art nicht gefährdet. Es sei Frauen also durchaus zugestanden, wenn sie ihren natürlichen Auftrag, Kinder zu gebären, nicht so eng sehen. Im Gegenteil. Ich finde es sehr verantwortunsgvoll, wenn heute nicht mehr in Massen Nachwuchs produziert wird:
Zitat:Nach Berechnungen des DPWV leben über 1,5 Millionen Kinder auf dem Niveau der Sozialhilfe. Die Dunkelziffer wird auf weitere 200.000 geschätzt. Das sind solche Kinder, die zwar ein Anrecht auf eine Leistung der Sozialhilfe bzw. Hartz IV hätten, diese jedoch nicht in Anspruch nehmen. Insgesamt leben 14,2 Prozent der Kinder in Deutschland in Armut - das ist jedes 7. Kind.
http://www.kinder-armut.de/hartz-iv.html
Ich finde, das reicht!
Zitat:
Ich glaube hier wird ein gewaltiges gesellschaftliches Problem außer Acht gelassen: die demographische Entwicklung. Ich bin im Moment 18 Jahre alt und Freue mich nicht wirklich auf meine Zukunft in diesem Land. Dieses Problem wird wohl nicht ernst genug genommen und dieses resultiert - hier kann keiner widersprechen - nun mal darauf, dass zu wenig Kinder geboren werden.
Doch, ich widerspreche: Das Problem ist, dass die Gesellschaft mit den veränderten Bedingungen nicht umzugehen weiß oder will. Das demographische Ungleichgewicht resultiert nämlich auch daraus, dass die Menschen immer älter werden. Nun kann man natürlich auch das beklagen, aber das ändert ebenso nichts. Und wenn jetzt für jeden Rentner fünf Kinder mehr geboren werden müssten (um den Generationsvertrag zu erfüllen) platzt dieses Land aus allen Nähten, wo wir jetzt schon nicht klar kommen. Das kanns also nicht sein.
Zitat:
Ich finde es auch sehr merkwürdig, wie sich die Gesellschaft so krass den natürlichen Gesetzen widersetzt.
Ich finde Deine Argumentation so altbacken, obwohl Du noch so jung bist. Die Natur hat den Menschen nicht nur den Unterleib, sondern auch ein Hirn mitgegeben. Und wenn sich nun jemand entscheidet, kinderlos zu bleiben, dann ist das in Ordnung. Und wenn eine Frau emanzipiert leben will, ist das einzig und allein ihre Sache.
Vielleicht ist es auch ein natürliches Gesetz, dass immer mehr Menschen unfruchtbar sind?
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LX.C
Mitglied
1770 Forenbeiträge seit dem 07.01.2005
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17. Antwort - Permalink - |
Abgeschickt am: 09.10.2006 um 17:23 Uhr |
Die Erde ist längst überbevölkert. Und der Bevölkerungswachstum steigt immer dramatischer. 1900 lebten auf der Erde 1,6 Milliarden Menschen, heute sind es 6 Milliarden. Bei gleichbleibendem Wachstumsniveau wird sich die Bevölkerung auf der Erde in 60-100 Jahren wieder verdoppelt haben. Global gesehen, warum sollte da der Demographische Faktor eines kleinen Erdfleckes interessieren. Nicht die Anzahl der Menschen sollte weltweit weiter steigen, das löst keine Probleme, sondern der Bildungsdurchschnitt.
Ich verstehe den Schrei nach mehr Bevölkerungszuwachs in diesem Land sowieso nicht richtig, vielleicht mag es mir jemand erklären. Aber bitte nicht mit den Argument der steigenden Sozialversicherungskosten. Ist das nicht naiv einseitig betrachtet? Machen wir uns doch nichts vor, die Zahl der Arbeitsplätze wird auch in Zukunft immer weiter sinken. Haben wir nicht schon genug arbeitslose? Mit noch mehr Arbeitslosen sinken die von allen Seiten beklagten Kosten jedenfalls auch nicht. Und überhaupt, wenn ich mich so umschaue, sehe ich überall Muttis mit Kinderwagen.
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LeilahLilienruh
Mitglied
44 Forenbeiträge seit dem 16.01.2006
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18. Antwort - Permalink - |
Abgeschickt am: 09.10.2006 um 18:35 Uhr |
Ihr lieben beiden Vorredner,
obwohl selbst dreifache Mutter hätte ich´s nicht treffender ausdrücken können. Für mich sind ebenfalls weder das angebliche "Aussterben" der Deutschen noch die Sozialversicherungen ein Argument fürs Kinderkriegen.
Ich bin ganz ehrlich: Unsere Kleinen haben wir damals aus Lust und Liebe und reinem Egoismus gezeugt - hormongesteuert, ohne Hintergedanken, in schönster Nestbaueuphorie. Das hat Spaß gemacht, und Familie macht auch immer noch Spaß (jedenfalls meistens). Mit "natürlichen Gesetzen" und gesellschaftlicher Verantwortung hatten wir dabei allerdings nichts am Hut. Sorry, aber ich stelle mir das gerade mal bildlich vor: "Komm ins Bett, Baby, wir müssen die Renten sichern!"
Glaub´ mir, lieber guest, mit Verhausfrauung, von oben verordneter Gebärfreudigkeit und reaktionärem Rollenverständnis werden wir an unseren und den weltweiten gesellschaftlichen Problemen nichts ändern. Deine Generation wird mit oder ohne weitere Bevölkerungsexplosion gewaltigen (ökologischen!, ökonomischen und sozialpolitischen) Problemen gegenüberstehen, für die Generationen von Menschen die Fundamente gelegt haben.
Unbegreiflich, dass Emanzipation im Jahr 2006 überhaupt noch ein Diskussionsthema sein muss. Dafür haben sich schon unsere APO-Omas damals ins Zeug gelegt. So langsam sollte doch in alle Gehirne eingedrungen sein, dass Männer und Frauen unterschiedlichste Wesen mit gleichem Anrecht auf selbstbestimmtes Leben sind. Ich denke mal, die neue Heimchen-Debatte lenkt nett davon ab, dass wir alle kinntief im Schlamassel stecken - in einem Schlamassel, das mit Babys, Apfelkuchen und Tischdekoration nicht das Geringste zu tun hat.
Liebe Grüße an alle emanzipierten Männer
Leilah
Gezeitenlos
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Herman_Smith
Mitglied
11 Forenbeiträge seit dem 26.03.2007
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19. Antwort - Permalink - |
Abgeschickt am: 09.09.2007 um 21:41 Uhr |
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