Biographien Rezensionen Diskutieren im versalia-Forum Das versalia.de-Rundschreiben abonnieren Service für Netzmeister Lesen im Archiv klassischer Werke Ihre kostenlose Netzbibliothek

 


Archiv klassischer Werke


 
Des toten Bräutigams Lied
Clemens von Brentano
Ich ging auf grünen Wegen
Und trug den Hochzeitskranz,
Treu Lieb ging mir entgegen
Geschmückt mit gleichem Glanz.
O wie blinkte ihr Krönlein schön,
Eh die Sonne wollt untergehn!

Und als die lichte Wonne
Sich unter Wolken barg,
Da spielt die letzte Sonne
Im Kranz auf meinen Sarg.
O wie blinkte etc.

Es ging im Witwenschleier
Treu Lieb mit mir zu Grab,
Und schwur, mein einzger Freier
Sinkt mir mit dir hinab.
O wie blinkte etc.

Sie steckt die Myrtenkrone
Auf meinen Totenkranz,
Die Weiber sprachen: Schone
Ihn für den neuen Hans.
O wie blinkte etc.

Sie wollt ihn mir nur geben,
Wollt keines andern sein,
Da lacht das volle Leben
Mir in das Grab hinein.
O wie blinkte etc.

Wer meine Kron erblickte
Und ihre Myrte drauf,
Zu seinem Nachbar nickte:
Der wacht einst selig auf.
O wie blinkte etc.

Doch als neun Monde gingen
Stets müder durch den Sand,
Den Strohkranz sie ihr hingen
Ans Haus ob ihrer Schand.
O wie blinkte etc.

Und die ihr Häcksel streuen
Zur Nacht vor ihre Tür,
Die hören's Kindlein schreien,
Ich kann ja nichts dafür.
O wie blinkte etc.

Auf meiner Krone wehen
Noch ihre Myrten stets,
Doch die sie schimmern sehen,
Die sprechen: ja so geht's!
O wie blinkte etc.

Dem Tode hingegeben
Hat sie ihr Kränzlein leicht,
Da hat das schlechte Leben
Den Strohkranz ihr gereicht,
O wie blinkte etc.

Ihr Kind am Kirchhof spielet,
Und mit dem Abendlicht
Hin nach dem Kränzlein schielet,
Und recht unschuldig spricht,
O wie blinkte etc.

Da hatt ich keine Ruhe
Und mußte auferstehn,
Und ging aus meiner Truhe
Das Kränzlein einzusehn,
O wie blinkte etc.

Ich wollt den Kranz mir holen,
Ins Grab mir auf das Herz,
Das Kind hat ihn gestohlen,
Da fühlt ich wieder Schmerz,
O wie blinkte etc.

Konnt nicht die Stimm erheben,
Nicht schreien: Den Kranz gib her,
Das Totsein wie das Leben
War mir unendlich schwer.
O wie blinkte etc.

Da half mir das Gewissen,
Es nahm dem Kind den Kranz,
Ich hab ihn unzerrissen,
Ich hab ihn rein und ganz.
O wie blinkte etc.

Um einen guten Namen
Freit sie den ärmsten Mann,
Da sie zur Kirche kamen,
Sah sie die Kron nicht an,
O wie blinkte etc.

Da sprach ich aus der Truhe:
Hab Dank für Lust und Schmerz,
Dein Kranz mit ewger Ruhe
Kühlt mir das treue Herz,
O wie blinkte etc.

Wohl mir, daß ich gestorben,
Als er im vollen Glanz,
Mir bist du nicht verdorben,
Ich habe deinen Kranz.
O wie blinkte etc.

Treu will ich ihn aufheben,
Wenn wir uns wiedersehn,
Sollst du im bessern Leben
Mit ihm gezieret gehn.
O wie blinkte etc.

Denn eine einzge Treue
Ist aller Liebe wert,
Und eine einzge Reue
Zerbricht das Richterschwert,
O wie blinkte etc.

Dies hört sie, ist gegangen
Still mit dem armen Mann,
Und sah nun ohne Bangen
Mein einsam Krönlein an!
O wie blinkte etc.

Und wenn die Abendwinde
Leis durch die Kronen ziehn,
Spricht sie zu ihrem Kinde,
Gottlob, die Zeit geht hin.
O wie blinkte mein Krönlein schön,
Eh die Sonne wollt untergehn!




Hinweis: Sollte der obenstehende Text wider unseres Wissens nicht frei von Urheberrechten sein, bitten wir Sie, uns umgehend darüber zu informieren. Wir werden ihn dann unverzüglich entfernen.

 

Anmelden
Benutzername

Passwort

Eingeloggt bleiben

Neu registrieren?
Passwort vergessen?

Neues aus dem Forum


Gedichte von Georg Trakl

Verweise
> Gedichtband Dunkelstunden
> Neue Gedichte: fahnenrost
> Kunstportal xarto.com
> New Eastern Europe
> Free Tibet
> Naturschutzbund





Das Fliegende Spaghettimonster

Ukraine | Anti-Literatur | Datenschutz | FAQ | Impressum | Rechtliches | Partnerseiten | Seite empfehlen | RSS

Systementwurf und -programmierung von zerovision.de

© 2001-2024 by Arne-Wigand Baganz

v_v3.53 erstellte diese Seite in 0.009826 sek.