Im Leben fühl ich stets, ich weiß ... August von Platen Im Leben fühl ich stets, ich weiß nicht, welche Qual?
Gefahren ohne Maß! Gedanken ohne Zahl!
An Harmonie gebricht's den Formen um mich her,
Mir schauert's im Gemach, mir wird's zu eng im Saal!
Und tret ich auch hinaus, erholt sich kaum der Blick:
Was türmt sich im Gebürg? was schlingt sich im Getal?
Die Sterne sind so fern! die Blumen sind so tot!
Die Wolken sind so grau! die Berge sind so kahl!
Wie sollte die Natur befried'gen ein Gemüt,
Die heute frisch und grün, die morgen welk und fahl?
Wohl ist, sobald das Ich sich schrankenlos ergeht,
Die Erde viel zu klein, der Himmel viel zu schmal!
Und auch gesell'ges Glück erfüllt noch nicht das Herz,
Es wechsle das Gespräch! Es kreise der Pokal!
Und ach! Die Liebe selbst? Erwart ich noch vielleicht
Befriedigung von ihr, die mir den Frieden stahl?
Du aber, wer du seist, o send in meine Brust,
Wie einen glühnden Pfeil, den schöpferischen Strahl!
Dann ist die Seele voll und eingelullt der Schmerz,
Das Ich, es fühlt sich frei, wiewohl ihm fehlt die Wahl!
Und wenn der Lipp' entstürzt in Strömen der Gesang,
Verbindet Welt und Ich sein silberner Kanal.
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