Ruf an die Kühnsten Richard Dehmel Du junger Bergsteiger,
der in den Sturm deine Arme streckst,
dir Fichtenwipfel als Flügel nehmen,
Wolken und Sterne herabfegen möchtest
und sie mit Schweiß und Blut,
Deinem Schweiß und Blut,
in eine neue Welt umkneten,
wie auch ich einst, auch ich:
lern Kraft sammeln!
Ruhig am Meerufer sitz ich jetzt,
seh dich auf halber Höhe keuchen,
höre den Seegang aus drangvoller Weite
unablässig heranrollen
und rufe dir zu:
Keine menschliche Maßlosigkeit
faßt den unermeßlichen Weltplan.
Oft stand ich auf schwindelnder Gletscherkante,
nur geklammert an meinen Eispickstock,
ohne Führerseil,
über Wolkenmeeren,
über den Berghäuptern allen rings,
selbst den Morgenstern mir zu Füßen,
selbst die Sonne,
und –
mußte dennoch mein Haupt senken,
mußte hinab wieder steigen
unter die Sonne,
unter die Wolken,
zwischen die Schatten der kleinsten Klippen.
Denn kein Weltschöpfer ist der Mensch,
nur der Erdgeschöpfe gewaltsamstes.
Nicht ein Sternchen vermagst du
aus seiner Achse zu reißen,
nur in deinem Fernrohr kannst du es drehen.
Einen Turm kannst du bauen auf jeder Höhe,
wo du Werkleute hinzuführen vermagst;
kannst ein Schiff steuern in jede Weite,
ein Flugschiff sogar, das Helden mitträgt,
soweit du dich samt deinem Werkzeug
in den windigen Bann der Erdschwere fügst.
Das kann Menschengewalt, du junger Steiger,
du Flieger, ihr jungen Vorstürmer alle:
Tatkräfte sammeln!
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