Ein Wolf, der nichts als Knochen war und Haut,
Dank guter Wacht der Schäferhunde,
Traf eine Dogge einst, die stark und wohl gebaut,
Glänzenden Fells und feist, just jagte in der Runde.
„Ha!“, dachte Meister Isegrim,
„Die so zum Frühstück, wär nicht schlimm!“
Doch stand bevor ein Kampf, ein heißer,
Und unser Hofhund hatte Beißer,
Gemacht zu harter Gegenwehr.
Drum kommt der Wolf ganz freundlich her
Und spricht ihn an, so ganz von ungefähr,
Bewundernd seines Leibes Fülle.
„Die, lieber Herr, ist’s Euer Wille“,
Erwiderte der Hund, „blüht Euch so gut wie mir!
Verlasst dies wilde Waldrevier;
Seht Eure Vettern, ohne Zweifel
Nur dürft’ge Schlucker, arme Teufel,
Sie lungern hier umher, verhungern, nackt und bloß!
Hier füttert keiner Euch, Ihr lebt nur, mit Verlaub,
Vom schlechtesten Geschäft, dem Raub.
Drum folgt mir, und Euch winkt, glaubt mir, ein besser Los.“
„Was“, sprach der Wolf, „hab ich dafür zu leisten?“
„Fast nichts!“, so sagt der Hund. „Man überlässt die Jagd
Dem Menschen, denen sie behagt,
Schmeichelt der Dienerschaft, doch seinem Herrn am meisten.
Dafür erhält die nicht verspeisten
Tischreste man zum Lohn, oft Bissen leckrer Art,
Hühner- und Taubenknöchlein zart,
Manch anderer Wohltat zu geschweigen!“
Schon träumt der Wolf gerührt vom Glück der Zukunft, und
Ein Tränlein will dem Aug entsteigen;
Da plötzlich sieht er, dass am Halse kahl der Hund.
„Was ist das?“, fragt er. – „Nichts!“ – „Wie? Nichts?“ – „Hat nichts
zu sagen!“
„Und doch?“ – „Es drückt wohl das Halsband hier mich wund,
Woran die Kette hängt, die wir mitunter tragen.“
„Die Kette?“, fragt der Wolf. „ Also bist du nicht frei?“
„Nicht immer; doch was ist daran gelegen?“
„So viel, dass ich dein Glück, all deine Schwelgerei
Verachte! Bötest du meinetwegen
Um den Preis mir ’nen Schatz, sieh, ich verschmäht ihn doch!“
Sprach’s, lief zum Wald zurück flugs und – läuft heute noch.
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