Die Söhne des Glückes beneid ich nicht... Heinrich Heine
Die Söhne des Glückes beneid ich nicht
Ob ihrem Leben, beneiden
Will ich sie nur ob ihrem Tod,
Dem schmerzlos raschen Verscheiden.
Im Prachtgewand, das Haupt bekränzt,
Und Lachen auf der Lippe,
Sitzen sie froh beim Lebensbankett -
Da trifft sie jählings die Hippe.
Im Festkleid und mit Rosen geschmückt,
Die noch wie lebend blühten,
Gelangen in das Schattenreich
Fortunas Favoriten.
Nie hatte Siechtum sie entstellt,
Sind Tote von guter Miene,
Und huldreich empfängt sie an ihrem Hof
Zarewna Proserpine.
Wie sehr muß ich beneiden ihr Los!
Schon sieben Jahre mit herben,
Qualvollen Gebresten wälz ich mich
Am Boden, und kann nicht sterben!
O Gott, verkürze meine Qual,
Damit man mich bald begrabe;
Du weißt ja, daß ich kein Talent
Zum Martyrtume habe.
Ob deiner Inkonsequenz, o Herr,
Erlaube, daß ich staune:
Du schufest den fröhlichsten Dichter, und raubst
Ihm jetzt seine gute Laune.
Der Schmerz verdampft den heitern Sinn
Und macht mich melancholisch;
Nimmt nicht der traurige Spaß ein End',
So werd ich am Ende katholisch.
Ich heule dir dann die Ohren voll,
Wie andre gute Christen -
O Miserere! Verloren geht
Der beste der Humoristen!
Hinweis: Sollte der
obenstehende Text wider unseres Wissens nicht frei von
Urheberrechten sein, bitten wir Sie, uns umgehend darüber zu
informieren. Wir werden ihn dann unverzüglich entfernen.