Die künftige Geliebte Friedrich Gottlieb Klopstock Dir nur, liebendes Herz, euch, meine vertraulichsten Thränen,
Sing' ich traurig allein dieß wehmüthige Lied.
Nur mein Auge soll's mit schmachtendem Feuer durchirren,
Und, an Klagen verwöhnt, hör' es mein leiseres Ohr!
Ach warum, o Natur, warum, unzärtliche Mutter,
Gabest du zum Gefühl mir ein zu biegsames Herz?
Und in das biegsame Herz die unbezwingliche Liebe,
Daurend Verlangen, und ach keine Geliebte dazu?
Die du künftig mich liebst, (wenn anders zu meinen Thränen
Einst das Schicksal erweicht eine Geliebte mir giebt!)
Die du künftig mich liebst, o du aus allen erkohren,
Sag, wo dein fliehender Fuß ohne mich einsam jetzt irrt?
Nur mit Einem verrathenden Laut, mit Einem der Töne,
Die der Frohen entfliehn, sag' es, einst Glückliche, mir!
Fühlst du, wie ich, der Liebe Gewalt, verlangst du nach mir hin,
Ohne daß du mich kennst; o so verheel' es mir nicht!
Sag' es mit einem durchdringenden Ach, das meinem Ach gleicht,
Das aus innerster Brust Klage seufzet, und stirbt.
Oft um Mitternacht wehklagt die bebende Lippe,
Daß, die ich liebe, du mir immer unsichtbar noch bist!
Oft um Mitternacht streckt sich mein zitternder Arm aus,
Und umfasset ein Bild, ach das deine vielleicht!
Wo, wo such' ich dich auf? wo werd' ich endlich dich finden?
Du, die meine Begier stark und unsterblich verlangt!
Jener Ort, der dich hält, wo ist er? wo fließet der Himmel,
Welcher dein Aug' umwölbt, heiter und lächelnd vorbey?
Werd' ich mein Auge zu dir einst, segnender Himmel, erheben,
Und umarmet sie sehn, die aufblühen du sahst?
Aber ich kenne dich nicht! es ging die fernere Sonne
Meinen Thränen daselbst niemals unter und auf.
Soll ich jene Gefilde nicht sehn? Führt nie dort im Frühling
Meine zitternde Hand sie in ein blühendes Thal?
Sinkt sie, von süßer Gewalt der mächtigen Liebe bezwungen,
Nie mit der Dämmerung Stern mir an die bebende Brust?
Ach wie schlägt mir mein Herz! wie zittern mir durch die Gebeine
Freud' und Hofnung, dein Schmerz unüberwindlich dahin!
Unbesingbare Lust, ein süßer begeisternder Schauer,
Eine Thräne, die mir still den Wangen entfiel;
Und, o ich sehe sie! mitweinende, weibliche Zähren,
Ein mir lispelnder Hauch, und ein erschütterndes Ach;
Ein zusegnender Laut, der mir rief, wie ein Schatten dem Schatten
Liebend ruft, weissagt, dich, die mich hörete, mir.
O du, die du sie mir und meiner Liebe gebahrest,
Hältst du sie, Mutter, umarmt; dreymal gesegnet sey mir!
Dreymal gesegnet sey dein gleich empfindendes Herz mir,
Das der Tochter zuerst weibliche Zärtlichkeit gab!
Aber laß sie itzt frey! Sie eilt zu den Blumen, und will da
Nicht von Zeugen behorcht, will gesehen nicht seyn.
Eile nicht so! doch mit welchem Namen soll ich dich nennen,
Du, die unaussprechlich meinem Verlangen gefällt?
Heißest du Laura? Laura besang Petrarka in Liedern,
Zwar dem Bewunderer schön, aber dem Liebenden nicht!
Wirst du Fanny genannt? Ist Cidli dein feyrlicher Name?
Singer, die Joseph und den, welchen sie liebte, besang?
Singer! Fanny! ach Cidli! ja Cidli nennet mein Lied dich,
Wenn im Liede mein Herz halb gesagt dir gefällt!
Eile nicht so, damit nicht vom Dorn der verpflanzeten Rose
Blute, wenn du so eilst, dein zu flüchtiger Fuß;
Du mit zu starken Zügen den Duft des Lenzes nicht trinkest,
Und um den blühenden Mund sanfter die Lüfte nur wehn.
Aber du gehest denkend und langsam, das Auge voll Zähren,
Und jungfräulicher Ernst deckt das verschönte Gesicht.
Täuschte dich jemand? und weinest du, weil der Gespielinnen eine
Nicht, wie von ihr du geglaubt, redlich und tugendhaft war?
Oder liebst du, wie ich? erwacht mit unsterblicher Sehnsucht,
Wie sie das Herz mir empört, dir die starke Natur?
Was sagt dieser seufzende Mund? Was sagt mir dieß Auge,
Das mit verlangendem Blick sich zu dem Himmel erhebt?
Was entdeckt mir dieß tiefere Denken, als sähst du ihn vor dir?
Ach, als sänkst du ans Herz dieses Glücklichen hin!
Ach du liebest! So wahr die Natur kein edleres Herz nicht
Ohne den heiligsten Trieb derer, die ewig sind, schuf!
Ja, du liebest, du liebest! Ach wenn du den doch auch kenntest,
Dessen liebendes Herz unbemerket dir schlägt;
Dessen Wehmuth dich ewig verlangt, dich bang vom Geschicke
Fodert, von dem Geschick, das unbeweglich sie hört.
Weheten doch sanftrauschende Winde sein innig Verlangen,
Seiner Seufzer Laut, seine Gesänge dir zu!
Winde, wie die in der goldenen Zeit, die vom Ohre des Schäfers,
Hoch zu der Götter Ohr, flohn mit der Schäferin Ach.
Eilet, Winde, mit meinem Verlangen zu ihr in die Laube,
Schauert hin durch den Wald, rauscht, und verkündet mich ihr:
Ich bin redlich! Mir gab die Natur Empfindung zur Tugend;
Aber mächtiger war, die sie zur Liebe mir gab,
Zu der Liebe, der schönsten der Tugenden, wie sie den Menschen
In der Jugend der Welt stärker und edler sie gab.
Alles empfind' ich von dir; kein halb begegnendes Lächeln;
Kein unvollendetes Wort, welches in Seufzer verflog;
Keine stille mich fliehende Thräne, kein leises Verlangen,
Kein Gedanke, der sich mir in der Ferne nur zeigt;
Kein halb stammelnder Blick voll unaussprechlicher Reden,
Wenn er den ewigen Bund süßer Umarmungen schwört;
Auch der Tugenden keine, die du mir sittsam verbirgest,
Eilet mir unerforscht und unempfunden vorbey!
Ach, wie will ich, Cidli, dich lieben! Das sagt uns kein Dichter,
Und selbst wir im Geschwätz trunkner Beredtsamkeit nicht.
Kaum, daß noch die unsterbliche selbst, die fühlende Seele
Ganz die volle Gewalt dieser Empfindungen faßt! (1747)
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