Biographien Rezensionen Diskutieren im versalia-Forum Das versalia.de-Rundschreiben abonnieren Service für Netzmeister Lesen im Archiv klassischer Werke Ihre kostenlose Netzbibliothek

 



Save Ukraine!
Save Ukraine!


Love all Animals

Literaturforum: Die Leiche


Aktuelle Zeit: 22.11.2024 - 23:14:06
Hallo Gast, Sie sind nicht eingeloggt!
Suche | Mitglieder | Neu | Statistik

Heute ist der 155. Geburtstag von André Gide.

Forum > Prosa > Die Leiche
Seite: 1
[ - Beantworten - ] [ - Drucken - ]
 Autor
 Thema: Die Leiche
klaasen
Mitglied

33 Forenbeiträge
seit dem 22.08.2004

Das ist klaasen

Profil Homepage von klaasen besuchen      
Eröffnungsbeitrag Abgeschickt am: 23.12.2008 um 05:43 Uhr

© by klaas klaasen

Die Leiche

Ihren Humor hatte sie nun endgültig verloren, jetzt, da sie eine Leiche war. Da lag sie nun und schmollte vor sich hin und verstand die Welt nicht mehr. Sie war eine schöne Leiche, soweit sich das von ihrem Betrachtungswinkel aus sagen ließ.
Kein zerschlagenes Gesicht, keine offenen Wunden, keine verdrehten Arme oder Beine. Nichts, was auf einen Überfall oder Unfall hätte hindeuten können.
Den Schaulustigen, den Gaffern, die an ihr vorbeiliefen, konnte sie ihre Gefühle nicht mitteilen.
Aber etwas war sonderbar! Sie konnte Selbstgespräche führen.
Wie war das möglich? Warum ließ ihr Geist sie nicht gehen?

Es war Hochsommer und das Barometer zeigte 35 Grad im Schatten. Männlein und Weiblein versprühten ihre Düfte.
Es roch nach Liebe. Sie konnte es riechen. Der Duft war ihr nicht fremd. Es mochte noch nicht lange her sein, dass dieser Duft der Liebe sie berührt hatte. Vielleicht eine Stunde.
Oder einen Tag. Ihr Geruchssystem war noch nicht erloschen. Nach
Verwesung roch es nicht. Mit detektivischem Spürsinn suchte sie nach Antworten und schaute in die Gesichter, die sich rund um sie versammelt hatten.
Ihre Fragen wurden nicht beantwortet. Keiner konnte ihre Hilferufe hören. Etwas in ihr zwang sie, loszulassen. Es war ihr aber nicht möglich, dieser Stimme zu folgen.Zu sehr hing sie noch an dem Geruch des Lebens. Auf der Straße zeichnete sich ein vertrautes Bild der vorgetäuschten Betroffenheit ab. Es war aber nur ein Fetzen aus Heuchelei und Lustbarkeit, kein Bild wirklicher Trauer, echten Mitgefühls. Psychologen meinen, dass das Gaffen der Stabilisierung des eigenen Ichs helfe. Der Gaffer werde sich bewusst, dass es anderen schlechter geht als ihm.

Mit dieser Erkenntnis und dem Umstand der Hilflosigkeit ließ sie sich fallen. Der Duft des Lebens, den sie so sehr liebte, war ein bitterer Geruch geworden. Jetzt konnte sie sehen, ihren Tod begreifen und sich schlafen legen.


ich bin ein hut weil ich meinen kopf nicht finde
Nachricht senden Zitat
Seite: 1
[ - Beantworten - ] [ - Drucken - ]
Forum > Prosa > Die Leiche



Sie möchten hier mitdiskutieren? Dann registrieren Sie sich bitte.




Buch-Rezensionen:
Anmelden
Benutzername

Passwort

Eingeloggt bleiben

Neu registrieren?
Passwort vergessen?

Neues aus dem Forum


Gedichte von Georg Trakl

Verweise
> Gedichtband Dunkelstunden
> Neue Gedichte: fahnenrost
> Kunstportal xarto.com
> New Eastern Europe
> Free Tibet
> Naturschutzbund





Das Fliegende Spaghettimonster

Ukraine | Anti-Literatur | Datenschutz | FAQ | Impressum | Rechtliches | Partnerseiten | Seite empfehlen | RSS

Systementwurf und -programmierung von zerovision.de

© 2001-2024 by Arne-Wigand Baganz

v_v3.53 erstellte diese Seite in 0.017911 sek.